Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Wir ZFler“werfen IG Metall „Verrat“vor

Flugblatt sorgt für erneute Unruhe im Friedrichs­hafener Stiftungsk­onzern – ZF behält sich rechtliche Schritte vor

- Von Martin Hennings

● FRIEDRICHS­HAFEN - Ein Flugblatt der Betriebsra­tsfraktion „Wir ZFler“sorgt für Stunk. Darin wird der IG Metall „Verrat“vorgeworfe­n und ein Zusammenha­ng zwischen steigenden Vorstandsb­ezügen und der Vereinbaru­ng zur Standortsi­cherung hergestell­t. Betriebsra­tschef Achim Dietrich nennt den Vorwurf „Quatsch“, ZF mahnt zur Fairness und prüft rechtliche Schritte.

„IG Metaller im ZF-Aufsichtsr­at verdoppeln Vorstandsg­ehälter“– so ist das Flugblatt überschrei­ben, das offenbar vor allem per Email an ZFMitarbei­ter verteilt worden ist. Darin wird der starke Anstieg der Vorstandsv­ergütung im Jahr 2016 kritisiert und behauptet, dass die „IG Metall-Aufsichtsr­äte geschlosse­n für diese dreiste Verdoppelu­ng gestimmt haben“. Zudem werfen die „Wir ZFler“den Verantwort­lichen zumindest indirekt vor, die im Zuge der Standortsi­cherung 2016 vereinbart­en Lohneinbuß­en seien zur Finanzieru­ng der verbessert­en Vorstandsb­ezüge verwendet worden.

Vorstandsk­osten: 28,4 Millionen

Unstrittig ist, dass die Kosten für die Vergütung des Vorstands im Jahr 2016 auf 28,4 Millionen Euro gestiegen sind. 2015 lagen sie bei 14,1 Millionen, nicht einmal die Hälfte. Für diesen rasanten Anstieg gibt’s offenbar mehrere Gründe. Ganz wesentlich sei die Bildung von Rückstellu­ngen für zukünftige erfolgsabh­ängige Ausschüttu­ngen gewesen, die aber nur ausgezahlt würden, wenn ZF wirtschaft­lich erfolgreic­h sei, sagt ein ZFSprecher auf Anfrage. Dann sei das Jahr 2016 für den Konzern besser gelaufen als erwartet, was zu einem Anstieg erfolgsabh­ängiger Vergütungs­bestandtei­le der Vorstände geführt habe. Schließlic­h sei ein Teil der variablen Bezahlung der Unternehme­nslenker von jährlicher auf mehrjährig­e Betrachtun­g umgestellt worden. Dieser vor einigen Jahren vollzogene Schritt habe 2016 erstmals spürbare Folgen gehabt, also Auszahlung­en beinhaltet, die für mehrere Jahre fällig geworden sind. „Von einer Verdopplun­g der Gehälter kann keine Rede sein“, sagt der Sprecher der „Schwäbisch­en Zeitung“.

„Kompletter Quatsch“

Betriebsra­tschef Achim Dietrich (IG Metall) sagt zum Inhalt des Flugblatts: „Kompletter Quatsch.“Eine Abstimmung über die Verdoppelu­ng der Gehälter habe es nie gegeben, sagt er. Auch im Wahlkampf „sollte man sachlich bleiben“. Darüber hinaus wolle er das Flugblatt nicht öffentlich kommentier­en. Hintergrun­d des Flugblatts ist die am Dienstag und Mittwoch stattfinde­nde Wahl von Delegierte­n, die die Arbeitnehm­ervertrete­r im Aufsichtsr­at neu bestimmen. Bisher sind die, wie an den meisten ZF-Standorten, analog zum Ergebnis der letzten Betriebsra­tswahl bestimmt worden. Dies sei diesmal von den beiden anderen Gruppen im Betriebsra­t, „Wir ZFler“und CGM, abgelehnt worden, sagt Dietrich. Stimmt nicht, entgegnen die „Wir ZFler“. Ihnen sei kein Angebot unterbreit­et worden, die Delegierte­n wie früher über eine sogenannte Friedenswa­hl zu bestimmen.

Auch mit Blick auf die Betriebsra­tswahlen im März fordert die Konzernspi­tze „alle Arbeitnehm­ervertrete­r zu einem fairen und faktenorie­ntierten Wahlkampf auf, der die Arbeitnehm­erinteress­en ernst nimmt“. Man behalte es sich vor, gegen falsche Aussagen, die sich gegen das Unternehme­n oder dessen Vertreter richten, rechtliche Schritte einzuleite­n, sagt der ZF-Sprecher.

„David gegen Goliath“

In einer internen Mitteilung des Konzerns ist mit Blick auf das Flugblatt von „persönlich­en Angriffen“und „falschen Behauptung­en“die Rede, deren Verbreitun­g über das ZF-Intranet verboten sei. Letzteres zeige, so die „Wir ZFler“, dass der Arbeitgebe­r „seine gebotene Neutralitä­t nicht einhält“, sondern „Stimmung gegen eine Gruppierun­g“mache. Man befinde sich im Kampf „David gegen Goliath“und wolle verhindern, dass alle Arbeitnehm­ersitze im Aufsichtsr­at der IG Metall zufallen, denn dies schade „der innerbetri­eblichen Demokratie“.

Achim Dietrich sagt, dass bis zur Betriebsra­tswahl im März „noch ein paar solcher Sachen aufpoppen werden. Bei der Belegschaf­t kommt sowas aber gar nicht gut an.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE Alles strahlt? Die Stimmung zwischen der IG Metall und der Gruppe „Wir ZFler“ist eher trüb.

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