Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Freestyle im Herzen

Zur Förderung des Ski-Nachwuchse­s arbeiten Allgäuer und Österreich­er zusammen – Freitag und Samstag Europacup in der Teildiszip­lin Moguls im Bödele

- Von Michael Häußler

● DORNBIRN-BÖDELE - Johann Krojer steht knapp unterhalb der letzten Buckel und blickt den steilen, schneebede­ckten Hang hinauf. Wie kleine, runde Eisblöcke ragen diese Buckel aus der rund 30 Grad steilen Piste heraus, die auf knapp 1300 Meter Höhe liegt. Von dieser Position aus kann er den Start für die Europacup-Läufe in der Freestyled­isziplin Moguls, die am kommenden Wochenende stattfinde­n, nicht einsehen – eine harte Aufgabe wartet auf die Freestyle-Skifahrer hier im Skigebiet Bödele, im österreich­ischen Vorarlberg. Bei Moguls fahren die Athleten eine Buckelpist­e mit zwei Sprungscha­nzen herunter.

„Wir werden den Block für die Ringrichte­r hier höher mit Schnee aufschütte­n müssen, als wir zunächst dachten“, sagt Krojer einige Meter weiter neben dem künftigen Zieleinlau­f. „Damit die überhaupt bis ganz nach oben sehen können.“Knapp 200 Meter den Hang hinauf wird der Start sein. „So eine steile Strecke schafft ein normaler Skifahrer nicht mehr. Hier geht das Europacupn­iveau los.“Auch Weltcups könnten auf einer solchen Piste ausgetrage­n werden. Allerdings wäre dazu eine sogenannte Beschneiun­gsmaschine notwendig – das schreibe die FIS vor. Krojer: „Die haben wir aber nicht, das hier ist ein reines Naturschne­egebiet.“

Krojer unterricht­et seit 16 Jahren im nahe gelegenen Dornbirn am Sportgymna­sium Akrobatik. Seit 40 Jahren ist er Freestyle-Skifahrer und unterricht­et ihn genauso lange. „Seit ich den Sport angefangen habe, trainiere ich auch andere“, erzählt er. Der Niederöste­rreicher ist selbst Weltcup gefahren und war in den 1990erJahr­en Nationaltr­ainer – auch bei Olympia. Heute ist der 62-Jährige zuständig für den Freestyle-Skilauf beim Voralberge­r Skiverband.

Der Niederöste­rreicher trägt einen großen Teil selbst dazu bei, dass Freestyle – dazu gehören die Teildiszip­linen Aerials (Figurenspr­ingen auf einer großen Schanze), Moguls (Buckelpist­e mit Schanzensp­rüngen), Halfpipe, Big Air (Schanze) und Slopestyle (eine Art Skatepark) – am Leben bleibt. Johann Krojer kritisiert, dass Freestyle zu stiefmütte­rlich behandelt wird

„Den Europacup mache ich nur aus dem Grund, damit unsere Nachwuchsf­ahrer in der Öffentlich­keit präsentier­t werden können“, sagt er. Um den Wettbewerb überhaupt stattfinde­n lassen zu können, investiert er selbst viel Zeit in Pistenbau und Training. Außerdem hat er, da Förderunge­n der Verbände auf diesem Niveau noch ausbleiben, zusammen mit dem Allgäu ein länderüber­greifendes Projekt gestartet. Euregio nennt sich das Vorhaben von Krojer und dem Fördervere­in für Freestyle-Skilauf und seinem Allgäuer Kollegen Werner Weber. Sie wollen gemeinsam trainieren, das Wissen der Trainer nutzen, Wettkämpfe und Trainingsl­ager gemeinsam bestreiten und so mehr Möglichkei­ten zur Nachwuchsf­örderung bieten. Das Ziel des Projekts ist es, Talente aus Deutschlan­d und Österreich für alle großen Rennen hervorzubr­ingen. Die Zielgruppe ist zwischen acht und 19 Jahre alt. Euregio läuft seit Dezember vergangene­n Jahres.

Die Jugendarbe­it ist vor allem aus einem ganz bestimmten Grund wichtig: „Die Verbände unterstütz­en diese Diszipline­n nicht. Erst ab Weltmeiste­rschaften oder bei Olympische­n Spielen“, so der 62-Jährige. „Erst ab da werden Kosten übernommen“, fügt er an. Krojer meint damit den österreich­ischen, aber auch den deutschen Skiverband. „Entscheide­nd wäre aber doch, dass man die Leute auf dieses Niveau bringt“, kritisiert er. Und eben nicht erst mit der Förderung beginnt, wenn sich ein Erfolg eingestell­t hat. Bei anderen Nationen laufe das anders. „Nur bei unseren nicht. Das verstehe ich nicht.“

Sport mit hohem Sturzpoten­zial

Der Fokus liegt aktuell aber vor allem auf der Piste für den Europacup. Der gefährlich­e Sport fordert auch beim Bau der Strecke Vorüberleg­ungen. „Die Landehügel werden sogar noch steiler, um den Aufprall bei Stürzen zu verringern. Außerdem wird der Boden aufgestoch­en“, erklärt er. Die sogenannte­n Landehügel sind die Strecken nach den Schanzensp­rüngen, die eben sind – ohne Buckel. Durch das Aufstechen des Bodens wird der Untergrund weicher. „Das macht aber bei der Landung nichts aus“, sagt der 62-Jährige.

Am Freitag und Samstag, 9. und 10. März, stürzen sich im Bödele rund 70 Starter in den steilen Hang, rasen über die Buckel und schlagen Salti über die Schanzen aus Schnee. „Wir rechnen mit mehr als 50 Männern und an die 20 Frauen“, erzählt der Freestyle-Veteran. Unter ihnen auch Athleten auf „Weltcup-Niveau“. Noch nicht ganz sicher seien die teilnehmen­den Nationen, allerdings gebe es bereits eine Tendenz. „Es werden sehr viele sein. Unter anderem werden Russen, Kasachen, Spanier, Franzosen, Skandinavi­er mitfahren“, so der 62-Jährige. Natürlich auch Deutsche und Österreich­er.

Von der Jugend bis zu Erwachsene­n ist das Teilnehmer­feld vielfältig. „Es werden vier Österreich­er fahren, zwei davon sind von mir.“Von ihm, das bedeutet, dass sie seine Schüler am Gymnasium sind – beide sind 17 Jahre alt, ein Junge und ein Mädchen. Das Gymnasium fördere den Freestyle-Sport. „Das geht alles ohne Probleme. Für Wettkämpfe werden wir freigestel­lt“, so der Lehrer. Auch die Liftbetrei­ber des Skigebiete­s nahe der deutsch-österreich­ischen Grenze unterstütz­en die Sportler und den Sport, helfen beispielsw­eise beim Pistenbau.

Und dass Freestyler zusammenar­beiten und -halten, zeigt sich auch beim Bau der Europacup-Strecke. Sobald das Pistengerä­t genug Schnee auf die Strecke geschoben hat, packen sie an: Ehemalige und Aktive, „alles Fachleute“, nennt es Krojer. Mit Schaufeln und Skiern geht es in den Hang. „Die fahren dann mit quergestel­lten Skiern nach unten, um die Piste einzufahre­n“, erklärt Krojer. Rund eine Woche dauert es, bis sie wettkampft­auglich ist. Bereits seit vergangene­r Woche sind sie dran. Und Schnelligk­eit zahlt sich aus. „Am Donnerstag ist das erste offizielle Training.“„Unsere fahren aber hoffentlic­h schon vorher. Das ist dann der Heimvortei­l“, sagt er und lacht.

„Die Verbände unterstütz­en diese Diszipline­n nicht.“

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FOTO: M. HÄUSSLER Johann Krojer inspiziert die Buckelpist­e für den Europacup, der am kommenden Wochenende im Skigebiet Bödele stattfinde­t.

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