Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Hundeführerschein für alle Halter könnte Abhilfe schaffen“
Mehrere Kommunen im Landkreis haben die Hundesteuer erhöht – Diskussion über Sondersteuer für Kampfhunde
KREIS RAVENSBURG - Gleich mehrere Kommunen im Landkreis Ravensburg haben kürzlich ihre Hundesteuer erhöht. Vor allem Besitzer sogenannter Kampfhunde müssen deutlich tiefer in die Tasche greifen. Viele Hundebesitzer stellen die Rechtmäßigkeit infrage. Franz Hirth, Pressesprecher des Landratsamts Ravensburg, hat im Gespräch mit Redakteurin Jasmin Amend die Hintergründe erklärt.
Was gilt in Baden-Württemberg als Kampfhund, woran wird das festgemacht und wo ist das festgeschrieben?
Der Ausdruck Kampfhund beschreibt Hunde, die aufgrund ihrer gesteigerten Aggressivität und Beißneigung als gefährlich für Mensch und Tier gelten. Hunde können aus vielerlei Gründen gefährlich werden. Zum einen spielen rassespezifische und durch Zucht herausselektierte Eigenschaften eine Rolle, andererseits vermögen besondere Haltungsbedingungen oder Ausbildungsmethoden einzelne Hunde aggressiv zu machen. Die als „Kampfhundeverordnung“bekannte Polizeiverordnung Baden-Württembergs benennt die Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier und Pitbullterrier beziehungsweise Kreuzungen mit diesen Rassen als Kampfhunde, weil die rassespezifischen Merkmale und herausgezüchteten Veranlagungen hier eine gesteigerte Angriffsneigung vermuten lassen.
Wieso müssen Kampfhundehalter eine deutlich höhere Hundesteuer zahlen?
Für den Vollzug der sogenannten Kampfhundeverordnung sind die Ortspolizeibehörden der Städte und Gemeinden verantwortlich. Durch eine höhere Hundesteuer wird nicht nur der stärkeren Verantwortung der öffentlichen Hand Rechnung getragen, damit soll insbesondere auch der damit verbundene Mehraufwand abgedeckt sein. Schließlich hat die Behörde die Unbedenklichkeit bestimmter Hunde zu prüfen, und es müssen im Bedarfsfall Wesenstests, Leinen- und Maulkorbpflicht oder ähnliche Sicherheitsmaßnahmen verfügt werden, um so den größtmöglichen Schutz der Öffentlichkeit vor gefährlichen Beißvorfällen zu garantieren.
Viele Hundehalter ärgern sich darüber, dass manche Hunde per se als „Kampfhunde“abgestempelt werden, in ihren Augen kommt es nur auf den Halter an, nicht aber auf die Rasse. Können Sie das nachvollziehen?
Jedes Bundesland kann einzelne Hunderassen definieren, die wegen ihrer Rassenzugehörigkeit als besonders gefährlich gelten. Von einer solchen Rasseliste macht derzeit neben Baden-Württemberg auch Hamburg Gebrauch. Über die Sinnhaftigkeit einer solchen Rasseliste lässt sich je nach Standpunkt durchaus streiten; dass aber von bestimmten Rassen ein erhöhtes Risiko ausgehen kann, ist wohl unbestritten. Unbestritten ist sicherlich auch, dass auch von Hunden anderer Rassen eine über das übliche Maß hinaus gehende Gefahr ausgehen kann, wenn sie entsprechend dressiert oder gehalten werden. Abhilfe könnte hier möglicherweise die Einführung eines allgemeinen Hundeführerscheins für alle Hundehalter schaffen, durch den sich beispielsweise die sachkundige Erziehung und artgerechte Haltung der Tiere besser sicherstellen ließe. Aber auch dieser Lösungsansatz würde vermutlich wieder ähnlich kontrovers diskutiert.
Im Videointerview zweifelt der stellvertretende Veterinäramtsleiter die Sinnhaftigkeit der Definition „Kampfhund“an und erklärt, wie ein Wesenstest solche Hunde von der höheren Steuer befreien kann; zu sehen auf: