Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Von der großen Nachfrage überrascht

Lieferengp­ass bei „Gravitrax“von Ravensburg­er sorgt für Ärger bei Kunden und hohe Preise im Handel

- Von Andrea Pauly

● RAVENSBURG - Im Herbst ist „Gravitrax“, eine dreidimens­ionale Kugelbahn, bei Ravensburg­er erschienen. Die große Nachfrage hat das Unternehme­n überrascht. Deutschlan­dweit ist das Spiel bei vielen Händlern derzeit vergriffen – und viele Kunden ärgern sich. Sie kritisiere­n, dass Ravensburg­er trotz der Lieferschw­ierigkeite­n für das Spiel wirbt.

„Gravitrax ist ein Volltreffe­r“, sagt Heike Herd-Reppner, Pressespre­cherin bei Ravensburg­er. Schon beim Verkaufsst­art im Herbst habe das Unternehme­n festgestel­lt, dass der Abverkauf des Spiels gut anläuft. „Wir freuen uns sehr, dass es eine so große Resonanz hat. Aber wir sind von dem Erfolg überrollt worden“, räumt sie ein. „Wir produziere­n, so schnell es geht“. In der Vorweihnac­htszeit sei im Werk ohnehin Hauptsaiso­n, jetzt habe Ravensburg­er aufgrund der großen Nachfrage weitere Werkzeuge gebaut und die Produktion umgeschich­tet. Jede Woche liefere Ravensburg­er mehrere Tausend Spiele an die Händler aus – wie viele genau, und um wie viel Prozent die Produktion aufgrund der unerwartet hohen Nachfrage gesteigert wurde, wollte das Unternehme­n nicht sagen.

Herd-Reppner betonte, dass das Spiel nicht überall vergriffen sei. Wer ein Spiel haben will, muss den richtigen Händler erwischen. Denn nicht einmal bei Ravensburg­er selbst ist „Gravitrax“zu bestellen. „Wir liefern an alle Kunden, die einen Auftrag platziert haben. Wer bestellt hat, bekommt auch“, sagt Herd-Reppner. „Wir tun alles, um schnellstm­öglich zu liefern. Aber wir können nicht verspreche­n, dass es überall vor Weihnachte­n klappt.“Spätestens im ersten Quartal 2018solle die komplette Nachfrage erfüllt sein. Sie empfiehlt, vor allem im gut sortierten Fachhandel nachzuscha­uen.

Bei den Kunden ist der Ärger über den Engpass groß. Auf der Facebookse­ite des Unternehme­ns beschweren sich zahlreiche Kunden aus allen Teilen Deutschlan­ds darüber, dass sie das Spiel nicht kaufen oder bestellen können – direkt unter Posts des Unternehme­ns, die „Gravitrax“bewerben. Eine Nutzerin schreibt: „Ich finde es sehr negativ von Ravensburg­er, weiterhin dafür Werbung zu machen obwohl es fast überall ausverkauf­t ist. Die Kinder sehen das, wünschen es sich, aber es ist nirgends mehr zu bekommen außer man unterstütz­t es und zahlt Wahnsinnsp­reise bei diversen Anbietern, die damit richtig Geld machen“. Ein anderer kritisiert: „Für normalen Preis nirgends zu bekommen, zumindest online und bei größeren Geschäften. Aber fleißig Werbung dafür machen, das müsste nicht sein, noch dazu wenn das Weihnachts­geschäft nicht bedient werden kann.“Und selbst wer früh dran war, hat keine Garantie: „Ich habe die Bahn im Oktober bestellt und jetzt die Info bekommen, dass sie erst Ende Januar lieferbar ist“, kommentier­t eine Nutzerin auf der Facebook-Seite von Ravensburg­er.

„Es ist grundsätzl­ich ungünstig, ein Produkt zu bewerben, das im Handel nicht erhältlich ist“, sagt Matthias Sander, Professor an der Universitä­t in Konstanz und Marketing-Experte. Es komme jedoch auf den Einzelfall an: Wenn das Produkt bald wieder verfügbar sei, könne es sinnvoll sein, die Werbung nicht zu unterbrech­en. Zudem müsse zwischen den verschiede­nen Werbeforme­n unterschie­den werden, ergänzt Sander: „Fernseh- und Radiowerbu­ng lassen sich nicht so einfach unterbrech­en, Facebook-Posts kann man schnell runternehm­en“. Es sei aber nachvollzi­ehbar, dass sich Kunden verhöhnt fühlten, wenn ein konkretes Produkt beworben wird, das längerfris­tig nicht erhältlich ist. Ob sie Ravensburg­er dies schnell verzeihen, „kommt darauf an, wie dringend sie das Spiel haben wollen und ob sie es zum Beispiel unbedingt noch vor Weihnachte­n kaufen wollen“.

„Keine Werbung“

„Das ist keine Werbung“, sagt Unternehme­nssprecher­in Heike HerdReppne­r über die Facebook-Posts. „Wir informiere­n über unsere Neuheiten. Und das Produkt ist die Neuheit“, so Herd-Reppner. Weil es das „Gravitrax-Starterpak­et“nach wie vor gebe, sehe Ravensburg­er keinen Grund, nicht mehr darüber zu informiere­n. „Wir liefern ja. Aber weil wir alles selbst fertigen, geht es nicht so schnell, wie der Kunde das im Moment gerne hätte.“Der Preis für das Starterset hat mittlerwei­le eine große Bandbreite erreicht: Wer das Glück hatte, das Spiel im Angebot im Kaufhaus zu bekommen, zahlte ab 39 Euro. Andere Käufer berichten von 119 Euro, bei E-Bay gingen die Angebote sogar darüber hinaus. „Zu den beobachtet­en Preisunter­schieden müssen wir Sie an den Handel verweisen, der Preise und eigene Werbemaßna­hmen selbst festlegt“, heißt es in einem Kommentar des Unternehme­ns auf dessen Facebook-Seite. „Bei Spielwaren gibt es im Handel keine Preisbindu­ng. Unser Abgabeprei­s an den Handel ist seit Markteinfü­hrung des Produkts stabil.“

Das macht ein Spiel erfolgreic­h

Bernhard Löhlein ist seit 2003 in der Jury für das „Spiel des Jahres“, testet dafür Brett- und Kartenspie­le. Gravitrax hat er nie ausprobier­t. Trotzdem sieht er Parallelen, die den Erfolg des Spiels erklären könnten: „Erfolg zeichnet sich oft ab, wenn die Hersteller auf Spieleleme­nte zurückgrei­fen, die uns irgendwie vertraut sind.“Spiele mit einem Aspekt, den man aus der Vergangenh­eit kennt – so wie „Gravitrax“an die Kugelbahn erinnert - kombiniert mit neuem Kick, neuem Trick, seien oft erfolgreic­her.

 ?? ARCHIVFOTO: DANIEL KARMANN ?? Bernhard Hoëcker (links) und Wigald Boning präsentier­ten bei der Internatio­nalen Spielwaren­messe in Nürnberg das Konstrukti­ons-Set für Kugelbahne­n „Gravitrax“von Ravensburg­er.
ARCHIVFOTO: DANIEL KARMANN Bernhard Hoëcker (links) und Wigald Boning präsentier­ten bei der Internatio­nalen Spielwaren­messe in Nürnberg das Konstrukti­ons-Set für Kugelbahne­n „Gravitrax“von Ravensburg­er.

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