Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Wir ZFler“werfen IG Metall „Verrat“vor
Flugblatt sorgt für erneute Unruhe im Friedrichshafener Stiftungskonzern – ZF behält sich rechtliche Schritte vor
● FRIEDRICHSHAFEN - Ein Flugblatt der Betriebsratsfraktion „Wir ZFler“sorgt für Stunk. Darin wird der IG Metall „Verrat“vorgeworfen und ein Zusammenhang zwischen steigenden Vorstandsbezügen und der Vereinbarung zur Standortsicherung hergestellt. Betriebsratschef Achim Dietrich nennt den Vorwurf „Quatsch“, ZF mahnt zur Fairness und prüft rechtliche Schritte.
„IG Metaller im ZF-Aufsichtsrat verdoppeln Vorstandsgehälter“– so ist das Flugblatt überschreiben, das offenbar vor allem per Email an ZFMitarbeiter verteilt worden ist. Darin wird der starke Anstieg der Vorstandsvergütung im Jahr 2016 kritisiert und behauptet, dass die „IG Metall-Aufsichtsräte geschlossen für diese dreiste Verdoppelung gestimmt haben“. Zudem werfen die „Wir ZFler“den Verantwortlichen zumindest indirekt vor, die im Zuge der Standortsicherung 2016 vereinbarten Lohneinbußen seien zur Finanzierung der verbesserten Vorstandsbezüge verwendet worden.
Vorstandskosten: 28,4 Millionen
Unstrittig ist, dass die Kosten für die Vergütung des Vorstands im Jahr 2016 auf 28,4 Millionen Euro gestiegen sind. 2015 lagen sie bei 14,1 Millionen, nicht einmal die Hälfte. Für diesen rasanten Anstieg gibt’s offenbar mehrere Gründe. Ganz wesentlich sei die Bildung von Rückstellungen für zukünftige erfolgsabhängige Ausschüttungen gewesen, die aber nur ausgezahlt würden, wenn ZF wirtschaftlich erfolgreich sei, sagt ein ZFSprecher auf Anfrage. Dann sei das Jahr 2016 für den Konzern besser gelaufen als erwartet, was zu einem Anstieg erfolgsabhängiger Vergütungsbestandteile der Vorstände geführt habe. Schließlich sei ein Teil der variablen Bezahlung der Unternehmenslenker von jährlicher auf mehrjährige Betrachtung umgestellt worden. Dieser vor einigen Jahren vollzogene Schritt habe 2016 erstmals spürbare Folgen gehabt, also Auszahlungen beinhaltet, die für mehrere Jahre fällig geworden sind. „Von einer Verdopplung der Gehälter kann keine Rede sein“, sagt der Sprecher der „Schwäbischen Zeitung“.
„Kompletter Quatsch“
Betriebsratschef Achim Dietrich (IG Metall) sagt zum Inhalt des Flugblatts: „Kompletter Quatsch.“Eine Abstimmung über die Verdoppelung der Gehälter habe es nie gegeben, sagt er. Auch im Wahlkampf „sollte man sachlich bleiben“. Darüber hinaus wolle er das Flugblatt nicht öffentlich kommentieren. Hintergrund des Flugblatts ist die am Dienstag und Mittwoch stattfindende Wahl von Delegierten, die die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat neu bestimmen. Bisher sind die, wie an den meisten ZF-Standorten, analog zum Ergebnis der letzten Betriebsratswahl bestimmt worden. Dies sei diesmal von den beiden anderen Gruppen im Betriebsrat, „Wir ZFler“und CGM, abgelehnt worden, sagt Dietrich. Stimmt nicht, entgegnen die „Wir ZFler“. Ihnen sei kein Angebot unterbreitet worden, die Delegierten wie früher über eine sogenannte Friedenswahl zu bestimmen.
Auch mit Blick auf die Betriebsratswahlen im März fordert die Konzernspitze „alle Arbeitnehmervertreter zu einem fairen und faktenorientierten Wahlkampf auf, der die Arbeitnehmerinteressen ernst nimmt“. Man behalte es sich vor, gegen falsche Aussagen, die sich gegen das Unternehmen oder dessen Vertreter richten, rechtliche Schritte einzuleiten, sagt der ZF-Sprecher.
„David gegen Goliath“
In einer internen Mitteilung des Konzerns ist mit Blick auf das Flugblatt von „persönlichen Angriffen“und „falschen Behauptungen“die Rede, deren Verbreitung über das ZF-Intranet verboten sei. Letzteres zeige, so die „Wir ZFler“, dass der Arbeitgeber „seine gebotene Neutralität nicht einhält“, sondern „Stimmung gegen eine Gruppierung“mache. Man befinde sich im Kampf „David gegen Goliath“und wolle verhindern, dass alle Arbeitnehmersitze im Aufsichtsrat der IG Metall zufallen, denn dies schade „der innerbetrieblichen Demokratie“.
Achim Dietrich sagt, dass bis zur Betriebsratswahl im März „noch ein paar solcher Sachen aufpoppen werden. Bei der Belegschaft kommt sowas aber gar nicht gut an.“