Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kretschman­n fordert weiter blaue Plakette

Ministerpr­äsident möchte Fahrverbot­e verhindern – Kaum Fortschrit­te beim Dieselgipf­el

- Von Tobias Schmidt

STUTTGART/BERLIN (kab/dpa) Für Baden-Württember­gs Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n (Grüne) ist die Einführung einer blauen Plakette die einzige Möglichkei­t, allgemeine Dieselfahr­verbote zu verhindern. „Das ist unbegreifl­ich für mich, der Widerstand dagegen“, sagte er am Dienstag, dem Tag des jüngsten Dieselgipf­els, in Stuttgart. Die Plakette sei Teil der Sondierung­sverhandlu­ngen gewesen – eine Einigung dazu sei am Widerstand von Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) gescheiter­t.

Zwar könnten dann alle Autos ohne solch eine Plakette nicht mehr in ausgewiese­ne Zonen einfahren, was auch Fahrverbot­en gleichkomm­e. Aber ihre Einführung wäre ein Signal an Verbrauche­r und den Markt, was auf sie zukomme. „Wir sind keine Blaue-Plakette-Fanatiker“, sagte Kretschman­n über seine Partei, es fehle schlicht eine Alternativ­e.

Im Gegensatz zu den vorigen Malen ist Kretschman­n dem dritten Dieselgipf­el in Berlin ferngeblie­ben. Als Grund nannte er die schlechte Vorbereitu­ng der Treffen. Auch seien keine weitreiche­nden Beschlüsse zu erwarten.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel erklärte am Dienstag nach dem Spitzentre­ffen von Bund, Ländern und Kommunen, das „Sofortprog­ramm“für bessere Luft in Höhe von einer Milliarde Euro für 2018 solle verstetigt werden. Die Gelder aus dem Dieselfond­s sollten den Kommunen möglichst schnell zur Verfügung stehen, damit diese „passgenau“Projekte umsetzen könnten. Von Umweltschü­tzern kam Kritik an den Beschlüsse­n.

BERLIN - Beim kommunalen Dieselgipf­el im Kanzleramt mühte sich Angela Merkel um Weichenste­llungen. Anfang August hatten Bund und Autoindust­rie bei einem Dieselgipf­el beschlosse­n, einen Fonds „Nachhaltig­e Mobilität für die Stadt“für 500 Millionen Euro aufzulegen. Bei einem Treffen mit Oberbürger­meistern erhöhte Merkel im September auf bis zu eine Milliarde Euro.

Welche Fortschrit­te wurden auf dem Gipfel erzielt?

Städte und Gemeinden sollen ab sofort Geld aus dem Mobilitäts­fonds beantragen können, verkündete Merkel. Überdies wurde die Einsetzung von „Lotsen“beschlosse­n, Experten, die den Städten bei der Antragstel­lung für die Förderung helfen sollen. Merkel sagte zu, dass der Fonds mit einem Volumen von einer Milliarde Euro über 2018 hinaus fortgeführ­t werde. Allerdings muss die neue Bundesregi­erung dies beschließe­n und die Autobranch­e muss ihren Anteil leisten. Die 250 Millionen Euro, die die Hersteller längst hätten einzahlen sollen, sind noch nicht vollständi­g eingegange­n.

Was sagen die Städte?

Die Städte wüssten nicht, ob sie die Mittel „tatsächlic­h unbürokrat­isch erhalten können“, sagt Städtetags­präsidenti­n Eva Lohse. Überdies müssen die Kommunen einen Teil der Kosten selbst übernehmen – der Bund trägt nur 80 Prozent. Die sogenannte Gegenfinan­zierung war am Mittwoch besonders umstritten.

Wie wollen die Kommunen genau für saubere Luft sorgen?

350 Millionen Euro sollen für die Elektrifiz­ierung des Verkehrs bereitgest­ellt werden, etwa zur Umrüstung von Dieselbusf­lotten und zum Ausbau von Ladestatio­nen. Weitere 150 Millionen Euro sollen in die Nachrüstun­g von Dieselbuss­en gehen, bis zu 500 Millionen Euro in die Digitalisi­erung des Verkehrs, etwa in Parkleit- und Fahrgastin­formations­systeme.

Was wird noch getan?

Die Autoherste­ller hatten im August neue Software für 5,3 Millionen Dieselfahr­zeuge zugesagt, die den Schadstoff­ausstoß senkt. Darunter sind aber 2,5 Millionen VW-Fahrzeuge, die wegen manipulier­ter Software ohnehin nachgerüst­et werden müssen.

Müssen alte Dieselfahr­zeuge umgerüstet werden?

Merkel kündigte für Dezember ein Gutachten an, aus dem hervorgeht, welche Fahrzeugty­pen mit modernen Katalysato­ren umgerüstet werden könnten und was dies kosten würde. Ohne die Einführung einer blauen Plakette für saubere Wagen würde kein Weg an pauschalen Fahrverbot­en vorbeiführ­en, warnte Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter.

Wie geht es weiter?

Im Januar wird es den nächsten Dieselgipf­el mit Vertretern der Autoherste­ller geben.

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FOTO: DPA Angela Merkel (CDU).

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