Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Polizisten mit Raketen beschossen
Polizei in Stuttgart mit Raketen beschossen – Im Breisgau verletzen sich zwei Jugendliche schwer
BERLIN (dpa) - Bei ausgelassenen Silvesterfeiern haben die Deutschen fast überall fröhlich und friedlich das neue Jahr begrüßt. Jedoch kam es in mehreren Städten, etwa in Stuttgart, zu An- und Übergriffen auf Polizisten – auch mit Raketen. Durch unvorsichtigen Umgang mit Böllern starben in Brandenburg zwei Menschen. Bundesweit erlitten viele Menschen Verletzungen durch Feuerwerkskörper. Zwei minderjährige Schüler wurden im Breisgau beim Start einer Rakete verletzt, wie die Uniklinik Freiburg am Montag mitteilte. Anstatt abzuheben, sei der Feuerwerkskörper sofort explodiert.
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BERLIN/STUTTGART/FREIBURG (dpa/sz) - Für zwei junge Männer aus Brandenburg war die Silvesterparty 2017/18 die letzte ihres Lebens: Sie starben bei Unfällen mit Böllern. Zahlreiche weitere Menschen wurden durch – oftmals illegale – Knaller verletzt, unter anderem zwei Minderjährige in Freiburg. Bei der größten Silvesterparty Deutschlands am Brandenburger Tor in Berlin feierten mehrere Hunderttausend. Hier und in weiteren Großstädten, darunter Stuttgart, wurden Polizei und Feuerwehrleute teils massiv attackiert.
Ein 35 Jahre alter Mann erlag in Gusow bei Frankfurt/Oder beim Böllern trotz sofortiger erster Hilfe seinen schweren Verletzungen. In Kleinmachnow bei Potsdam starb ein 19-Jähriger: Er wollte nach Polizeiangaben selbst gebautes Feuerwerk zünden und wurde am Kopf getroffen. Auf einer Silvesterfeier im niedersächsischen Löningen wurde ein 22-Jähriger lebensgefährlich verletzt, als ein Böller zu früh an seinem Gesicht explodierte.
Zwölfjährige angeschossen
Ein zwölfjähriges Mädchen in Salzgitter wurde in der Silvesternacht angeschossen – die Polizei ermittelt wegen eines versuchten Tötungsdelikts gegen drei Verdächtige. „Die Hintergründe der Tat sind noch unklar“, sagte ein Polizeisprecher.
Ein unbekannter Autofahrer soll am frühen Neujahrsmorgen in der Düsseldorfer Innenstadt versucht haben, Gäste und Türsteher einer Diskothek gezielt zu überfahren. Ein Mann wurde von dem Auto erfasst und schwer verletzt. Der Autofahrer floh.
Ein 14-jähriges Mädchen im thüringischen Triptis muss laut Polizei um sein Augenlicht fürchten, nachdem ein Böller in eine Menschengruppe geworfen wurde. Bei dem Sprengkörper soll es sich Ermittlungen zufolge um einen verbotenen sogenannten Polenböller handeln. Im Unfallkrankenhaus Berlin war das Team der Handchirurgie durchgehend in drei Operationssälen im Einsatz. Mindestens fünf Patienten hätten schwere Amputationsverletzungen durch Böller erlitten.
Während die Mehrheit der Feste in Baden-Württemberg auf öffentlichen Plätzen laut Polizei weitgehend friedlich verlief, schossen etwa ein Dutzend Männer auf dem Stuttgarter Schlossplatz Raketen gezielt in die Menge sowie auf Polizisten. Etliche Menschen wurden verletzt. Auch zehn Beamte zogen sich Blessuren zu. Ebenfalls in Stuttgart warfen etwa 30 Unbekannte mit Farbe gefüllte Christbaumkugeln gegen die Fassade des Landeskriminalamts. Die Beteiligten seien dem linken Spektrum zuzuordnen, fast alle seien schwarz gekleidet und vermummt gewesen, sagte ein Polizeisprecher.
Zwei minderjährige Schüler wurden im Breisgau beim Start einer Rakete verletzt, wie ein Chirurg von der Uniklinik Freiburg am Montag sagte. Anstatt abzuheben, sei der Feuerwerkskörper sofort explodiert. Beide wurden noch am Abend operiert. Bei einer frühzeitigen Explosion eines Böllers verlor ein 25-Jähriger in Filderstadt in der Nacht zwei Glieder seines Zeigefingers.
In der Mülltonne entsorgte Pyrotechnik, die aber nicht erloschen war, verursachte in der Nacht einen Kellerbrand in Biberach. Starker Rauch drang in die Wohnräume darüber und verletzte zwei Säuglinge sowie ein siebenjähriges Kind. Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Brandstiftung gegen einen 35 Jahre alten Bewohner. Die Feuerwehr Biberach war mit fast 50 Einsatzkräften vor Ort, das DRK Biberach mit 25.
Randalierer in Leipzig attackierten Polizisten in der Silvesternacht mit Böllern und Steinen. Man habe Wasserwerfer eingesetzt. Die Besatzung eines Rettungswagens der Berliner Feuerwehr wurde am Neujahrsmorgen von Unbekannten mit Schusswaffen bedroht. Die Feuerwehr nannte am Morgen die Zahl von acht Angriffen auf Einsatzkräfte und 57 Angriffen auf Einsatzfahrzeuge mit erheblichen Sachschäden.
Wärmer war es zuletzt 1961
Auf der Domplatte in Köln herrschte vor einer Konzertbühne der Polizei zufolge eine entspannte Atmosphäre. Beim Jahreswechsel vor zwei Jahren waren am Kölner Hauptbahnhof viele Frauen sexuell bedrängt und beraubt worden, die Vorkommnisse machten weltweit Schlagzeilen. Diesmal gab es in Nordrhein-Westfalen laut Polizei kaum Probleme mit großen Gruppen junger Männer.
Begünstigt wurden die Feiern im Freien durch den Wärmeeinbruch: An vielen Orten war es zum Jahreswechsel fast schon frühlingshaft. Am Nachmittag wurden im badischen Rheinfelden 16,1 Grad gemessen. Wärmer war es an Silvester zuletzt 1961.