Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Klimaschutz liegt in unseren Händen“
Bad Wurzacherin Patricia Mohr war auf Fidschi und bei Weltklimakonferenz
BAD WURZACH - Die Bad Wurzacherin Patricia Mohr hat an der kürzlich zu Ende gegangenen UN-Weltklimakonferenz COP23 in Bonn teilgenommen. Nur ein paar Wochen zuvor hat sich die 24-jährige Lehramtsstudentin mit 14 anderen deutschen Jugendlichen auf den FidschiInseln selbst ein Bild von den Folgen des Klimawandels gemacht. In einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“berichtet sie über ihre Erfahrungen, die Notwendigkeit von mehr Jugendbeteiligung und die Dringlichkeit nachhaltigen Handelns.
Frau Mohr, wie kam es zu der Reise auf die Fidschi-Inseln und zur Teilnahme an der COP23?
Ich setze mich schon seit langer Zeit an meiner Hochschule in Ludwigsburg und im Jugendbeirat BadenWürttemberg für Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein. Durch unsere Lebens- und Wirtschaftsweise beuten wir unseren Planeten aus und sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen. Im Rahmen meines Engagements bekam ich die Chance, an einem deutsch-fidschianischen Jugendaustausch teilzunehmen. Im Gegenzug waren dann 15 junge fidschianische Klimaaktivisten in Bonn.
Warum gerade die Fidschi-Inseln?
Die Fidschi-Inseln haben die diesjährige Präsidentschaft der UN-Klimakonferenz inne. Allerdings ist der Inselstaat zu klein, um die 25000 Teilnehmern der Klimakonferenz aufzunehmen. Daher sprang Bonn als Austragungsort ein. Ich habe zunächst mit mir gehadert, den langen Flug ans „andere Ende der Welt“, der ja eine verheerende CO2-Bilanz hat, zu machen. Aber die Organisatoren konnten mich letztendlich vom Mehrwert überzeugen. Das Ziel war, den jungen Menschen auf Fidschi eine Stimme zu geben, langfristige Netzwerke zu schaffen und gemeinsam aktiv zu werden. Durch persönliche Gespräche und das eigene Erleben sollte uns die Dringlichkeit der Thematik noch bewusster werden. Zurück in Deutschland nehmen wir unsere Rolle als Multiplikatoren wahr und berichten beispielsweise in Bildungseinrichtungen über unsere Erfahrungen. Ein kleiner Trost war auch die Kompensation des Flugs. Seine CO2-Bilanz wird in einen Spendenbetrag umgerechnet, der in Aufforstungs- und Klimaprojekte fließt. Zudem haben wir uns während des gesamten Austauschs nur klimafreundlich, also vegetarisch ernährt.
Wie sah euer Programm auf den Fidschi-Inseln aus?
Trotz der „Fiji-Time“, einem Ausdruck für die spürbare Gelassenheit vieler Fidschianer, hatten wir einen sehr straffen Zeitplan. Wir haben mit Vertretern der Regierung gesprochen, Universitäten und Schulen besucht, Mangroven gepflanzt und mit den Dorfbewohnern über die Auswirkungen der Klimaveränderungen gesprochen. Uns war es wichtig, möglichst viele Eindrücke und Blickwinkel zu gewinnen.
Welche Auswirkungen hat der Klimawandel dort?
Die Menschen auf den Pazifik-Inseln sind täglich mit den Folgen der Erderwärmung konfrontiert. Denn Polarkappen und Gletscher schmelzen und dadurch steigt der Meeresspiegel. Auf den Fidschi-Inseln werden Dörfer überflutet, Menschen deswegen umgesiedelt, der Boden wird durch das Salzwasser unfruchtbar. Auch die Stürme werden immer stärker. Im Februar 2016 hinterließ der Wirbelsturm Winston, der mächtigste Sturm, der dort je registriert wurde, ein Bild der Zerstörung. Der Wiederaufbau ist immer noch im Gange. Das klingt jetzt alles sehr weit entfernt, aber auch wir sind von der Erderwärmung betroffen. Extreme Wettereignisse, wie Starkregen und Stürme, häufen sich auch in Deutschland. Besonders sensibel reagiert außerdem die Tierwelt: Die Wurzacher Störche bleiben plötzlich den Winter über da, und leider fühlt sich die asiatische Tigermücke, die zahlreiche Krankheiten übertragen kann, inzwischen auch bei uns heimisch.
Was ist also aus Ihrer Sicht zu tun?
Der Jubel war groß, als vorletztes Jahr das „Pariser Klimaabkommen“verabschiedet wurde. Jetzt muss das auch umgesetzt werden. Die Vertragsstaaten, also alle Staaten weltweit, leider mit Ausnahme der USA, wollen bis Mitte des Jahrhunderts komplett klimaneutral wirtschaften und die globalen Emissionen um 40 Prozent senken. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel, das zum Beispiel in Deutschland ohne einen unverzüglichen Kohleausstieg nicht zu erreichen ist.
Was bedeutet das für uns?
Die Politik kann und muss Anreize schaffen. Letztendlich liegt es aber in unseren Händen. Es wird nicht ausreichen nun genauso „in grün“weiterzumachen und zum Beispiel von einem Porsche Cayenne auf einen EPorsche umzusteigen. Denn auch dieser verbraucht Ressourcen. Es ist unsere Verantwortung für diese Welt und unsere Kinder, unsere Konsummuster zu überdenken. Wir müssen uns vom Überfluss befreien und mit dem ewigen Wachstumsgedanken, der auf Kosten der ärmeren Länder geht, abschließen. Meine Tipps: Fahrrad fahren, auf dem Wochenmarkt einkaufen, öffentliche Verkehrsmittel nutzen – die in Bad Wurzach zugegebenermaßen noch ausbaufähig sind –, den Fleischkonsum reduzieren, tauschen und teilen statt zu konsumieren.
Was ist ihr Fazit der vergangenen Wochen?
Es ist nicht unbedingt notwendig, dass alle Welt sich jedes Jahr zu einer Klimakonferenz versammelt. Wir müssen aktiv werden. Jeder an seinem Ort die Welt ein klein bisschen besser und grüner machen. Denn wie der fidschianische Präsident sagt: „Wir sitzen alle im gleichen Kanu.“Gefragt sind dabei vor allem die jungen Menschen. Sie sind die Macher von Morgen. Bildung für eine nachhaltige Entwicklung muss verstärkt Einzug in unsere Schulen finden. Zudem könnte man in einem ersten Schritt in Bad Wurzach über die Einführung eines Jugendgemeinderates, wie es ihn schon in anderen baden-württembergischen Kommunen gibt, nachdenken.