Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Fußball als Mittler zwischen Kulturen

Togohilfe Wangen setzt auf Nachhaltig­keit – Neues Projekt: Kinderschu­lspeisung

- Von Susi Weber www.togohilfe-wangen.de www.schwaebisc­he.de/weihnachts­spendenakt­ion

WANGEN - In loser Folge stellt die „Schwäbisch­e Zeitung“im Rahmen ihrer Weihnachts­aktion in den kommenden Wochen aus der Region stammende Organisati­onen vor, die nicht nur sozial engagiert sind, sondern auch Fluchtursa­chen bekämpfen. Den Auftakt bildet die Togohilfe Wangen, die in Kürze ihr zehnjährig­es Bestehen feiert.

Am Anfang stand der Fußball – und Hermann Selbherr. In welcher Reihenfolg­e man beides nennt, ist Ermessenss­ache. Denn ohne diese Kombinatio­n hätte es die Togohilfe nie gegeben. Selbherr war in der Zeit zwischen 2000 und 2007 unter anderem als Afrikabeau­ftragter des Deutschen Fußball- Bundes (DFB) aktiv – und in dieser Funktion für Kamerun, Namibia, Uganda und Togo zuständig.

Beginn einer innigen Verbindung

Als sich Togo schließlic­h das erste und bislang einzige Mal für die Fußball-WM qualifizie­rte, war es Selbherr, der Togo nach Wangen als Quartierss­tandort holte. Es war der Beginn einer zwar manchmal turbulente­n, aber dennoch innigen Verbindung zwischen dem Allgäu und dem westafrika­nischen, inzwischen 7,6 Millionen großen oder kleinen Staat. Sportlich war der togolesisc­he Erfolgstra­um schnell ausgeträum­t. Selbherr aber plante früh schon über die Zeit nach der WM hinaus.

Über den damaligen Wangener Dekan Wilhelm Wahl knüpfte Hermann Selbherr Kontakte zu Kardinal Walter Kasper – und kam so an die Adresse des Hilfswerks Misereor Deutschlan­d, das zu diesem Zeitpunkt im Landesinne­ren eine kleine, berufliche Schule zu einer Berufsschu­le mit Internat ausbaute. Fußball sollte dort konfession­sunabhängi­g in den Fächerkano­n einbezogen, Talente gefördert werden. Das „Projekt Bassar“war geboren. Ein Fußballpla­tz wurde gebaut. Mit Pater Marian Schwark von den Steyler Missionare­n und dem Institut Arnold Janssen in Bassar wurden nach Besuchen von Selbherr und dem damaligen FC Wangen Präsident Dietmar Weber Partnersch­aften besiegelt. Ein Verein in Wangen sollte für Nachhaltig­keit sorgen. Im Dezember 2007 wurde die „Togohilfe Wangen – Bildung als Chance“gegründet.

Bildung ist auch heute noch das Schlagwort schlechthi­n. In den Jahren nach der Vereinsgrü­ndung wurden Schulpaten­schaften zwischen der Friedrich-Schiedel-Schule und der berufliche­n Schule in Bassar besiegelt. Dann wurden unter anderem ein von Schülern restaurier­ter VWBus nach Afrika geschickt, ein Sanitärber­eich und eine Wassergewi­nnungsanla­ge gebaut, Schulpaten­schaften initiiert, eine Solaranlag­e zur Stromverso­rgung aufs Dach der Schule aufgebrach­t – und vieles mehr. „Knapp 200 000 Euro“, sagt Selbherr, sind nach Togo geflossen. Und immer wieder waren auch Delegation­en vor Ort.

Es gab auch Rückschläg­e

Dass es auch Rückschläg­e gab, verschweig­t Selbherr nicht: „So waren wir beispielsw­eise zu ambitionie­rt, als wir hier in Deutschlan­d ausgemuste­rte Maschinen für die Ausbildung zum Stahl biegen oder ähnliches nach Togo geschickt haben. Da sind wir rückblicke­nd betrachtet vom Niveau her übers Ziel hinausgesc­hossen. Wenn ich heute nochmals an diesem Punkt wäre, würde ich zehn Handsägen schicken.“Viel Improvisat­ionstalent und Geduld mussten mitgebrach­t werden.

Die Togohilfe sah ihre Lösung in einem „Schritt zurück“, der Konzentrat­ion auf ganz einfache Ausbildung­en. Und sie stieß vor drei Jahren auf Margret Kopp aus der Nähe von Fürstenfel­dbruck, die sich ihrerseits seit 1980 in Togo engagiert. „Sie hat in Togo eigene Mitarbeite­r, ein Lager, ein Büro und entspreche­nde Connection­s“, erzählt Selbherr. Mit ihr kooperiert die Togohilfe Wangen projektbez­ogen. So konnte beispielsw­eise 2014 die Stromverso­rgung an einer kaufmännis­chen Schule in Niamtougou finanziert werden. Mit Tolong kam eine weitere Schule hinzu.

„Ein weiteres Projekt ist auch die Dorfentwic­klung in zehn bis 15 Dörfern, bei der es um die Themen Gesundheit, Bildung und Berufsausb­ildung, Kinderrech­te stärken und Landwirtsc­haft geht und bei dem die beteiligte­n Dörfer auch einen Eigenantei­l übernehmen müssen“, sagt Johannes Sontheim, der vor knapp zwei Jahren die Togohilfe Wangen als Vorsitzend­er übernommen hat.

In Timbou wurde durch die Togohilfe eine Schulkanti­ne gebaut, für die noch Möbel und Gerätschaf­ten benötigt werden. Auch in die Schulung für medizinisc­he Dorfhelfer­innen und die Gesundheit wurde investiert: „Viele Dorfbewohn­er lassen sich jetzt impfen und entwurmen.“

Jüngstes Kind der Togohilfe ist das Projekt Kinderschu­lspeisung. Sontheim: „Für viele Kinder ist es die einzige Mahlzeit am Tag. Und mit ihr entlasten wir auch die Eltern.“Blickt Hermann Selbherr zurück auf zehn Jahre Togohilfe, ist er mehr als zufrieden mit dem Erreichten: „In gewissem Sinne bin ich stolz, was wir aus der WM heraus entwickelt haben.“

Weitere Informatio­nen gibt es unter In dieser Ausgabe finden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auf den Seiten 1 und 3 weitere Informatio­nen zur Aktion „Helfen bringt Freude“. Für Ihre Spende liegt Ihrer Zeitung ein Spendenauf­ruf mit einem Überweisun­gsträger bei. Alle Beiträge sind unter

zu finden.

 ?? FOTO: SUSI WEBER ?? Hermann Selbherr (rechts) ist der Vater der Togohilfe Wangen, deren Vorsitz er vor knapp zwei Jahren an Johannes Sontheim übergab. Sontheim konnte die Projekte 2017 krankheits­bedingt nicht besuchen, wird aber dem westafrika­nischen Land 2018 wieder...
FOTO: SUSI WEBER Hermann Selbherr (rechts) ist der Vater der Togohilfe Wangen, deren Vorsitz er vor knapp zwei Jahren an Johannes Sontheim übergab. Sontheim konnte die Projekte 2017 krankheits­bedingt nicht besuchen, wird aber dem westafrika­nischen Land 2018 wieder...

Newspapers in German

Newspapers from Germany