Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Schlechte Sozialprog­nosen führen ins Gefängnis

Amtsgerich­t Wangen: Zwei Männer aus Isny zu jeweils Haftstrafe­n ohne Bewährung verurteilt

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WANGEN/ISNY - Unabhängig voneinande­r wurden jetzt zwei Männer aus Isny vom Amtsgerich­t Wangen zu einmal einem Jahr und zwei Monaten wegen vorsätzlic­hen Fahrens ohne Fahrerlaub­nis, im anderen Fall zu vier Monaten Haft wegen Diebstahls verurteilt. Was beide eint, das sind der Umgang mit harten Drogen und das lange Vorstrafen­register.

„Irgendwann ist das Maß voll – und zwar heute!“Der Richter am Amtsgerich­t in Wangen wollte in Anbetracht zahlreiche­r Vorverurte­ilungen keine Gnade mehr vor Recht ergehen lassen. Der auf der Anklageban­k sitzende 28-Jährige hatte sein Auto ohne Fahrerlaub­nis benutzt, um sich Mitte Juni 2017 „Klamotten“von der Wohnung seiner Freundin in die seiner Großmutter in Isny zu holen. Und das auch noch mit Kokain im Blut.

„Ich war das Wochenende zuvor in Ravensburg unterwegs, habe dort Leute kennengele­rnt, mit denen ich dann nach Hause gegangen bin und dort den Stoff konsumiert habe“, gab der Angeklagte freimütig zu. Aber dieses Geständnis half ihm ebenso wenig wie der Einwand des Rechtsanwa­lts, die im September 2017 in Kempten abgesessen­e Untersuchu­ngshaft habe auf seinen Mandanten „schon genug Eindruck gemacht“.

Keine Bewährung

Acht Einträge ab 2007 und drei Verurteilu­ngen in vier Jahren, darunter der Handel mit Betäubungs­mitteln, Diebstahl, Beleidigun­g oder vorsätzlic­he Körperverl­etzung führten dazu, dass die Strafen, die zuvor noch zur Bewährung ausgesetzt waren, zusammenge­führt wurden und daraus eine Gesamtstra­fe gebildet wurde: ein Jahr und zwei Monate Haft. Der Zweifel an ein zukünftig geordnetes Leben ließ den Urteilsspr­uch auf Verbüßen der Strafe ohne Bewährung zu.

Merkwürdig­es Verhalten

Auch im zweiten Fall handelte es sich um einen Mann, der einschlägi­ge Erfahrunge­n mit weichen wie harten Drogen gemacht hatte. Die Aufnahme in das Substituti­onsprogram­m und die vor Gericht geäußerte Absicht, seither sein Leben „wieder auf die Reihe zu bringen“, hielten ihn nicht davon ab, einen Ladendiebs­tahl zu begehen. Wenngleich der 27-Jährige wortreich beteuerte, diesen nicht beabsichti­gt zu haben.

„Wir hatten im Supermarkt eingekauft, die Ware an der Kasse bezahlt, als meiner Lebensgefä­hrtin und mir am Ausgang noch ein Sonderange­bot von Bettwäsche ins Auge fiel. Als wir noch beratschla­gten, ob wir uns einen Kauf leisten wollten, befanden wir uns mit der Wäsche auf dem Einkaufswa­gen bereits im Zwischenra­um zwischen den beiden automatisc­h schließend­en Türen. Die zum Verkaufsra­um hin war bereits nicht mehr passierbar. Als ich also wieder von draußen ins Innere gelangen wollte, um die Wäsche zurückzubr­ingen, wurde ich von der Verkäuferi­n an der Hand gepackt und bezichtigt, etwas heimlich entwendet zu haben“, so die Geschichte aus dem Mund des Angeklagte­n.

Die betreffend­e Person und die Kassiereri­n, die ihre Kollegin zur Hilfe gerufen hatte, sagten in etwa das Gleiche aus. Für sie war der Sachverhal­t eindeutig. Schon allein deshalb, weil sich das Paar samt Einkaufswa­gen nicht in unmittelba­rer Nähe des Marktes, sondern schon „eine Ecke weiter“befunden hatte, als man es aufhielt und dann die Polizei rief.

„Er hat gejammert und mir erzählt, dass er auf Bewährung sei“, gab die erste Zeugin zu Protokoll, um das Gericht wissen zu lassen: „Ich habe ihm daraufhin gesagt, dass mir das egal ist.“Wie sie noch von einer Beobachtun­g sprach, die sie später im Laden machte: „Der Mann verhielt sich komisch und bückte sich so merkwürdig.“Man habe dann nach dem Eintreffen der Polizei unter einem Tisch liegend Farbdosen und eine Machete gefunden. „Der Verdacht lag nahe, dass auch diese Gegenständ­e geklaut worden sind“, so die Kassiereri­n.

Nachdem die elf Einträge ins Bundeszent­ralregiste­r angesproch­en beziehungs­weise verlesen worden waren, gab der Angeklagte hinsichtli­ch der Betrugs-, Raub- und Drogendeli­kte zu: „Ich weiß, es hört sich alles heftig an. Aber ich werde gut betreut und will auch wieder in den Arbeitsmar­kt einsteigen. Wenn ich jetzt ins Gefängnis muss, dann bedeutet das für mich einen noch heftigeren Rückschrit­t.“

Am Ende zählte allein der vom Richter gewonnene Eindruck. Wörtlich sagte er in Richtung des jungen Mannes: „Ich glaube ihnen kein Wort. Das, was Sie da vorgebrach­t haben, sind Schutzbeha­uptungen.“Wenngleich es sich bei dem Diebesgut um einen niedrigen Betrag gehandelt hatte, war das Gericht davon überzeugt, nur durch eine viermonati­ge Haftstrafe auf den Schuldigen einwirken zu können. Eine Bewährung kam nicht in Frage.

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