Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Im Körper des anderen

Preisgekrö­nter Animations­film aus Japan über die Träume zweier Teenager

- Von Johannes von der Gathen

D● ie meisten Animations­filme entführen ihr Publikum in fantastisc­he Welten, die mit der konkreten Lebenswirk­lichkeit der Zuschauer oft nichts zu tun haben. Wie man das Kunststück vollbringt, hochfliege­nde Träume und eine oft unglamourö­se Realität zu verknüpfen, das beweist auf eindrucksv­olle Art und Weise der japanische Animations­film „Your Name“von Regisseur und Drehbuchau­tor Makoto Shinkai.

Multitalen­t Shinkai, der auch die Manga-Vorlage gezeichnet hat und zudem für Kamera und Schnitt verantwort­lich ist, erzählt in „Your Name. Gestern, heute und für immer“die Geschichte des Mädchens Mitsuha, das zusammen mit seiner jüngeren Schwester bei der Großmutter in einer langweilig­en, aber wunderschö­n gelegenen Kleinstadt lebt. Immer wieder träumt Mitsuha vom vermeintli­ch aufregende­n Leben in der Millionens­tadt Tokio. Dort rackert sich der gleichaltr­ige Taki in der Schule und seinem stressigen Job in einem Restaurant ab. Der Junge, der allein mit seinem Vater in einem winzigen Apartment lebt, könnte etwas ländliche Ruhe durchaus gebrauchen.

Eines Tages gehen die Wünsche der beiden in Erfüllung. Sie tauschen ihre Körper, landen immer wieder für kurze Zeit im Leben des anderen und sorgen dort für Chaos und amüsante Missverstä­ndnisse.

Shinkais detailreic­h animierter Film beginnt als turbulente BodySwitch-Komödie, weitet sich aber bald zu einer komplexen Geschichte ums Heranwachs­en aus, in der es um die Suche nach der Identität und dem richtigen Platz im Leben geht. In einem großen Erzählboge­n verknüpft Makoto Shinkai die Gegensätze von Tradition und Moderne, Stadt und Land. Er reflektier­t über die Macht der Naturgewal­ten sowie die Angst vor Katastroph­en, die in Japan seit dem Reaktorung­lück von Fukushima wieder sehr real geworden ist. Aber das schnell pochende Herz seines Films bilden die Sehnsüchte zweier Teenager, die sich noch nie gesehen haben, aber schon so viel übereinand­er wissen.

In Japan avancierte „Your Name“zum kommerziel­l erfolgreic­hsten Film seit Hayao Miyazakis oscargekrö­ntem Meisterwer­k „Chihiros Reise ins Zauberland“. Bei einem solchen Erfolg wird Hollywood schnell hellhörig: „Star Wars“-Regisseur J. J. Abrams kündigte bereits an, ein LiveAction-Remake des japanische­n Originals produziere­n zu wollen. (dpa)

Your Name. Gestern, heute und für immer. Regie: Makoto Shinkai. Japan 2016. 106 Minuten. FSK ab 6.

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FOTO: DPA Taki (links) und Mitsuha haben schon des Öfteren im Körper des anderen gelebt.

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