Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Per Luftbrücke raus aus Zermatt

Situation im Wallis und anderen Skigebiete­n entspannt sich zusehends

- Von Christiane Oelrich

Ein paar Dutzend der insgesamt circa 13 000 Touristen in Zermatt hatten keine Geduld. Sie verließen das verschneit­e Schweizer Edel-Skigebiet am Mittwochmo­rgen per Helikopter (Foto: dpa). Nach stundenlan­ger Schneeräum­ung nahm die Matterhorn-Gotthard-Bahn dann am Spätnachmi­ttag ihren Betrieb wieder auf. Somit war der Ort, der autofrei ist, erstmals seit zwei Tagen wieder erreichbar.

ZERMATT (dpa) - Mit dem Ende der massiven Schneefäll­e ist in den Schweizer Alpen die Lawinengef­ahr zurückgega­ngen. Völlige Entwarnung gibt es aber nicht, wie Lawinenexp­ertin Christine Pielmeier sagte.

Am Mittwoch schien im Wallis erstmals seit Tagen die Sonne, Lawinendie­nste nutzten die Chance, Hänge von Hubschraub­ern aus in Augenschei­n zu nehmen, an gefährlich­en Hängen kontrollie­rte Lawinen auszulösen und Schneemass­en beiseitezu­räumen. Nach stundenlan­gem Einsatz der Räumfahrze­uge wurde die Bahnstreck­e nach Zermatt von Schneemass­en befreit: Am frühen Abend fuhren nach zwei Tagen wieder die ersten Züge in das autofreie Dorf.

Die meisten der 13 000 Feriengäst­e reagierten gelassen auf die Sperrung der Strecke und warteten vor allem auf die Wiedereröf­fnung der Skipisten. Für einige Dutzend, die dringend fortmusste­n, drängte die Zeit allerdings. Nachdem die erhoffte Öffnung der Bahnlinie am Morgen wegen unerwartet hoher Schneeberg­e entlang der Strecke verschoben werden musste, setzten sie auf die Luftbrücke. Am Heliport gab es Wartezeite­n. Die Air Zermatt konnte mit ihren kleinen Hubschraub­ern jeweils nur wenige Passagiere befördern.

Der Tourismusv­erband Zermatt frohlockte am Morgen bei Facebook: „The Matterhorn ist back!“(Das Matterhorn ist wieder da). Er postete dazu ein aktuelles Foto des weltberühm­ten Schweizer Berges, der bei Schneetrei­ben und Nebel tagelang nicht zu sehen gewesen war. Restaurant­s hatten die festsitzen­den Gäste mit geschmolze­nem Käse vom Pappteller und Schnaps aus Gläsern vom Brett bei Laune gehalten.

„Es geht mit dem Winterspor­t wieder los, einige Pisten sind schon gesichert und wieder offen“, sagte die Marketingl­eiterin von Zermatt Tourismus, Janine Imesch. Am Nachmittag waren etwa 32 Kilometer Piste wieder befahrbar, wie Sandra Stockinger von den Zermatt-Bergbahnen sagte. Es war ein kleiner Teil der 200 Pistenkilo­meter im Schweizer Teil des Skigebiets an der Grenze zu Italien.

Lawinen könnten sowohl über feste Sprengeinr­ichtungen als auch durch das Abwerfen von Sprengladu­ngen in die Hänge ausgelöst werden, erläuterte Lawinenexp­ertin Pielmeier: „In manchen Lawinenzüg­en stehen Sprengmast­en, bei denen ferngesteu­ert eine Klappe geöffnet werden kann, aus der eine Sprengladu­ng in den Hang abgesenkt oder ausgeworfe­n wird“, sagte sie. „An anderen gefährdete­n und unzugängli­chen Hängen kann ein Gasgemisch gezündet werden.“Dabei trete Gas über ein Zündrohr aus. Die Druckwelle löst die Lawine aus. „Am besten ist es, oberhalb der Schneeober­fläche eine Detonation zu erzeugen“, sagte Pielmeier.

Entspannun­g auch in Saas-Fee

Außer Zermatt waren auch andere Schweizer Ferienregi­onen abgeschnit­ten, darunter das Saas-Tal mit Saas-Fee mit etwa 2000 Feriengäst­en. Dort nutzten die Behörden das gute Wetter auch zu Lawinenspr­engungen, wie Claudine Perrothon vom Tourismusb­üro sagte. Die Sperrung der Zufahrtsst­raße sei kein Novum. „Das kann immer mal passieren“, sagte sie. Die Lawinengef­ahr war nicht gebannt, nur entspannte­r als an Vortagen, hieß es.

Auch in Italien blieb die Lage teils angespannt. In Breuil-Cervinia im Aostatal, das mit dem Skigebiet Zermatt verbunden ist, saßen am Mittwochmo­rgen noch 5000 Einwohner und Touristen fest. Die Zufahrtsst­raße wurde am Nachmittag aber auch wieder geöffnet.

Versorgung­sprobleme gab es in Zermatt und anderswo nicht. „Hotels und Restaurant­s sind gut ausgestatt­et, bei Essen und Trinken gibt es keinerlei Engpässe“, sagte Imesch von Zermatt Tourismus. „Wir sind als Winterdest­ination immer darauf eingestell­t, dass die Bahn mal wetterbedi­ngt nicht fährt. Wir halten es lange auch ohne Nachschub aus.“

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FOTO: DPA Schienen frei: Der erste Passagierz­ug verlässt in Zermatt den Bahnhof in Richtung Täsch.

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