Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
USA verteidigen Jerusalem-Entscheidung
Arabische Liga fordert Rücknahme – Bei Protesten sterben vier Palästinenser
GAZA/TEL AVIV (dpa) - Die US-Regierung hat trotz aller Gewalt, Unruhen und Proteste die Jerusalem-Entscheidung von Präsident Donald Trump verteidigt. Die USA hätten mit heftigen Reaktionen gerechet, aber mutige Entscheidungen wie diese zögen so etwas nach sich, sagte die USBotschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, am Sonntag dem Sender CNN. Sie sei „fest davon überzeugt, dass die Jerusalem-Entscheidung den Friedensprozess vorantreibe. „Der Himmel ist nicht eingestürzt“, sagte Haley.
US-Präsident Donald Trump hatte am Mittwoch erklärt, dass die USA Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen und die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen. Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Die Palästinenser wollen in Ost-Jerusalem die Hauptstadt eines unabhängigen Staates ausrufen.
Am Wochenende kam es zu Unruhen unter Tausenden Palästinensern. Die Zahl der bei Protesten sowie israelischen Luftangriffen im Gazastreifen getöteten Palästinenser stieg am Samstag auf vier. Seit Beginn der Proteste seien 400 Palästinenser durch Schüsse verletzt worden, teilte der palästinensische Rettungsdienst mit. Die radikal-islamische Hamas rief am Sonntag die Palästinenser erneut zu einem Aufstand (Intifada) auf. Nach Angaben der israelischen Polizei wurden 13 Polizisten verletzt.
Papst Franziskus warnte vor einer „neuen Spirale der Gewalt“in Jerusalem und rief erneut zur „Weisheit und Vorsicht aller Beteiligten“auf.
Israels Armee zerstörte am Sonntag einen weiteren Tunnel, der vom Gazastreifen auf israelisches Gebiet führte. Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen wurden in der Nacht zu Samstag zwei Menschen getötet und 15 weitere verletzt. Israels Luftwaffe reagierte mit dem Beschuss in Gaza auf Raketenangriffe aus dem Palästinensergebiet am Mittelmeer. Die für Sonntag angekündigte Übergabe der Kontrolle des Gazastreifens an die gemäßigte Palästinenserbehörde verzögerte sich weiter.
Der Generalsekretär der Arabischen Liga sieht das Vertrauen in die USA als Vermittler im Nahost-Konflikt als gestört an. Der US-Entschluss werfe „Fragen zu ihrer Rolle und ihrer Verpflichtung für die Stärkung von Stabilität und Frieden in der Region auf“, sagte Ahmed Abul Gheit bei einer Dringlichkeitssitzung der Liga in Kairo. Die Organisation forderte Trump auf, seine Entscheidung zu revidieren. In der Arabischen Liga sind 21 Staaten aus dem Nahen Osten und Nordafrika sowie die palästinensischen Autonomiegebiete vereint. Das jordanische Parlament entschied, das 1994 geschlossene Friedensabkommen mit Israel auf den Prüfstand zu stellen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete Israel als „Terrorstaat“. Trumps Entscheidung habe für die Türkei keine Gültigkeit, sagte Erdogan. Man werde Jerusalem nicht einem Land der „Kindermörder“überlassen. Netanjahu reagierte am Abend scharf auf die Äußerung Erdogans. „Ich bin es nicht gewohnt, Morallektionen von einem Anführer zu erhalten, der kurdische Dörfer in seinem Land bombardiert, der Journalisten einsperrt, der den Terroristen hilft, vor allem in Gaza“, sagte der israelische Premier.
Auch Demonstrationen in Berlin
Auch unweit der US-Botschaft in der libanesischen Hauptstadt Beirut kam es am Sonntag zu Demonstrationen und vereinzelter Gewalt gegen Trumps Entscheidung. In Berlin demonstrierten am Sonntag 1000 Menschen gegen das Vorgehen der USA. Dabei wurde erneut eine israelische Flagge verbrannt. Bereits am Freitag waren bei einer pro-palästinensischen Kundgebung an der US-Botschaft am Brandenburger Tor zwei Flaggen Israels angezündet worden. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) machte am Sonntag klar, die Stadt werde Antisemitismus und Rassismus auf Demonstrationen nicht dulden. Die Polizei werde jede Kundgebung auflösen, von der Straftaten ausgingen.