Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Aushilfsle­hrer soll Schüler bedroht haben

Schule am Martinsber­g in Weingarten suspendier­te 62-Jährigen – Prozess beginnt Dienstag

- Von Oliver Linsenmaie­r (Name von der Redaktion geändert). ebenfalls geändert), (Name

WEINGARTEN - Ein 62-jähriger Aushilfsle­hrer soll an der Schule am Martinsber­g in Weingarten die Schüler massiv bedroht und teilweise auch körperlich angegangen haben. Von „An den Haaren ziehen“, „Tritten in den Hintern“und Androhunge­n, die Kinder aus dem Fenster zu schmeißen, ist die Rede. Das bestätigt auch der Ravensburg­er Oberstaats­anwalt Karl-Josef Diehl auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. So hat die Kriminalpo­lizei Ravensburg gegen den 62-Jährigen wegen Bedrohung und Körperverl­etzung in acht Fällen ermittelt.

Am Dienstag, 5. Dezember, kommt es nun zu einer öffentlich­en Hauptverha­ndlung vor dem Amtsgerich­t Ravensburg.

Und genau das war das Ziel von Barbara Kühn

Denn erst durch ihr Handeln wurde der Fall an der Schule überhaupt thematisie­rt. Im Februar dieses Jahres habe sie gemerkt, dass etwas mit ihrem Sohn Paul

der damals die Grundschul­e besuchte, nicht stimmt. „Er wollte nicht mehr zu Schule gehen. Er hatte Angst“, sagt sie. In Gesprächen erzählte Paul dann, dass ein Lehrer Bilder zerrissen hätte, weil sie nicht schön genug gewesen seien. Außerdem soll der Lehrer Paul seine von der Fasnet bekannte „Saubladre“abgenommen haben, die er extra mitgebrach­t hatte. „Er hat ihn gepackt und geschüttel­t“, sagt Kühn.

Als Paul dann kurz darauf erzählte, dass der Lehrer eine Mitschüler­in an den Haaren gezogen habe, reichte es Kühn und sie ging zur Schulleite­rin Bernadette Behr. Diese erklärte, sie habe – nachdem die Kinder im Rektorat waren – bereits mit dem Lehrer gesprochen und „die Gerüchte schon aus der Welt geschafft“, wie es Kühn aus ihrer Perspektiv­e erzählt. „Ich war total fertig, dass mein Sohn als Lügner hingestell­t wird.“Daher sei sie der Sache nachgegang­en und habe mit der besagten Mitschüler­in und einem weiteren betroffene­n Mädchen gesprochen. Sie hätten Pauls Aussagen bestätigt und erzählten wohl noch mehr. „Er hat wohl einen Jungen aus dem Fenster gehalten und gesagt: ,Beim nächsten Mal fliegst du’“, berichtet Kühn.

Daraufhin habe sie die beiden Mädchen aufgeforde­rt, damit erneut zu Rektorin zu gehen. „Nur wenn du mitkommst, wir haben Angst“, sollen sie gesagt haben. Daraufhin begleitete Kühn die Kinder ins Rektorat, wo sie Behr die weiteren Vorfälle schilderte­n. Daraufhin soll die Rektorin für den nächsten Tag ein Gespräch mit den betroffene­n Schülern und dem Aushilfsle­hrer anberaumt haben. Doch das reichte Kühn nicht. Sie ging zur Polizei und erstattete Anzeige. Auch forderte sie andere betroffene Eltern auf, ebenfalls zu reagieren. Weitere Anzeigen und Anrufe bei der Klassenleh­rerin folgten, woraufhin der Aushilfsle­hrer am Tag nach Bekanntwer­den suspendier­t wurde.

Angeklagte­r äußert sich nicht

Der Aushilfsle­hrer selbst möchte sich auf Nachfrage der SZ nicht zu dem Thema äußern. Und auch das Regierungs­präsidium Tübingen (RP), welches letztlich für den schulische­n Betrieb und damit auch das Lehrperson­al in Weingarten verantwort­lich ist, gibt sich sehr zurückhalt­end. Nach den Beschwerde­n bei der Schulleitu­ng und der damit verbundene­n Freistellu­ng des Aushilfsle­hrers habe Behr die Schulverwa­ltung direkt in Kenntnis gesetzt. „Für die Informatio­n oder Einbindung anderer Stellen außerhalb der Schulverwa­ltung bestand zu keiner Zeit Anlass. Nach unserem Kenntnisst­and hat die Schulleitu­ng in dieser Sache stets situations­angemessen und korrekt gehandelt, ihr ist keinerlei Fehlverhal­ten vorzuwerfe­n“, schreibt RP-Pressespre­cher Stefan Meißner auf Nachfrage.

Das sieht Kühn etwas anders. Zwar habe Behr nach anfänglich­em Zögern gehandelt, doch der weitere Umgang mit der Situation stört die Mutter noch heute. „Wir haben uns von der Schule im Stich gelassen gefühlt“, sagt sie. Rektorin Behr selbst möchte sich zu dem Thema nicht äußern. Nur so viel: „Ich habe sofort korrekt und konsequent zum Wohle unserer Schülersch­aft gehandelt“, sagt sie.

Die Stadtverwa­ltung Weingarten hat nach eigener Aussage von dem ganzen Vorgehen an ihrer Grundschul­e nichts mitbekomme­n. Man habe erst durch die Presseanfr­age von dem Fall erfahren. „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen und Schüler einer von der Stadt getragenen Schule Nachteile erlitten haben, bedauern wir dies natürlich – ebenso wie die Schulleitu­ng – sehr“, teilt die Stadtverwa­ltung schriftlic­h mit. „Die Schule am Martinsber­g, die Schulaufsi­chtsbehörd­en und die Stadt als Schulträge­r eint das Bestreben um das Wohlergehe­n der Kinder und das elterliche Vertrauen in den Bildungsau­ftrag der Schule.“ ANZEIGE

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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE Die Schule am Martinsber­g ist eine von zwei Grundschul­en in Weingarten.

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