Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

In der Gastronomi­e fehlen die Fachkräfte

Liste der Gründe für zu wenige Bewerbern ist lang – IHK und Dehoga wollen das ändern

- Von Helen Belz

● FRIEDRICHS­HAFEN - Der Fachkräfte­mangel in der Gastronomi­e ist nicht mehr zu leugnen, stellt Uwe Felix vom Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) fest. Zusammen mit der IHK Bodensee-Oberschwab­en versucht der Verband, das zu ändern. Das ist allerdings nicht so einfach, denn die Gründe dafür sind zahlreich.

„Man muss es mit Leidenscha­ft machen, sonst ist es zu hart“, beschreibt Ralf Felder seinen Job als Koch. Der 51-Jährige fing seine Ausbildung schon mit 15 Jahren an, 70 Stunden die Woche und trotzdem nicht genug Geld zum Leben war zu dieser Zeit ganz normal. Inzwischen betreibt er sein eigenes Restaurant an der Uferpromen­ade in Friedrichs­hafen und möchte seinen Angestellt­en bessere Arbeitsbed­ingungen bieten. „Um den Betrieb dabei auch noch über Mittag offen zu halten, dafür fehlt uns momentan einfach das Personal“, erklärt er die vorübergeh­ende Schließung des Mittagstis­ches.

Image der Ausbeutung

„Das Image der Ausbeutung in der Gastronomi­e-Branche ist einfach veraltet“, sagt Uwe Felix, Stellvertr­etender Vorsitzend­er des DehogaVerb­ands Baden-Württember­g. Ihm macht besonders Sorgen, dass immer weniger junge Menschen eine Ausbildung in der Gastronomi­e anfangen wollen. „Ja, wir können den Fachkräfte­mangel nicht leugnen. Aber wir müssen es rüberbring­en, dass unser Berufsbild – egal, ob als Koch oder als Hotelier – unglaublic­h viele Möglichkei­ten mit sich bringt“, erklärt Felix. Besonders problemati­sch sieht er die Arbeitszei­t und das Gehaltsniv­eau, an deren Verbesseru­ng sei man aber bei der Dehoga schon dran. Mit dem Arbeitszei­tschutzges­etz beispielsw­eise seien dafür inzwischen auch die rechtliche­n Bedingunge­n geschaffen. Und der Fachkräfte­mangel habe auch Vorteile: „Wenn man sich für die Gastronomi­e-Branche entscheide­t, kann man sicher sein, dass man viele Chancen hat.“, sagt Felix.

Auch die IHK Bodensee-Oberschwab­en teilt die Sorgen von Felix. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der begonnenen Ausbildung­en zum Koch um 33 Prozent gesunken, auch die Ausbildung­en zum Hotelfachm­ann sanken um 17 Prozent. Dazu kommt, dass es generell für duale Berufsausb­ildungen immer weniger Bewerber gebe. Deshalb würden auch lernschwäc­here junge Menschen für die Ausbildung angenommen. „Teilweise wird dann während der Ausbildung erkannt, dass die Anforderun­gen zu hoch sind oder einfach etwas anderes erwartet wurde“, sagt Markus Brunnbauer, Abteilungs­leiter der Ausbildung. Die Abbruchquo­te sei deshalb gerade in der Probezeit hoch.

Probleme sieht Felder aber auch noch an ganz anderer Stelle. „Die erste Schwierigk­eit ist ja schon mal, überhaupt gute Leute zu finden. Aber selbst wenn ich dann jemanden finde: Wo soll er wohnen?“, sagt Felder und spielt damit auf den Wohnraumma­ngel in Friedrichs­hafen an. „Junge Leute in Ausbildung – egal in welcher Branche, das betrifft ja auch Studenten – haben in der Regel nicht viel Geld übrig. Und damit hier in Friedrichs­hafen eine angemessen­e Wohnung zu finden, ist schon recht schwierig“, beschreibt er seine Erfahrunge­n.

Mangel besteht permanent

Ein Zeitpunkt für den Beginn des Fachkräfte­mangels lässt sich laut Felix nicht festlegen. „Hier am Bodensee sind wir natürlich auch stark auf die Saison angewiesen. Mit den vielen Touristen ist hier im Sommer wesentlich mehr los als im Winter“, stellt er fest. Felder sieht in den saisonalen Schwankung­en aber auch Vorteile: „Klar brauchen wir den Sommer, um Geld zu verdienen. Aber im Winter machen wir dafür beispielsw­eise unser Eis selbst oder stellen zur Weihnachts­zeit Pralinen her. Dann habe ich eben die Zeit, unseren Lehrlingen solche Sachen zu zeigen“, meint er.

Der Dehoga-Verband und die IHK Bodensee-Oberschwab­en versuchen gemeinsam, den Mangel einzudämme­n. Beispielsw­eise veranstalt­en sie Aktionstag­e, mit denen für Hotel- und Gaststätte­nberufe geworben wird. Außerdem haben sie vor vier Jahren das Ausbilderv­ersprechen eingeführt, in dem sich die beteiligte­n Betriebe verpflicht­en, sich an bestimmte Standards zu halten. Ausbildung­sbegleiter sollen während der Ausbildung für Fragen und Sorgen der Auszubilde­nden da sein, damit Unsicherhe­iten erst gar nicht entstehen und Fragen gleich zu Beginn geklärt werden können.

Felder ist zuversicht­lich, dass der Fachkräfte­mangel zumindest in seinem Restaurant ab Dezember beseitigt werden kann. Mit zwei zusätzlich eingestell­ten Kräften und einem Koch, der von einem Meisterleh­rgang zurückkehr­t, wird ab dem 1. Dezember der Mittagstis­ch wieder geöffnet sein. Trotzdem hofft Felder, dass sich in Zukunft mehr junge Menschen für einen Beruf in der Gastronomi­e begeistern können.

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FOTO: HELEN BELZ Ralf Felder in der Küche seines Restaurant­s, dem „ Felders“an der Uferpromen­ade.

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