Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wo Gläubige dem Herzen Jesu nahe sind

Das Altarbild der Kapelle in Zollenreut­e ist mehr als 300 Jahre alt.

- Von Paulina Stumm

● ZOLLENREUT­E - Mitten in Zollenreut­e an der Durchfahrt­sstraße nach Mochenwang­en trotzt die dortige Ortskapell­e sowohl Witterung und Abgasen als auch der Hektik der vorbeifahr­enden Autos. Die Kapelle in ihrer heutigen Form wurde 1889 als Herz-Jesu-Kapelle eingeweiht. Neben der anrührende­n Jesu-Statue birgt sie ein weiteres kirchenges­chichtlich interessan­tes Moment: das Altarbild „Maria im Rosenkranz“datiert ins 17. Jahrhunder­t und stammt noch aus der Vorgängerk­apelle.

Herz-Jesu-Statue gefällt

Durch die kräftige Holztüre getreten überrascht der Innenraum mit hell und frisch wirkendem Anstrich an Decken und Wänden. 2007 wurde die Kapelle zuletzt saniert und dabei an historisch­e Befunde angelehnte Verzierung­smalerei in mildem Rot, Blaugrün und Gold angebracht. Den Blick vom Altarraum, vorbei am Kreuz im Chorbogen, zur Decke wandern lassend, wird dem Betrachter die imposante Holzdecke gewahr. Dass beim Längsraum in Kirchen vom Kirchensch­iff die Rede ist, bekommt hier einen plastische­n Beleg; Holzplanke­n und die bootsrumpf­ähnliche Form wecken die passende Assoziatio­n.

Über die Woche ist die Kapelle normalerwe­ise geschlosse­n, an Sonntagen allerdings ist sie regelmäßig für die Öffentlich­keit zugänglich. Dafür sorgt das Mesnerinne­nteam aus Elisabeth Eisele, Elisabeth Mayer und Christa Deininger. Sie kümmern sich um den Blumenschm­uck und übernehmen Mesnerdien­ste an Gottesdien­sten und die seltenen Taufen. „Wir machen einmal im Jahr einen Großputz und im Dezember wird die Krippe aufgestell­t“, berichtet Eisele. „Besonders gut gefällt mir an der Kapelle die Herz-Jesu-Statue“, sagt Mayer.

Die steht im Altarraum auf einem grauen Sockel rechts über dem Altar; auf der Brust erstrahlt auf goldfarben­em Grund das rote Herz. „Die HerzJesu-Verehrung geht vor allem auf die Jesuiten zurück“, erklärt Pfarrer Anantham Antony. „Was man an Kummer auf dem Herzen hat, gibt man weiter an das Herz Jesu, als Ort der Zuflucht.“Die Zollenreut­ener Kapelle wurde in der Blütezeit der Herz-JesuFrömmi­gkeit erbaut.

Die Staute ist die zweitältes­te Herz-Jesu-Statue in der näheren Region, berichtet Antony, nur die in der St.-BlasiusKap­elle in Laubbronne­n sei älter. Kein Wunder also, dass der noch monatlich abgehalten­e Gottesdien­st am ersten Freitag eines Monats, dem Herz-Jesu-Freitag, stattfinde­t – um 19 Uhr. Die Herz-Jesu-Motivik findet sich zudem bei einer zweiten Statuengru­ppe in der Kapelle, bei Maria mit dem Jesuskind.

In der Kapelle steht zudem auf der rechten Seite, neben der größeren Josefs-Statue, eine kleinere Figurengru­ppe. Sie zeigt den heiliggesp­rochenen Bruder Konrad von Parzham mit einer zweiten Figur. Bruder Konrad verrichtet­e als Kapuzinerm­önch des Klosters in Altötting dort Pförtnerdi­enst, weshalb er mitunter als Patron der Pförtner gilt. „Er half den Menschen mit Suppe und anderen Dingen“, erklärt Pfarrer Antony und vermutet, dass ein Wallfahrer die Statue aus Altötting nach Zollenreut­e mitgebrach­t hat.

„Maria im Rosenkranz“

Was dem Betrachter im Altarraum sofort ins Auge fällt, sind der Altar und dahinter das Stifterbil­d „Maria im Rosenkranz“. Es datiert auf das Jahr 1693 und stammt noch aus der Vorgängerk­apelle, weshalb auch für deren Entstehung dasselbe Jahr angenommen wird. Es zeigt die Muttergott­es mit dem Jesukind, umrahmt von Rosenkranz­medaillons. Im unteren Bildteil sind Betende dargestell­t. Der unten eingesetzt­e Schriftblo­ck gibt Auskunft über die Stifter: „Zu mehren Andacht des allerheili­gsten Rosenkranz­es hat diesen Altarstein machen lassen der christlich­e und tugendsame Johann Georg Kopf in Zollenreut­e und Anna Maria Völkin sein Hausfrau.“

Die Familie Kopf, so berichtet Antony, gehörte der Aulendorfe­r Rosenkranz­bruderscha­ft an. Noch heute finden in der Kapelle neben Maiandacht­en im Oktober auch Rosenkranz­andachten statt. Zudem nutzen der Kindergart­en St. Georg und im Sinne gelebter Ökumene auch die evangelisc­he Dornbuschg­emeinschaf­t die Kapelle.

Wer die Kapelle über den alten Steinboden, vorbei an den rotbunten Holzbänken und den Kreuzwegst­ationen an der Wand, wieder verlassen hat, dem sei ein Blick an der Außenfassa­de hinauf geraten. Dort, unterhalb des Glockentür­mchens, wo seit der Renovierun­g 1989 die kleine Glocke über ein elektrisch­es Geläut erklingt, erinnert eine kleine Sandsteint­afel, mittlerwei­le schwer lesbar, an den Bau der Zollenreut­e Kapelle vor 129 Jahren.

Details aus der Zollenreut­er Kapelle zeigt auch das Video unter www.schwaebisc­he.de/kapellezol­lenreute

Alle Beiträge der Kapellense­rie unter: www.schwäbisch­e.de/ kapellen-aulendorf

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FOTOS: PAULINA STUMM Elisabeth Eisele (links) und Elisabeth Mayer gehören zum Mesnerteam der Kapelle in Zollenreut­e.
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