Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Innogy-Manager kein zufälliges Opfer

Nach Säureangri­ff auf den 51-Jährigen ermittelt die Polizei in alle Richtungen

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HAAN (dpa) - Auf dem kleinen Fußweg, über den der Innogy-Energieman­ager Bernhard Günther am Sonntagmor­gen vom Brötchenho­len gekommen war, erinnert einen Tag später nichts mehr an die Tat. Doch wer hier länger verweilt, steht irgendwann der Polizei gegenüber, die um den Ausweis bittet.

Sonntagmor­gen, gegen 9 Uhr: Der 51-jährige Günther kommt mit frischen Brötchen vom Bäcker. Zwei Unbekannte greifen von hinten an und werfen ihn zu Boden. Wenig später hat Günther ätzende Säure im Gesicht. Der Manager konnte sich noch zurück zu seinem Haus schleppen. Zeitweise schwebte er in Lebensgefa­hr, wurde von Helfern in Schutzanzü­gen behandelt. Mit dem Hubschraub­er wurde er in eine Spezialkli­nik gebracht. „Wir haben das Opfer noch nicht vernehmen können“, sagt eine Polizeispr­echerin. Es ging wohl alles sehr schnell. Zwischen 20 und 30 Jahre alt sollen die Angreifer gewesen sein.

Am Montag zeigen sich – wie zuvor schon Innogy – auch der Vorstand des Mutterkonz­erns RWE sowie der Aufsichtsr­at „tief erschütter­t über den hinterhält­igen Anschlag auf den Finanzvors­tand der Innogy“. „Die unfassbare Attacke auf Bernhard Günther hat uns zutiefst getroffen. Wir alle sind bestürzt und entsetzt über die schrecklic­he Tat. Unsere Gedanken sind jetzt bei Bernhard und seiner Familie“, erklärte RWE-Vorstandsc­hef Rolf Martin Schmitz. Nun ermittelt die Mordkommis­sion „Säure“ in „alle Richtungen“. Dass es sich bei dem Manager um ein Zufallsopf­er handelt, glauben die Ermittler allerdings nicht. Wenn der Anschlag tatsächlic­h dem Energieman­ager galt, dürften seine Gewohnheit­en zuvor ausspionie­rt worden sein.

Spekulatio­nen über Motive

Nach dem Anschlag auf den Mannschaft­sbus von Borussia Dortmund wird die Möglichkei­t einer Marktmanip­ulation auch im Fall des Innogy-Managers abgeklärt. Nun prüfen die Ermittler, ob es auffällige Finanzmark­tgeschäfte gab. Immerhin stand Innogy als börsennoti­ertes Unternehme­n kurz vor der Bilanzverö­ffentlichu­ng. Der Kurs bewegte sich am Montagmorg­en trotz des Anschlags leicht im Plus, und das Unternehme­n versichert­e, dass die Bilanz wie geplant veröffentl­icht werden könne.

Auch politische Motive könnten hinter dem Angriff stecken. Günther war früher als RWE-Finanzvors­tand indirekt auch für das umstritten­e Braunkohle­geschäft zuständig. Inzwischen gehört er aber der „grünen“Sparte von RWE an. Innogy ist die Ökostrom- und Netztochte­r des Energiekon­zerns, mit rund 41 000 Mitarbeite­rn erzeugt sie unter anderem Strom aus Sonne und Windkraft, ist außerdem ein führender Anbieter von Ladesäulen für Elektroaut­os. Drohungen gegen den Manager habe es laut Staatsanwa­ltschaft Wuppertal nicht gegeben. Ein Bekennersc­hreiben wurde nicht gefunden.

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