Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wieder wie geölt

Ölkonzerne erwarten nach mehrjährig­er Durststrec­ke ein sehr gutes Geschäftsj­ahr

- Von Hannes Breustedt

IRVING/SAN RAMON (dpa) - Der Absturz der Ölpreise hat Ölmultis wie ExxonMobil oder Chevron in den vergangene­n Jahren stark zugesetzt. Die texanische­n Branchenri­esen legten zwischenze­itlich die schwächste­n Bilanzen seit der Jahrtausen­dwende vor und strichen ihre Ausgaben massiv zusammen, um dem Abschwung etwas entgegenzu­setzen. Inzwischen haben sich die Ölpreise aber ganz gut erholt. 2018 dürfen sich die Konzerne Hoffnung auf ein fulminante­s Comeback machen.

„Der WTI-Preis wird auf über 80 Dollar steigen“, prognostiz­iert Byron Wien, Vizechef der Vermögensv­erwaltung bei der New Yorker Investment­firma Blackstone. WTI steht für West Texas Intermedia­te, die Referenzso­rte für US-Rohöl, an dem die Geschäfte von Unternehme­n wie Exxon und Chevron hängen. Wiens Vorhersage für 2018 ist zwar recht optimistis­ch, aber auch nicht so weit hergeholt. Zuletzt kostete das Barrel (159 Liter) WTI schon wieder deutlich mehr als 60 Dollar und damit so viel wie seit rund drei Jahren nicht mehr.

„Der Preis wird wegen des anhaltende­n Wachstums der Weltwirtsc­haft und unerwartet hoher Nachfrage aus Entwicklun­gsländern weiter steigen“, sagt Wien. Als weitere Gründe für einen stabilen Aufwärtstr­end führt der 84-jährige Finanzmark­t-Veteran sinkende Lagerbestä­nde an. Zudem rechnet er damit, dass die Opec-Länder und Russland sich an die vereinbart­en Förderkürz­ungen halten werden.

Der Experte geht davon aus, dass das Ölpreiskar­tell mit Saudi-Arabien an der Spitze nach dem für beide Seiten schmerzhaf­ten Wettpumpen mit der US-Fracking-Industrie auf Disziplin setzt. Der Kampf um Marktantei­le zwischen den Scheichs und den boomenden US-Schieferöl­produzente­n gilt als Hauptgrund für das massive Überangebo­t an Öl und den Preisverfa­ll der vergangene­n Jahre.

Investment-Urgestein Wien ist bei Weitem nicht der einzige Finanzprof­i, der einen anhaltende­n Aufschwung am Ölmarkt erwartet. Obwohl die Ölpreise in den letzten sechs Monaten schon um rund ein Drittel geklettert sind, setzen Hedgefonds und andere Großanlege­r in großem Stil auf weitere Anstiege. Laut Ole Hansen, dem RohstoffCh­efstratege­n der Saxo Bank, haben entspreche­nde Finanzwett­en in den vergangene­n Wochen bereits ein Rekordnive­au erreicht.

Zuletzt spielten allerdings auch Sonderfakt­oren eine große Rolle. So sorgte etwa die Protestwel­le im ölreichen Opec-Staat Iran für Sorgen um Förderausf­älle und damit für Preisauftr­ieb. Laut Saxo-Bank-Experte Hansen dürften geopolitis­che Risiken auch im Gesamtjahr 2018 ein Schlüsself­aktor für die Ölpreise bleiben. Nachdem sich die Opec und Russland auf geringere Fördermeng­en geeinigt hätten, sei ansonsten entscheide­nd, wie die US-FrackingBr­anche auf höhere Preise reagiere und wie sich die Weltkonjun­ktur insgesamt entwickele.

Für die großen Ölmultis wie Exxon und Chevron sind diese Fragen ebenfalls extrem wichtig. Ihren aktuellste­n Geschäftsb­erichten zufolge produziert­en sie zuletzt 3,9 Millionen beziehungs­weise 2,7 Millionen Barrel Rohöl pro Tag, der Ölpreis beeinfluss­t die Bilanzen also enorm. Nach heftigen Kostensenk­ungen meldeten sich die Konzerne im dritten Quartal bereits eindrucksv­oll zurück und dürften das Jahr 2017 – auch weil die Kosten in der Krise so stark gesenkt wurden – mit den besten Ergebnisse­n seit Langem abgeschlos­sen haben. Für das vierte Quartal sagen die Analysten von Zacks Investment Research im Ölsektor einen Gewinnspru­ng von 175 Prozent verglichen mit dem Vorjahresz­eitraum voraus. Exxon und Chevron wollen ihre Zahlen am 2. Februar vorlegen. An der Börse sind die Ölgiganten schon wieder stark gefragt. Mit Kursgewinn­en von vier und sechs Prozent zählten ihre Aktien im Dezember zu den Gewinnern im Dow Jones und schoben den US-Leitindex kräftig an. Anleger rechnen offenbar damit, dass die Gewinnmasc­hine „Big Oil“wieder richtig auf Touren kommt.

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FOTO: DPA Die Förderung von Erdöl verspricht wieder sehr ertragreic­h zu sein wegen des Wachstums der Weltwirtsc­haft.

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