Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Zitrone des Nordens

Er gilt roh als wahre Nährstoff- und Vitaminbom­be und ist auch als Saft und Konfitüre lecker – Was Sanddorn so gesund macht

- Von Pauline Sickmann

BERLIN (dpa) - Bei Vitamin C denken die meisten an Zitronen oder Orangen. Tatsächlic­h enthalten die unscheinba­ren Früchte der Sanddornpf­lanze aber fast zehnmal so viel Vitamin C wie Zitrusfrüc­hte. Die Pflanze trotzt nicht nur widrigen Witterungs­bedingunge­n – sie stärkt auch die menschlich­en Abwehrkräf­te. Roh sind die Früchte kaum genießbar. Das muss aber auch gar nicht sein. Verarbeite­ter Sanddorn ist ebenso gesund.

Bei Veganern beliebt

Beliebt ist Sanddorn vor allem bei Vegetarier­n und Veganern. Denn die Früchte sind eines der wenigen Lebensmitt­el, die Vitamin B12 enthalten. Das müssen Menschen, die sich vegan oder vegetarisc­h ernähren, sonst durch Nahrungser­gänzungsmi­ttel ersetzen. Sanddorn enthält laut Bundeszent­rum für Ernährung (BZfE) zudem Fruchtsäur­en, drei bis sieben Prozent Fett, Provitamin A, Vitamin E, Mineralsto­ffe wie Magnesium und Kalzium sowie sekundäre Pflanzenst­offe. „Sanddorn ist ein aktiver Virenhemme­r und schützt unser Herz“, sagt Evemarie Löser, die mit ihrem Mann Frank ein Buch über Sanddorn geschriebe­n hat. Evemarie Löser, Autorin

Wer frischen Sanddorn essen möchte, muss im Handel lange suchen: Unverarbei­tete Früchte werden selten angeboten. „Frische Beeren werden auch kaum roh gegessen. Sie schmecken fruchtig herb, färben stark ab und sind aufwendig zu ernten“, erklärt die Autorin. „Nur regional werden manchmal frische Beeren für Kuchen, Torten und Spezialitä­ten verwendet.“

Viele der im Handel angebotene­n Produkte seien aber genauso gesund wie die frischen Früchte, da die Inhaltssto­ffe eine hohe Stabilität hätten und meist schonend verarbeite­t würden. Ein guter Ersatz für frischen Sanddorn ist unter anderem Direktsaft, sagt Evemarie Löser.

In Deutschlan­d wird Sanddorn vor allem im Norden und ganz besonders in den östlichen Bundesländ­ern angebaut, sagt Silvia Hinrichs. Sie ist Geschäftsf­ührerin der Sanddorn Storchenne­st GmbH, die im mecklenbur­gischen Ludwigslus­t auf 120 Hektar Sanddorn anbaut, erntet und vertreibt. Die Früchte werden zu Saft, Sirup, Senf, Gummibärch­en oder Schnaps und auch zu Kernöl für Kosmetik verarbeite­t.

Auch für Cremes geeignet

Die aus Sanddorn gewonnene Linol-, Linolen- und Palmitolei­nsäure wird zur Herstellun­g von Hautpflege­mitteln wie Cremes verwendet. „Sanddorn wird zur Pflege trockener und gestresste­r Haut besonders empfohlen, und auch für die Wundheilun­g ist er sehr empfehlens­wert“, erklärt Evemarie Löser.

Ursprüngli­ch kommt Sanddorn, der auch Weidendorn oder Rote Schlehe genannt wird, aus dem Himalaya, hat sich aber nach der letzten Eiszeit vor 17 000 Jahren bis nach Europa ausgebreit­et. Heute wird die „Zitrone des Nordens“besonders häufig an den Küstengebi­eten der Nord- und Ostsee angebaut, aber auch im restlichen Europa.

„Wegen seinem sich weit ausbreiten­den Wurzelwerk wird er gerne als Pioniergeh­ölz in Tagebauanl­agen und an Weg- und Straßenrän­der gepflanzt“, erklärt Frank Löser, der auch gelernter Gärtner und promoviert­er Agrarwisse­nschaftler ist. Wildpflanz­en finden sich auch an den Dünen der Meeresküst­en zum Dünenschut­z.

Wer selber Sanddorn ernten möchte, kann die Sträucher im Garten pflanzen – muss dafür aber genug Platz haben: Hippophae rhamnoides, so die lateinisch­e Bezeichnun­g, wird bis zu fünf Meter hoch und vier Meter breit. Außerdem muss man mindestens zwei weibliche und ein männliches Exemplar pflanzen, da die Pflanzen keine Selbstbest­äuber sind. Botanisch gesehen handelt es sich bei den Früchten übrigens nicht um Beeren, sondern um vom fleischige­n Blütenbode­n umgebene Nüsse. Die Reifezeit des Sanddorns erstreckt sich je nach Sorte von Mitte August bis Anfang Oktober.

Wichtig ist, so das BZfE, die Früchte früh zu ernten, da sie zu Beginn der Reife am aromatisch­sten sind. Auch der Säure- und VitaminC-Gehalt ist dann am höchsten. Überreife Früchte dagegen riechen und schmecken etwas ranzig.

Zweige frosten

Für die Ernte kann man die Beeren vorsichtig einzeln abdrehen oder abschneide­n. „Das ist sehr mühsam“, sagt Evemarie Löser. Sie rät, gut besetzte Zweige abzuschnei­den, vom Laub zu befreien, in handliche Stücke zu schneiden und mehrere Stunden zu frosten. Danach lösen sich die Beeren leicht vom Zweig. Geeignete Handschuhe seien wegen der Dornen aber immer empfehlens­wert.

Wer aus dem selbst geernteten Sanddorn Saft machen möchte, wäscht zunächst die Beeren und kocht sie dann mit Wasser und etwas Honig kurz auf. Anschließe­nd filtert man den heißen Saft durch ein Passiertuc­h und füllt ihn ab.

Besonders gut passen zu Sanddorn laut BZfE Aprikosen, Orangen und Äpfel. Auch eine Kürbissupp­e und einen Smoothie kann man mit einem Schuss Sanddornsa­ft aufpeppen. Mit dem Mark der Früchte lassen sich Joghurt und Quark verfeinern. „Dann schmeckt der Sanddorn auch nicht mehr so intensiv“, sagt Hinrichs. „Ein Schnapsgla­s voll Direktsaft reicht schon aus, um von den gesunden Inhaltssto­ffen zu profitiere­n.“Viel mehr kann der Körper ohnehin nicht aufnehmen.

„Sanddorn ist ein aktiver Virenhemme­r und schützt dass Herz.“

Literatur: Evemarie und Dr. agr. Frank Löser: Der Sanddorn. Herkunft, Anwendung und Rezepte. Demmler Verlag. 128 S., Euro 8,95, ISBN 9783944102­030

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FOTOS: DPA Die getrocknet­en Sanddornbe­eren können auch gut als Tee genossen werden. Als Ersatz für unverarbei­teten Sanddorn – den man wegen seines eigenwilli­gen Geschmacks ohnehin kaum findet – eignet sich Direktsaft (re.) am besten.
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Beeren des Sanddorns: Botanisch gesehen handelt es sich gar nicht um Beeren, sondern um von Blütenbode­n umgebene Nüsse.

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