Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Der Bärenbezwinger
Lukas Slavetinsky ist auch mit 36 Jahren für die Towerstars eine unersetzliche Stütze
●
RAVENSBURG - Lukas Slavetinsky ist eine der nahezu unersetzlichen Stützen der Ravensburg Towerstars in der DEL 2. Wie wichtig der Verteidiger für die Mannschaft ist, zeigte sich gerade in den vergangenen Wochen, in denen die Liste der verletzten Leistungsträger immer länger wurde – und es besonders auf erfahrene Spieler wie Slavetinsky ankam. Und Erfahrung hat der 36-jährigeVerteidiger mehr als jeder andere bei den Towerstars. Genau diese Erfahrung spricht aus ihm, wenn er sagt: „Es wäre sicher ideal, hier meine Karriere zu beenden. Aber man kann das nie mit letzter Sicherheit sagen. Es macht mir auf jeden Fall sehr viel Freude hier.“
Diese Freude ist ihm auf dem Eis anzumerken. Unermüdlich fightet er für den Erfolg der Mannschaft. Wer eine typische Lukas-Slavetinsky-Situation beschreiben möchte, sollte es vielleicht so versuchen: Der Gegner fährt einen Konter mit zwei oder drei Mann und kommt mit richtig viel Schwung ins Ravensburger Drittel. Zwischen Towerstars-Goalie Jonas Langmann und den Angreifern befindet sich nur ein einziger Verteidiger, der sich also eigentlich nur falsch entscheiden kann, auf wen er sich jetzt konzentrieren muss, um eine Torchance zu vereiteln. Doch der Verteidiger heißt Lukas Slavetinsky, dessen zweiter Vorname „Erfahrung“oder „Abgeklärtheit“lauten müsste. Slavetinsky fährt in aller Seelenruhe rückwärts und vergrößert seine gefühlte Körperfläche, indem er seinen Schläger raumgreifend von links nach rechts über das Eis schwingt – ganz so, als wolle ein einsamer Pilzesammler im Wald einen Bären beeindrucken, der ihm nach dem Leben trachtet.
Im dritten Ravensburger Frühling
Dabei zu brüllen hat Slavetinsky nicht nötig, er beeindruckt durch seine schiere Präsenz. Den Gegner auf dem Eis bringt er so weit, einen etwas schlampigen Pass zu spielen, dann fährt er die Lücke schnell zu und wirft sich mit vollem Körpereinsatz in den Schuss. Den Pucktreffer nimmt er natürlich ohne Rücksicht auf Verluste in Kauf. Die Chance ist abgewehrt. Der Bär ist bezwungen.
Den Bär bezwingen, das macht Lukas Slavetinsky schon sein ganzes Sportlerleben lang äußerst erfolgreich. Fast 20 Jahre währt seine Karriere nun schon, inzwischen ist er in seinem dritten Ravensburger Frühling angelangt. Er vermittelt den Eindruck, als könnte er sich hier und jetzt nicht wohler fühlen. Dafür spricht, dass er immer wieder zurückgekehrt ist nach Oberschwaben. Schon 2003 war er erstmals hier, da gab es die Towerstars noch gar nicht, sehr wohl aber den EV Ravensburg in der Oberliga. 54 Spiele absolvierte der Verteidiger in einer Saison, dabei erzielte er 55 Scorerpunkte. Diese Leistung führte ihn zum EHC Freiburg in die 2. Bundesliga. Nach mehreren Zwischenstationen – darunter Abstecher in die DEL zu den Hamburg Freezers und zum ERC Ingolstadt – kehrte Slavetinsky 2009 nach Ravensburg zurück. Mit den Towerstars feierte er 2011 seinen größten Erfolg, als das Team Meister der zweiten Liga wurde. Weil er sich mit dem damaligen Trainer Petri Kujala überwarf, verließ er Ravensburg noch einmal im Jahr 2014 zu den Dresdner Eislöwen. Eine Saison später war er wieder da.
Wie es scheint, kann Lukas Slavetinsky, den Mann mit dem langen, etwas wilden Haupthaar, jetzt nichts mehr von den Towerstars wegbringen. Die Ravensburger würden ihn wohl auch nicht mehr gehen lassen. Denn der 36-Jährige ist eine nahezu unersetzliche Stütze im Spiel der Towerstars. Er ist ein gefährlicher Blueliner, einer der besten Scorer der Liga unter den Defensivspielern – und eben einer, der in schöner Regelmäßigkeit den Bären bezwingt. Dabei legt er die nötige Robustheit an den Tag, die auch mal dazu führt, dass er für eine Zwei-Minuten-Strafe in der Kühlbox sitzt. Besonders in den vergangenen Wochen war nach den zahlreichen verletzungsbedingten Ausfällen sichtbar, warum erfahrene Spieler in einer Mannschaft mindestens ebenso wichtig sind wie kraftvolle Jungspunde. Slavetinsky, älter als alle seine Teamkollegen, strahlte eine Ruhe und Zuversicht aus, an der sich andere orientieren konnten.
Kraft tanken mit der Familie
Die nötige Kraft tankt Lukas Slavetinsky im familiären Bereich, mit seiner aus Ravensburg stammenden Frau und den beiden Kindern wohnt er im Eigenheim in der Region. Schöne Momente erlebt er auch, wenn er Privates und Berufliches verbindet, zum Beispiel, indem er seine Kinder nach einem Sieg mit aufs Eis nimmt, um mit ihnen gemeinsam die Stimmung zu genießen. „Das ist das Größte“, sagt Lukas Slaventinsky – und meint damit nicht nur das Erlebnis für seine Kinder.
Nicht nur in den erfolgreichen und unbeschwerten Zeiten ist die Familie der Ruhepol für den Sportler Lukas Slavetinsky. Auch wenn es mit den Towerstars mal nicht so gut läuft, verschafft ihm der private Bereich den nötigen Rückzugsort. So hat er auch das fürchterliche vergangene Jahr verarbeitet, als Trainer Toni Krinner starb und die Towerstars ihr Saisonziel weit verfehlten. Noch heute wird Slavetinsky nachdenklich, wenn er auf diese Phase angesprochen wird: „Die letzte Saison kann man sein Leben lang nicht abhaken“, ist er sich sicher. Mit der sportlichen Gegenwart der Towerstars ist Slavetinsky ganz zufrieden. Eine Prognose, was die Mannschaft in dieser Saison erreichen wird, will er nicht abgegeben. Jetzt sei erst mal der kommende Sonntag wichtig, wenn die formstarken Heilbronner nach Ravensburg kommen.
Klar ist: Sie werden in jedem Fall auf einen Bärenbezwinger treffen, der es auch mit Falken aufnimmt.