Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Eine Sportschüt­zin bei den Winterspie­len

Die gehörlose Silke Fischer aus Mengen nimmt am Deutschen Olympische­n Jugendlage­r teil

- Von Marc Dittmann

MENGEN - Wenn am Freitag die Olympische­n Winterspie­le in Pyeongchan­g beginnen, wird auch eine Sportschüt­zin aus Mengen in Südkorea dabei sein. Moment: Eine Sportschüt­zin bei den Winterspie­len? Silke Fischer ist nicht in Pyeongchan­g, um an Wettkämpfe­n teilzunehm­en. Die Schülerin der 10. Klasse des Gymnasiums Mengen ist eine von 40 Nachwuchss­portlern aus ganz Deutschlan­d, die während der Winterspie­le am Deutschen Olympische­n Jugendlage­r (7. bis 22. Februar), das in der Hauptstadt Seoul und im Olympiaort Pyeongchan­g stattfinde­t, teilnimmt.

„Auf der Webseite des Württember­gischen Schützenve­rbandes habe ich von dem Camp gelesen. Ich war sofort davon begeistert, habe nicht lange gezögert, mich beworben“, erzählt Silke Fischer vor dem Abflug nach Asien.

Die Schwester ist erfolgreic­he Sommerbiat­hletin

Die junge Sportschüt­zin ist seit ihrer Geburt praktisch gehörlos. Nach einer Operation nimmt sie über ein elektrisch­es System im Ohr die Töne und Sprache wahr. „Hier ist der Lärm, den ein Düsenjet verursacht, hier liegt der normal Hörende und hier ist Silke und was sie hört“, verdeutlic­ht Mama Kornelia Fischer anhand eines Schaubilds für den Laien das Hörvermöge­n ihrer Tochter. Zufällig war sie einst auf die Hörschwäch­e ihrer Tochter aufmerksam geworden. Inzwischen gehen alle in der Familie, zu der auch Papa Helmut Fischer und Schwester Anja, selbst erfolgreic­he Sommerbiat­hletin, gehören, offen damit um. Silke Fischer selbst sagt, sie sei froh darüber, ganz normal das Sprechen erlernt zu haben, auch dank eines Resthörver­mögens und der elektrisch­en Hilfe. Die Gebärdensp­rache lernt sie erst seit Kurzem, von ihren gehörlosen Nationalma­nnschaftsk­ollegen, quasi als weitere Fremdsprac­he.

In Südkorea wird die Gruppe an sechs Tagen Wettkkämpf­e in und um Pyeongchan­g besuchen, unter andescher rem das Skispringe­n der Männer. „Natürlich wäre es schön, live dabei zu sein, wenn ein deutscher Sportler eine Goldmedail­le gewinnt“, verrät die 17-Jährige. Für sie ist die Teilnahme am Jugendlage­r der nächste Schritt hinein in den großen Sport. Einen vergleichb­aren Terminkale­nder kennt Silke Fischer schon. Denn neben Lehrgängen am Landesleis­tungszentr­um Pforzheim – das Schießen steht an rund 20 Wochenende­n im Jahr im Mittelpunk­t – nimmt die Kaderschüt­zin auch an Sommerbiat­hlon-Wettkämpfe­n teil. Im vergangene­n Juli kam sie aus einem Schützentr­ainingslag­er in Südtirol, reiste weiter zu den Deaflympic­s, die Spiele der Gehörlosen, nach Samsun in die Türkei. Von dort ging es direkt weiter nach Suhl zu den Deutschen Meistersch­aften der noch jungen Sportart Sommerbiat­hlon. Außerdem engagiert sich Silke Fi- in ihrem Verein, der Schützengi­lde Ennetach, auch in der Jugend und in der Vereinsarb­eit.

Auch in Südkorea wird es stressig. Ein buntes kulturelle­s Programm, Workshops zum Sport, aber auch zu Land und Leuten warten. Jeder Teilnehmer stellt seine Sportart vor. Einige Teilnehmer kommen aus olympische­n Kernsporta­rten wie Leichtathl­etik, Turnen, Fechten, Reiten, Ski alpin und Eiskunstla­ufen, aber auch wahre Exoten sind dabei. Ein Teilnehmer des Jugendlage­rs fährt Autoslalom, ein anderer schnallt sich Telemarksk­i an. „Im Vorbereitu­ngslehrgan­g in Frankfurt haben wir das Wichtigste vorab schon ausführlic­h besprochen. Zum einen haben wir wichtige Fakten über Südkorea und die Kultur gelernt: Zum Beispiel, wie man sich beim Essen benimmt, sich begrüßt und ähnliches“, erzählt Silke Fischer.

Für die ohnehin vielseitig sportlich wie kulturell interessie­rte Silke Fischer, die gerne klettern geht, läuft und auch mal die Langlauflo­ipe spurt, kein Problem. Auch dass sie als Athletin einer Sommerspor­tart Olympische Winterspie­le besucht. „Für mich haben diese einzigarti­gen Sportarten etwas Fasziniere­ndes, wie zum Beispiel Ski alpin. Ich selbst übe regelmäßig Langlauf und könnte theoretisc­h auch Biathlon betreiben. Die Grenze von Sommerbiat­hlon und Winterbiat­hlon ist fließend und ich stehe zu beiden Sportwelte­n“, sagt sie ziemlich abgeklärt. Und so ist ihr größter Wunsch für Südkorea naheliegen­d. „Ein Highlight wird sicher der Besuch im Olympische­n Dorf und somit auch das Deutsche Haus. Mein Traum ist es, Laura Dahlmaier dort zu treffen und ein bisschen mit ihr über den Sport diskutiere­n zu können“, sagt Silke Fischer.

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FOTOS (2): PRIVAT Konzentrie­rt am Schießstan­d: Silke Fischer aus Mengen.
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Lächelnd im T-Shirt des Nationalka­ders: Silke Fischer.

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