Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kiesabbau: Trinkwasser im Schussental in Gefahr?
Wasserzweckverband Baienfurt-Baindt beauftragt Rechtsanwalt – Vogt ist wohl nicht betroffen
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KREIS RAVENSBURG - Der geplante Kiesabbau im Vogter Ortsteil Grund könnte Auswirkungen auf das Trinkwasser von mindestens 12 200 Menschen im Schussental haben – und zwar konkret das der Einwohner der Gemeinden Baienfurt und Baindt. Der Wasserzweckverband Baienfurt-Baindt hat bereits die Anwaltskanzlei „Eisenmann Wahle Birk“in Stuttgart beauftragt, die Sache rechtlich zu begleiten und die Rechte des Zweckverbandes zu wahren.
Zur Vorgeschichte: Wie bereits mehrfach berichtet, beabsichtigt der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben, ein Kiesabbaugebiet bei Grund zu ermöglichen. Dort will das Unternehmen „Meichle und Mohr“aus Immenstaad auf rund elf Hektar Kies abbauen und diesen in seinem Werk in Grenis bei Hannober aufbereiten. Da sich in der Nähe von Grund, im Altdorfer Wald, Trinkwasserquellen befinden, hat die Gemeinde Vogt bereits den Geologen Horst Tauchmann vom Geo-Umwelt-Team in Marktoberdorf mit einem Gutachten beauftragt, das aufzeigen soll, welche Auswirkungen der Kiesabbau auf das Vogter Trinkwasser haben wird.
Das Gutachten ist wohl erst Ende des Jahres abgeschlossen. „Aber es schaut so aus, dass es im Prinzip keine Auswirkungen auf das Vogter Trinkwasser haben wird“, sagt Tauchmann auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Vogts Bürgermeister Peter Smigoc hatte bei einer Informationsveranstaltung den Satz fallen lassen, dass es wohl eher
ANZEIGEN das Wasser der Schussentalgemeinden Baienfurt und Baindt treffen könnte. Auf diese Frage wollte Geologe Tauchmann nicht antworten, weil er dazu nicht beauftragt sei.
Tatsächlich ist es so, dass der Wasserzweckverband BaienfurtBaindt sein Trinkwasser zu 100 Prozent aus dem 3,3 Hektar großen Wasserschutzgebiet Weißenbronnen im Altdorfer Wald an der Straße zwischen Oberankenreute und Wassers (Gemarkung Wolfegg) bezieht – auf der anderen Straßenseite des Wasserschutzgebietes soll das Kiesabbaugebiet entstehen. Bei einer Veranstaltung Mitte Juli sagte der „Meichle und Mohr“-Geschäftsführer Rolf Mohr, dass man es in Grund mit Kies in einer Mächtigkeit von 45 Metern zu tun habe. Man werde bis zwei Meter an das Grundwasser herangehen, aber nicht weiter.
„Wir werden alles dafür tun, unsere Quelle zu schützen. Die Versorgung mit Trinkwasser hat absoluten Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen“, sagt Günter A. Binder, Bürgermeister von Baienfurt und Vorsitzender des Wasserzweckverbandes Baienfurt-Baindt. Deswegen habe man einerseits einen Rechtsanwalt beauftragt, der auch mit dem der Gemeinde Vogt kooperieren soll, zudem will der Verband das Marktoberdorfer Geo-Umwelt-Team damit beauftragen, die Auswirkungen des Kiesabbaus auf die Quelle Weißenbronnen zu untersuchen.
Laut Angaben des Wasserzweckverbandes sei diese Quelle besonders ergiebig. Ersten Schätzungen nach habe sie eine Schüttmenge von 50 Litern pro Sekunde. Neuen Erkenntnissen zufolge habe die Quelle eine noch viel größere Schüttmenge: nämlich 77,4 Liter pro Sekunde – und das in Mineralwasserqualität. „Das heißt, das Wasserschutzgebiet müsste viel größer als heute sein“, sagt Binder. Wahrscheinlich müsste das Schutzgebiet dann eine Größe von etwa fünf Hektar haben.
Auswirkungen noch unklar
Wie sich der Kiesabbau konkret auf die Quelle auswirken könnte, ist noch nicht klar. Diese Frage müssen Geologen klären. Es könnte sein, dass sich der Einzugsbereich der Quelle und/oder die Fließrichtung ändern, auch die Filterwirkung könnte sich verringern. Die Qualität könnte sich verschlechtern. Vielleicht wirken sich manche Veränderungen erst über die Jahrzehnte aus.
Der Betroffenenkreis weitet sich aus. Mittlerweile sind durch das Thema Kies die Gemeinden Amtzell, Baienfurt, Baindt, Vogt, Waldburg, Wangen und Wolfegg betroffen. Überall regt sich Widerstand gegen das Vorhaben, auch wenn die Betroffenheit überall unterschiedlich aussieht. Die Interessengemeinschaft Grenis/Grund mit deren Sprecher Bruno Werner von Kreit zählt mittlerweile rund 1500 Unterschriften gegen das Projekt.
Mit Spannung wird erwartet, wann das Unternehmen „Meichle und Mohr“den avisierten Antrag auf ein angekündigtes sogenanntes Zielabweichungsverfahren (ohne öffentliche Beteiligung) stellt. Das heißt: Das Unternehmen möchte noch vor der Verabschiedung des Regionalplans – also so schnell wie möglich – mit dem Kiesabbau in Grund beginnen. Geschäftsführer Rolf Mohr kündigte bei einer Veranstaltung im Sommer an, dass er hofft, bereits Mitte 2018 mit dem Abbau beginnen zu können. Die Sorge der Bürger: Wird einmal angefangen zu graben, bleibt die Grube für immer.
Laut dem zuständigen Regierungspräsidium Tübingen liegt der Antrag auf Zielabweichung vor. „Das Verfahren ist allerdings noch nicht eröffnet“, sagte ein Sprecher des Regierungspräsidiums der SZ am Freitag. Das könnte schon in der kommenden Woche der Fall sein.
Alle Artikel und Videos zum Thema Kiesabbau hat die SZ in einem Online-Dossier zusammengestellt: