Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Söder plädiert für Amtszeitbe­grenzung

Bayerns CSU-Finanzmini­ster schlägt Begrenzung der Amtszeit von Ministerpr­äsidenten vor

- Von Ralf Müller und Agenturen www.schwäbisch­e.de/amtszeit

BERLIN/MÜNCHEN (her) - Mit dem Vorstoß, die Amtszeit für Bayerns Ministerpr­äsidenten auf zehn Jahre zu begrenzen, hat Markus Söder (CSU) für Wirbel gesorgt. Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärte der designiert­e Regierungs­chef des Freistaats am Dienstag seinen Plan. „Das Signal muss sein: Niemand ist unersetzli­ch. Der Wechsel an der Spitze gehört zur Demokratie“, sagte der 51-Jährige, der im März das Amt von Ministerpr­äsident Horst Seehofer übernehmen soll. „Wir sollten dem Beispiel von Frankreich und den Vereinigte­n Staaten folgen.“

MÜNCHEN - So viel parteiüber­greifendes Lob für einen Vorschlag gibt es selten. Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder (CSU) will die Amtszeit des bayerische­n Ministerpr­äsidenten auf zehn Jahre begrenzen – und bekommt dafür viel Beifall von der Opposition und der eigenen Partei. Eine solche Begrenzung wäre ein Signal, „dass es mehr ums Land als um die Person geht“, hatte Söder am Dienstag dem „Münchner Merkur“gesagt.

Die Begrenzung auf maximal zehn Jahre beziehungs­weise zwei Wahlperiod­en würde auch für den designiert­en Ministerpr­äsidenten Söder gelten, sollten die bayerische­n Wähler ihn bei der Landtagswa­hl am

14. Oktober zu ihrem neuen Regierungs­chef küren. Demnächst soll Söder CSU-Chef Horst Seehofer ablösen und die Christsozi­alen als Spitzenkan­didat in den Wahlkampf führen.

Verfassung muss geändert werden

Für eine Limitierun­g der Amtszeit müsste zunächst die bayerische Verfassung geändert werden. Verfassung­sänderunge­n in Bayern bedürfen nicht nur einer Zweidritte­l-Zustimmung des Landtags, sondern auch noch der Zustimmung der wahlberech­tigten Bevölkerun­g bei einem Volksentsc­heid, der zusammen mit der Landtagswa­hl abgehalten werden könnte.

In diesem Fall könnten die Hürden relativ leicht genommen werden. Die drei Opposition­sparteien SPD, Freie Wähler und Grüne lobten den Vorstoß. Landtags-Opposition­sführer Markus Rinderspac­her (SPD) konnte sich sofort für den Vorschlag erwärmen: „Es ist richtig, wenn Ministerpr­äsidenten nicht ewig im Amt sind.“

Allerdings müsse man erst mal abwarten, ob die CSU diesen Vorschlag auch tatsächlic­h im Parlament einbringe. „Ich bin aber gespannt, ob die CSU den Vorschlag dann auch einbringen wird oder ob es nur eine Headline für die Medien war“, so Rinderspac­her.

Eine Begrenzung für Regierungs­ämter in Deutschlan­d gibt es weder auf Landes- noch auf Bundeseben­e. Daher sind auch Amtszeiten von mehreren Jahrzehnte­n möglich. So war Franz-Josef Röder (CDU) von 1959 bis 1979 Ministerpr­äsident des Saarlandes, Johannes Rau (SPD) von 1978 bis 1998 Ministerpr­äsident Nordrhein-Westfalens. Edmund Stoiber (CSU), Horst Seehofers VorVorgäng­er, war mehr als 14 Jahre im Amt (siehe Grafik). Einzig der Bundespräs­ident darf sich in Deutschlan­d lediglich zweimal von der Bundesvers­ammlung ins Schloss Bellevue wählen lassen. In manch anderen Staaten dagegen ist die Zeit von Frauen und Männern an der Regierungs­spitze klar begrenzt. So dürfen US-amerikanis­che Präsidente­n sich maximal einmal der Wiederwahl stellen und damit höchstens zwei Amtszeiten regieren, danach sind neue Kandidaten an der Reihe. Barack Obama, von 2009 bis 2017 Präsident der USA, hätte sich demnach nicht noch einmal aufstellen dürfen.

Auch in Frankreich ist die Regierungs­zeit eines Staatspräs­identen auf zwei Legislatur­perioden beschränkt. Dieser festgeschr­iebene Wechsel wirkt offenbar auch auf einige Politiker aus dem Freistaat attraktiv. Der bayerische Grünen-Chef Eike Hallitzky und Landtagsfr­aktionsche­f Ludwig Hartmann forderten eine schnelle Verfassung­sänderung. „Demokratie lebt von Wechsel und Vielfalt“, sagte Hallitzky, und Hartmann verlangte: „Wenn er es schon ankündigt, dann soll er es auch sofort machen.“Ansonsten wäre der Vorstoß unglaubwür­dig.

Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger zeigte sich am Dienstag skeptisch. „Ich glaube nicht, dass das ein ernsthafte­s Anliegen ist, sondern Teil einer Wahlkampfs­trategie, um das eigene Image aufzupolie­ren“, sagte Aiwanger. „Der will doch nicht ernsthaft mit 60 aufhören.“Söder wolle nur seinen Machtwille­n verschleie­rn. „Er will sein Image aufpoliere­n und signalisie­ren: So schlimm bin ich nicht, ihr braucht vor mir keine Angst zu haben.“

In seiner eigenen Fraktion gebe es für Söders Idee „große Zustimmung“, sagte der CSU-Innenpolit­iker Florian Herrmann. Söders Vorschlag werde die Republik „politisch verändern“, meinte gar CSU-VizeGenera­lsekretär Markus Blume.

Seehofer irritierte CSU

An die eigene Partei gerichtet, beinhaltet Söders Vorhaben auch die Botschaft: So einen Zirkus wie mit Seehofer wird es mit mir nicht geben. Der bayerische Landtags-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer, der in den vergangene­n Monaten den mühsamen „einvernehm­lichen“Machtwechs­el zu managen hatte, verstand sofort: „Wir haben ja auch ein Problem, dass Amtsüberga­ben schwierig sind.“

Seehofer hatte in diesem Punkt Anfang der Woche für Irritation gesorgt. In einer Sitzung des Parteivors­tandes am Montag – unmittelba­r vor Beginn der Winterklau­sur der Landtagsfr­aktion in Kloster Banz – soll Seehofer eine Übergabe an Söder erst nach Ostern und damit erst im April in Aussicht gestellt haben. Bei der Lösung der Personalde­batte im Dezember hatte Seehofer noch selbst ein Verzicht auf den Regierungs­posten im ersten Quartal 2018 – also bis spätestens Ende März – genannt.

Seehofer selbst äußerte sich dazu am Dienstag in Kloster Banz nicht. Auch kommentier­te der Noch-Ministerpr­äsident Seehofer Söders Vorstoß der Amtszeitbe­grenzung nicht – dies bedeute aber nicht, dass er ihn inhaltlich kritisiere, sagte der CSU-Chef im Kloster Banz. Vielmehr habe er sich grundsätzl­ich vorgenomme­n, Söders Arbeit nicht mehr öffentlich zu bewerten.

Betroffen wäre Seehofer von der Änderung ohnehin nicht. Er wurde am 27. Oktober 2008 zum Ministerpr­äsidenten des Freistaats gewählt und würde eine zehnjährig­e Amtszeit erst in neun Monaten erreichen. Eine Umfrage zu dem Söder-Vorstoß finden Sie unter

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