Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kontroverse um Kopftuch-Barbie
Puppe ist amerikanischer Sportlerin nachempfunden
EL SEGUNDO/BONN (KNA) - Der Spielzeughersteller Mattel bringt 2018 erstmals eine Barbie mit Kopftuch auf den Markt. Die Plastikpuppe wurde in Anlehnung an die amerikanische Säbelfechterin Ibtihaj Muhammad gefertigt, wie das US-amerikanische Unternehmen auf seiner Website erklärte. Muhammad war im vergangenen Jahr in Rio die erste muslimische US-Athletin, die bei den Olympischen Spielen mit einem Hidschab antrat. Der Hidschab bezeichnet das traditionelle islamische Kopftuch. Es bedeckt Haar, Ohren, Hals und Schultern und lässt das Gesicht frei. „Wir hoffen, diese Puppe zeigt Mädchen, dass sie alles sein können“, erklärt der Spielehersteller.
Die Reaktionen auf die Neuheit aus der „Sheroe“-Reihe (ein Mischwort aus „She“und „Hero“) fallen unterschiedlich aus. Der Psychologe und Islamismus-Experte Ahmad Mansour warnte am Dienstag davor, es als reine Geldmacherei von Kapitalisten anzusehen. Das Kopftuch sei nicht nur ein Kleidungsstück, „sondern es soll sexuell erregende Reize verdecken. Wenn Kinder es tragen oder Ihnen durch eine solche Barbie mit Hidschab demonstriert wird, dass dies normal sei, macht man sie erst recht zu einem Sexobjekt“.
Konservative Eltern erhielten mit dem neuen Produkt die Möglichkeit, ihrer Tochter ihre Sichtweise auch im Spiel zu vermitteln. „Die Produktvielfalt von Mattel führt so dann zu einer Einfalt“, sagte Mansour im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Mansour sprach sich in der Vergangenheit immer wieder für ein Kopftuchverbot bei Minderjährigen aus.
Die Islamlehrerin Lamya Kaddor plädiert für Gelassenheit in der Diskussion. „Jeder hat die Möglichkeit, einfach eine andere Barbie zu kaufen“, sagte sie auf Anfrage der KNA. „Fatal wäre es, wenn es plötzlich nur noch Barbies mit Kopftuch geben würde.“Kaddor lenkte den Blick auf die aktuelle Debatte über Sexismus. „Mattel wurde früher dafür kritisiert, lediglich blonde, halbnackte, große, dünne Barbies anzubieten, jetzt werden sie vielfältiger und es ist immer noch nicht gut“, sagte Kaddor.
Sie plädiere für eine differenziertere Betrachtung solcher Themen. „Wir leben in bunten Gesellschaften, eine Barbie mit Kopftuch ist wie die dunkelhäutigeren Varianten nur ein weiterer Ausdruck davon, und das ist gut so“, sagte Kaddor.
Nutzer im Netz gespalten
Ihre Ablehnung der neuen BarbieVersion teilte die muslimische Frauenrechtlerin und Juristin Seyran Ates auf Twitter mit: „Man wird das Kopftuch in Zukunft als etwas ‚Normales‘ auffassen, das einfach zum Islam gehört. Es ist aber nicht normal, sondern antifeministisch: Es teilt Mädchen in ‚gute‘ und ‚schlechte‘“.
Im Internet wurde die neue Barbie kontrovers diskutiert. Manche Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter schrieben, sie erwarteten klare Worte von Feministinnen, die in der Vergangenheit das unrealistische Körperbild von Barbie kritisiert hatten. Mattel sah sich auch mit Vorwürfen konfrontiert, die Unterdrückung der Frau ins Kinderzimmer zu bringen. Andere sehen in der neuen Puppe einen Schritt für mehr Offenheit und Vielfalt.