Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Meisterkurs neben dem Schichtdienst
das steht in den Plänen, die neben ihm auf dem Tisch liegen. Nach der Überprüfung entscheidet Krawielicki, ob die Turbinenscheibe weiter verwendet oder repariert werden kann oder ob sie ersetzt werden muss. Ein anderes Bauteil, das er überprüft, ist der sogenannte Schaft, die Verbindung zwischen den Rotationssystemen der Turbinen. Ob deren Maße noch in den Toleranzen liegt, überprüft er an einer 3-D-Messmaschine und vergleicht anschließend Soll- und IstMaße. Turbinenscheibe und Schaft kosten neu jeweils mehrere Hunderttausend Euro, daher lohnt sich der Prüfaufwand. Teuer macht die Produkte deren komplizierte Herstellung. „Es sind hauptsächlich Metallteile, die wir prüfen, weniger Plastik, Gummi oder Carbondichtungen“, sagt er. Sehen, fühlen und messen: so wird befundet.
Technisches Englisch müssen Beschäftigte im technischen Service von Triebwerken beherrschen, sie brauchen eine Metallausbildung und müssen die Zusammenhänge von Bauteilen verstehen, um sie beurteilen zu können. „Auch Resistenz gegen Stress ist wichtig“, sagt Krawielicki. Wenn ein Flugzeug einen Tag am Boden steht, kostet das die Airline Tausende von Euro. Fluggerätemechaniker brauchen Sinn für Ordnung und Regeln, um alle Arbeiten absolut zuverlässig auszuführen. Ein Triebwerk komplett zu zerlegen und zu warten dauert etwa 35 Tage und kostet die Airline mehrere Millionen Euro. Die großen Service-Zyklen werden etwa alle fünf bis sieben Jahre durchgeführt. Kleinere viel häufiger. MTU macht beide. Krawielicki ist parallel zu seiner Arbeit als Befunder drei Jahre lang berufsbegleitend zur Schule gegangen, um den Industriemeister Metall machen. Der Unterricht fand Freitagabend und samstags statt. Weil er im Schichtdienst arbeitete, konnte er in der Spätschicht freitags mit Kollegen tauschen. „So unterstützte mich die MTU organisatorisch, und sie beteiligte sich finanziell an meinem Aufwand für die Meisterschule“, sagt er. Rund 6000 Euro sind insgesamt dafür angefallen – und das in einer Zeit, in der er ein Haus gebaut hat und die Familie Nachwuchs bekam. „Das war schon eine recht intensive Zeit, die meine organisatorischen Fähigkeiten enorm geschult hat.“Beruflich brachte sie ihm den Aufstieg. 2015 war er Meister und bekam von MTU auch gleich eine adäquate Stelle. „Jetzt koordiniere ich den Bereich Befund, in dem entschieden wird, ob Teile Schrott sind oder weiter fliegen dürfen und ich mache die Kapazitätsplanung für meine Mitarbeiter.“Rund 70 sind es, Tendenz steigend. Denn die Zahl der Passagiere steigt seit Jahren. Damit steigt auch der Bedarf an Triebwerksinstandsetzungen und entsprechenden Spezialisten.