Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Angeklagter muss Opfer 1000 Euro zahlen
Gebrochene Nase an Fasnet – Ob Kopfstoß ursächlich ist, lässt sich nicht sicher klären
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RUND UM SIGMARINGEN - Am Aschermittwoch ist alles vorbei: Diese Aussage des Hits von Jupp Schmitz aus dem Jahr 1953, der auch hierzulande gerne bei Kehraus-Partys gespielt wird, trifft im übertragenen Sinne auch auf das Verhalten von mindestens zwei jungen Männern zu, die sich am Aschermittwoch im vergangenen Jahr vor der Festhalle in Ablach ordentlich gefetzt hatten. Die Lichter waren bei den Beteiligten sprichwörtlich ausgegangen.
Vor dem Sigmaringer Amtsgericht musste sich ein 21-Jähriger verantworten, der einem 25-Jährigen gegen 3 Uhr in der Nacht, als die Feier zu Ende war, einen Kopfstoß verpasst und ihm damit die Nase gebrochen haben soll. Der Bruch der Nase war unstrittig, ärztliche Atteste belegen dies. Der Angeklagte bestritt auch gar nicht, seinen Kopf gegen das Opfer gerichtet zu haben: „Allerdings war das nicht fest, ich habe ihn kaum getroffen“, sagte er. Zudem habe er nur in Notwehr gehandelt, denn das spätere Opfer sei mit der geballten Faust auf ihn losgegangen.
Der 25-Jährige berichtete indes, er sei von drei Männern attackiert worden, einer von ihnen habe ihn festgehalten, einer habe versucht, ihm einen Faustschlag zu verpassen, und der dritte Mann – der Angeklagte, da sei er sich sicher – habe ihm den Kopfstoß verpasst. Er sei sich auch sicher, dass diese Kopfnuss ursächlich für den Nasenbeinbruch gewesen sei, dem Faustschlag habe er „halbwegs ausweichen können“. Weshalb es überhaupt zu der Auseinandersetzung gekommen war, konnte das Gericht während der dreistündigen Verhandlung nicht ansatzweise klären, zu widersprüchlich waren die Aussagen.
Zeuge war ebenfalls im Blickfeld
Ein Zeuge der Tat, ein Freund des Angeklagten, behauptete vor Gericht, zwar „irgendwie dabei“gewesen zu sein, „eigentlich aber nichts gesehen“zu haben. Es stand im Vorfeld der Verhandlung im Raum, dass er derjenige gewesen sein könnte, der die Faust gegen das Opfer gerichtet hatte. Staatsanwältin Sarah Hausmann erklärte aber, dass man ihm diese Tat nicht habe nachweisen können und man die Anklage entsprechend habe fallen lassen müssen.
Die spannendste Rolle während der Verhandlung spielte eine 21-jährige Frau, die an dem Abend sowohl mit der Clique um den Angeklagten als auch mit dem späteren Opfer und dessen Freundeskreis zu tun gehabt hatte. Immer wieder brach sie im Gericht in Tränen aus. Sie fühlte sich ganz offenbar unwohl. Ob sie sich von irgendeiner Seite unter Druck gesetzt sehe, wollte die Staatsanwältin wissen. Die 21-Jährige verneinte – und heulte wieder. Für sie sei es einfach eine blöde Situation. Zur Sache sagte sie, sie habe den Angeklagten aggressiv erlebt, sie habe in der Situation auch dazwischen gehen wollen. Gerade als aber der Kopfstoß passierte, habe sie nichts mitbekommen, da sie urplötzlich von anderen Menschen davon abgehalten worden sei, weiter einzugreifen. „Es ist nun einmal so: Wenn eine Frau dazwischen geht, wird sie weggeholt“, sagte sie. Sowohl Richterin Isabelle Grüner-Blatt als auch Staatsanwältin Hausmann sowie Verteidiger Andreas Rößner hatten ihre Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen, hatten aber keine Handhabe.
Da auch die anderen Zeugen der Tat wenig hilfreich waren, konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden, dass definitiv dessen Kopfstoß die gebrochene Nase verursacht hatte. Staatsanwältin und Verteidiger einigten sich schließlich, das strafrechtliche Verfahren einzustellen – unter der Auflage, dass der Angeklagte dem Opfer 1000 Euro als Wiedergutmachung zu zahlen habe.
„So etwas ist immer dann möglich, wenn der Fall einerseits noch nicht ausermittelt ist, andererseits ein Freispruch nicht infrage kommt“, erklärte Staatsanwältin Hausmann auf Nachfrage der SZ. Der Fall war aus ihrer Sicht nicht ausermittelt, weil eine weitere potenzielle Zeugin der Tat aus persönlichen Gründen nicht vor Gericht erschienen war.