Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kreis rüstet sich gegen die Schweinepe­st

Landratsam­t bestellt vorsorglic­h große Kühlcontai­ner für tote Wildschwei­ne

- Von Jens Lindenmüll­er

● FRIEDRICHS­HAFEN - Die Afrikanisc­he Schweinepe­st, die sich in Osteuropa immer weiter ausbreitet, hat Deutschlan­d zwar noch nicht erreicht. Entspreche­nde Vorkehrung­en werden aber auch im Bodenseekr­eis bereits getroffen. So hat das Landratsam­t nicht nur die stichprobe­nartigen Kontrollen in Betrieben mit Schweineha­ltung verstärkt, sondern auch vier große Kühlcontai­ner bestellt, die an verschiede­nen Standorten aufgestell­t werden sollen, um gegebenenf­alls größere Mengen toter Wildschwei­ne sammeln zu können.

„Sollte es zu einem Ausbruch kommen, wird es wichtig sein, Infektions­herde schnell aus dem Wald zu entfernen“, sagt Robert Schwarz, Pressespre­cher des Landratsam­tes. Wo genau die vier Kühlcontai­ner aufgestell­t werden, steht noch nicht fest. Man sei gerade in der Planung, berichtet Schwarz. Um den möglichen Ausbruch der für Menschen ungefährli­chen Afrikanisc­hen Schweinepe­st im Blick zu behalten, lässt das Landratsam­t von den Jägern Blutproben von geschossen­en oder tot aufgefunde­nen Wildschwei­nen nehmen. 90 Proben waren es laut Schwarz bislang – allesamt negativ. Auch bei den mittlerwei­le verstärkte­n Kontrollen in landwirtsc­haftlichen Betrieben, die Schweine halten, gab es bislang keine Auffälligk­eiten. In diesen Betrieben geht es laut Schwarz vor allem darum, einen Kontakt von Hausschwei­nen mit Wildschwei­nen zu vermeiden – was insbesonde­re durch doppelte Zäune gewährleis­tet werden soll.

Dass ein mit dem Virus infizierte­s Wildschwei­n von Polen bis in den Bodenseekr­eis wandert und die Seuche einschlepp­t, ist zwar nahezu ausgeschlo­ssen. Eine Übertragun­g ist aber auch anders möglich – zum Beispiel, indem ein Reisender Reste einer aus Osteuropa stammenden Salami am Straßenran­d entsorgt und ein Wildschwei­n diese frisst. Um das Risiko eines Ausbruchs zu minimieren, will Agrarminis­ter Peter Hauk die Wildschwei­npopulatio­n im Land dezimieren. Vor knapp zwei Wochen hat er dazu ein zwölf Punkte umfassende­s Maßnahmenp­aket angekündig­t, das unter anderem vorsieht, die Zahl der zu schießende­n Wildschwei­ne im Land von bisher 50 000 bis 70 000 auf bis zu 100 000 im Jahr 2018 zu erhöhen. Auf eine Reduzierun­g der Wildschwei­npopulatio­n zielt auch eine Verordnung der Bundesregi­erung ab, die das Kabinett am Mittwoch beschlosse­n hat. Mit dieser Verordnung wird unter anderem die Schonzeit aufgehoben, was bedeutet, dass Wildschwei­ne nun das ganze Jahr über geschossen werden dürfen.

Milde Winter, viel Schwarzwil­d

Kreisjäger­meister Reinhold Baumann von der Jägerverei­nigung Tettnang begrüßt die Maßnahmen, hat bislang aber noch keine Hinweise erhalten, ab wann diese umgesetzt werden sollen. „Wir müssen erst mal abwarten“, sagt Baumann. Die Jäger hätten in der letzten Zeit aber ohnehin schon versucht, verstärkt Schwarzwil­d zu schießen, da die Population extrem hoch sei. „Solange die Wildschwei­ne im Wald bleiben, sind sie kein Problem, sondern eher nützlich, weil sie den Boden lockern und Schädlinge fressen. Wenn sie den Wald verlassen, richten sie aber große Schäden auf landwirtsc­haftlich genutzten Flächen an“, so der Kreisjäger­meister. Im vergangene­n Jahr sei das so massiv gewesen wie selten zuvor.

Dass die Schwarzwil­dpopulatio­n in den vergangene­n 20 Jahren regelrecht explodiert sei, führt Baumann zum einen auf milde Winter zurück, zum anderen sei das aber auch die Folge einer aus seiner Sicht verfehlten EU-Agrarpolit­ik. Die Landwirte seien gezwungen, immer mehr Vieh zu halten, was dazu führe, dass diese nur noch in Ställen gehalten und viele ehemalige Weiden zum Anbau von Futtermais benötigt würden. Und noch viel mehr Mais werde für den Betrieb von Biogasanla­gen angebaut. „Damit hat man dem Schwarzwal­d den Tisch gedeckt“, sagt Baumann.

Die Abschussza­hlen deutlich zu erhöhen, sei für die Jäger eine Herkulesau­fgabe, da Wildschwei­ne intelligen­te und deshalb schwierig zu jagende Tiere seien. Das Aussetzen der Schonzeit werde hilfreich sein, weil die Frischling­e aus dem vergangene­n Jahr in dieser Zeit ihre Rotte verlassen. Als so genannte „Überläufer“seien sie verhältnis­mäßig gut zu jagen, weil sie noch unerfahren und unvorsicht­ig seien. Um die Population so deutlich wie vom Minister gefordert reduzieren zu können, ist es aus Sicht des Kreisjäger­meisters darüber hinaus unerlässli­ch, die Rahmenbedi­ngungen für die Jagd zu verbessern – unter anderem durch Zulassen von Nachtzielg­eräten.

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FOTO: LINO MIRGELER Um das Risiko eines Ausbruchs der Afrikanisc­hen Schweinepe­st zu minimieren, will Agrarminis­ter Peter Hauk die Wildschwei­npopulatio­n im Land dezimieren.

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