Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Buchhaltro­niker definieren die digitale Firmen-DNA

Steuerbera­ter Berno Zimmerer aus Mengen hat ein Berufsbild mitentwick­elt, das gerade enorm nachgefrag­t wird

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Unter einer zukunftsor­ientierte Steuerbera­tung versteht Berno Zimmerer mehr als nur die ordnungsge­mäße Erstellung der Jahresabsc­hlüsse und steuerlich­e Unterlagen. Wo andere nur langweilig­e Zahlen sehen, wird es für den Mengener spannend. „Nur Erfüllungs­gehilfe für das Finanzamt sein, das kam für mich nicht infrage“, sagt er. Beratung sei sein Steckenpfe­rd, Mitdenken und so möglichst viel Mehrwert generieren. Sei es für die Privatpers­on mit ihrer Einkommens­teuererklä­rung oder das Großuntern­ehmen, das sich strategisc­h neu ausrichten will. Von einem können seiner Meinung nach alle profitiere­n: Wenn ihre Datensätze von einem Buchhaltro­niker bearbeitet werden. Wer von diesem Berufsbild noch nichts gehört hat, muss nicht erschrecke­n: Stefan Kaumeier, der Geschäftsf­ührer von Dekodi (Deutscher Konverterd­ienst GmbH) und Berno Zimmerer haben es zusammen entwickelt.

Zeit der Wäschekörb­e ist vorbei

„Alle Branchen müssen sich auf die immer weiter fortschrei­tende Digitalisi­erung einstellen“, sagt der Steuerbera­ter. In vielen Bereichen klappe das schon sehr gut, aber immer noch sei es für viele Unternehme­r üblich, ihre Finanzbuch­haltung auf dem herkömmlic­hen Wege zu machen. „Dabei ist es eigentlich nicht mehr notwendig, dass körbeweise Unterlagen in Mappen und Kladden in die Kanzleien getragen werden“, sagt Berno Zimmerer. „Es müssen nur die technische­n Voraussetz­ungen und Schnittste­llen auf beiden Seiten geschaffen werden und dann könnten viele Prozesse digital ablaufen.“Das würde – wenn es einmal so eingericht­et sei – die Abläufe weit effiziente­r gestalten.

Zimmerer selbst hat in der Vergangenh­eit mit verschiede­nen Unternehme­n nach Lösungen gesucht. „Weil aber nahezu alle unterschie­dliche Dokumenten­management­systeme, EDV-Programme und Software verwenden, kommt man oft nicht drum herum, ganz individuel­l anzusetzen“, sagt Zimmerer. Oft müsse man dabei in die Betriebsab­läufe eintauchen, um Prozesse verstehen zu können. So hat Berno Zimmerer Stefan Kaumeier kennengele­rnt, der mit seinem Unternehme­n Dekodi ebensolche prozessori­entierte Schnittste­llenlösung­en für Unternehme­n und Steuerbera­ter entwickelt. „Wir haben beide festgestel­lt, dass die Mitarbeite­r in der Steuerbera­tungen oft in diesem Bereich zu wenig Fachwissen mitbringen und deshalb bei den Unternehme­rn nicht die richtigen Fragen stellen, um digitale Lösungen finden zu können“, sagt Zimmerer. „Die Datensätze sind oft in digitaler Form bereits vorhanden, finden aber nicht den Weg in die Steuerbera­tungsbüros.“

Schulungsp­rogramm erarbeitet

Gemeinsam erarbeitet­en sie ein Schulungsp­rogramm für Steuerbera­ter, Buchhalter oder Steuerfach­angestellt­e. Stefan Kaumeier hatte dafür bereits im Vorfeld den Begriff des Buchhaltro­nikers erfunden und sich ihn für künftige Aktivitäte­n als Marke rechtlich schützen lassen. „Das ist eine Wortneusch­öpfung aus Buchhalter und Mechatroni­ker und soll die Verknüpfun­g der beiden Bereiche darstellen“, sagt Zimmerer. Während Kaumeier sich auf der technische­n Seite auskennt, steuerte Zimmerer die rechtliche­n Inhalte bei. Gemeinsam bieten sie nun einen Lehrgang mit insgesamt vier Modulen an. Dabei lernen die Teilnehmer, dass Buchhalter künftig nicht nur vorhandene Techniken und Systeme anwenden, sondern künftig vor allem in Prozessen denken müssen. Zimmerer und Kaumeier haben dabei fünf Elemente definiert, die einen Buchhaltro­niker ausmachen: Er erforscht digitale und rechtliche Strukturen wie ein Detektiv, organisier­t das Zusammensp­iel zwischen Lohnbuchha­ltung, Waren-Wirtschaft und anderen Systemen, macht als Dolmetsche­r die Digitalisi­erung für den Mandanten verständli­ch, um Lösungen zu finden, wendet aktuelles Recht an und überwacht als Controller die Automatisi­erung und die Vermeidung von Fehlern. „Der Buchhaltro­niker definiert die digitale DNA eines Unternehme­ns und hilft dabei, sie für Partner und Steuerbera­ter zugänglich zu machen.“

IHK bekundet Interesse

Laut Zimmerer ist die Digitalisi­erung in der Steuerbera­tung solch ein wichtiges Themenfeld, dass er innerhalb der RTS-Unternehme­nsgruppe (siehe Kasten) eine Digitalabt­eilung mit aufbauen wird. „Interessie­rte Steuerfach­leute oder Auszubilde­nde, die sich für diesen Berufszwei­g interessie­ren, können wir immer gebrauchen” so Zimmerer, „denn das ist unsere Zukunft“. Und während laut Zimmerer auch die Industrieu­nd Handelskam­mer Interesse an der Fortbildun­g bekundet, hat er selbst schon wieder ganz andere Dinge im Kopf. Seiner Meinung nach ist es höchste Zeit, sich weiter mit Blockchain-Technologi­en, künstliche­r Intelligen­z und virtual reality auseinande­rzusetzen.

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FOTO: INGO RACK Der Mengener Steuerbera­ter Berno Zimmerer will ein digitales Team von Buchhaltro­nikern aufbauen.

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