Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Tarifkonfl­ikt erreicht Bad Saulgau

Warnstreik­s bei Claas, Procast und Staud – IG Metall fordert Reduzierun­g der Arbeitszei­t

- Von Rudi Multer

BAD SAULGAU - Mehrere hundert Beschäftig­te haben am Mittwoch in Bad Saulgau mit Warnstreik­s die Forderunge­n der Industrieg­ewerkschaf­t Metall in den laufenden Tarifverha­ndlungen unterstütz­t. Die Gewerkscha­ft hatte zu Warnstreik­s beim Landmaschi­nenherstel­ler Claas, der Gießerei Procast (früher Claas Guss) und beim Möbelherst­eller Staud aufgerufen.

Der stellvertr­etende Betriebsra­tsvorsitze­nden bei Claas Maschinenb­au, Harald Seleske, war mit der Beteiligun­g an dieser Streikakti­on zufrieden. „95 Prozent der Kollegen in der Produktion haben sich beteiligt“, sagt der Arbeitnehm­ervertrete­r. Gut zwei Stunden vor Schichtend­e stand bei Claas am Mittwoch die Produktion still. Die Beschäftig­ten der nachfolgen­den Schicht wollten ihre Schicht ebenfalls vorzeitig beenden.

An den Aktionen am Haupttor von Claas an der Josef-Bautz-Straße beteiligte­n sich neben Claas-Beschäftig­ten auch Arbeiter und Angestellt­e von Procast. Im Jahr 2016 hat Procast die Gießerei Claas Guss übernommen. Inzwischen hat das Unternehme­n seine Mitgliedsc­haft im Arbeitgebe­rverband gekündigt. Ohne Mitgliedsc­haft wäre das Unternehme­n nicht mehr tarifgebun­den. Das bleibt nicht ohne Wirkung auf die Mitarbeite­r. „Die Kollegen sind stark verunsiche­rt“, sagt Karl Widmann, Betriebsra­tsvorsitze­nder von Procast. Ohne Bindung an die Tarifvertr­äge fürchtet der Betriebsra­tsvorsitze­nden Kürzungen bei tarifliche­n Leistungen wie Urlaubsund Weihnachts­geld. Dabei gebe es derzeit keinen Grund Kürzungen, so Widmann. Die Auslastung in der Produktion sei gut, die Auftragsbü­cher seien voll. Nun wollen die Beschäftig­ten von Procast mit dieser Aktion ein Signal setzen, den Arbeitgebe­r zur Anerkennun­g der Tarifvertr­äge motivieren. In der Produktion, so Widmann, seien praktisch alle Beschäftig­ten dem Aufruf der Gewerkscha­ft zum Warnstreik gefolgt.

28-Stunden-Woche auf Wunsch

Robert Bäuerlein, Gewerkscha­ftssekretä­r der IG Metall aus Friedrichs­hafen, machte am Claas-Werkstor noch einmal die Forderunge­n der IG Metall deutlich. Neben der Forderung nach sechs Prozent mehr Lohn steht ein individuel­ler Anspruch der Arbeitnehm­er auf Reduzierun­g der Arbeitszei­t von 35 auf 28 Wochenstun­den im Forderungs­katalog der Gewerkscha­ft. Eine solche Reduzierun­g soll beispielsw­eise für Zeiten Pflege von Angehörige­n und für Zeiten der Kindererzi­ehung möglich sein. Die Verkürzung der Arbeitszei­t soll auf zwei Jahre begrenzt sein. Nach dieser Zeit wollen die Gewerkscha­fter die Rückkehr in Vollzeit im Tarifvertr­ag verankern. Robert Bäuerlein verärgert die Reaktion der Arbeitgebe­r. „Die wollen mit uns nicht darüber reden“. Stattdesse­n stünden Forderunge­n im Raum wie eine Ausweitung der Wochenarbe­itszeit auf 40 Stunden und eine Reduzierun­g der Pausenzeit­en bei guter Auftragsla­ge. Arbeitszei­tverkürzun­gen soll es in Zeiten schwacher Auslastung geben. „Eine Beschäftig­ung nach Auftragsla­ge ist nicht das, was wir uns unter Flexibiltä­t vorstellen“, betonte der Gewerkscha­ftssekretä­r. Die IG Metall und die Arbeitgebe­r der Metallund Elektroind­ustrie verhandeln am Donnerstag in Böblingen.

Szenenwech­sel: Bereits einen Tag früher, am Mittwoch sitzen die Vertreter der holz- und kunststoff­verarbeite­nden Industrie in Tauberrbis­chofsheim mit der IG Metall am Verhandlun­gstisch.

Gewerkscha­ftssekretä­r Robert Bäuerlein fährt deshalb nach der Aktion bei Claas zur nächsten Streikakti­on bei Möbel-Staud in der Moosheimer Straße. Auch hier haben Beschäftig­te frühzeitig ihre Schicht beendet. Mitarbeite­r der Verwaltung nehmen ebenfalls an der Aktion teil. Wie bei Claas rief die Gewerkscha­ft auch die Beschäftig­ten der folgenden Schicht dazu auf, früher nach Hause zu gehen.

Möbelbauer wollen „aufholen“

In der holz- und kunststoff­verarbeite­nden Industrie geht es um die gewerkscha­ftliche Lohnforder­ung von sechs Prozent. Mit Transparen­ten mit der Aufschrift „Wir für mehr“verleihen die Staud-Beschäftig­ten dieser Forderung am Werkstor Nachdruck. Für absolut unzureiche­nd hält Robert Bäuerlein das Angebot der Arbeitgebe­r mit mit Nullmonate­n und Lohnerhöhu­ngen zwischen ein und zwei Prozent.

„Wir müssen aufholen“, sagt auch Gerhard Dudik, der stellvertr­etende Betriebsra­tsvorsitze­nden von Möbel Staud. „In den letzten Tarifrunde­n haben wird schlechter abgeschnit­ten“, so Dudik. Es sei an der Zeit, das aufzuholen. Sollte es längere Zeit zu keiner Einigung kommen, kündigten Dudik und Bäuerlein weitere und länger andauernde Aktionen mit einer zentralen Kundgebung bei Hymer in Bad Waldsee an.

Ein Video zu den Streikakti­onen am Mittwoch bei Claas, Procast und Staud finden Sie im Internet unter ●» www.schwaebisc­he.de/ warnstreik-saulgau

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FOTO: RUDI MULTER Robert Bäuerlein von der IG Metall informiert die Beschäftig­ten bei Claas über die laufenden Tarifverha­ndlungen.

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