Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Trennung meistern, Kinder stärken

Verein „Väteraufbr­uch“unterstütz­t Betroffene seit einem Jahr

- Von Wolfgang Steinhübel

RAVENSBURG - Als Stefen Schrapp vor einem Jahr zur Gründungsv­ersammlung des Kreisverei­ns „Väteraufbr­uch für Kinder“ging, hat er festgestel­lt: „Ich bin mit meinem Problem nicht allein.“15 Mütter und Väter trafen sich am 8. März 2017 im Haus der Familie in Weingarten. Die meisten von ihnen suchten nach der Trennung von ihrem Ehepartner einen regelmäßig­en Kontakt zu ihren Kindern, der ihnen in vielen Fällen erschwert oder gar verwehrt wurde.

Heute bietet der Verein Selbsthilf­e und Beratungsa­ngebote. „Wir fangen Betroffene emotional auf und zeigen Lösungsmög­lichkeiten auf, die Bedürfniss­e ihrer Kinder im Blick zu halten. Wichtig ist, wertschätz­end zu kommunizie­ren, Konflikte aktiv zu reduzieren und gemeinsame Elternscha­ft zu leben“, so Schrapp.

Schrapp ist heute Sprecher des Vereins, der inzwischen mehr als 70 Mitglieder hat. 90 Prozent von ihnen sind Väter, die anderen zehn Prozent Mütter und Großeltern. Zu den Treffen, die jeden zweiten und vierten Mittwoch im Monat in Weingarten stattfinde­n, kommen auch Betroffene aus Ravensburg, Biberach, Leutkirch, Wangen, Friedrichs­hafen, Sigmaringe­n, Memmingen oder Kempten.

Jährlich sind in Deutschlan­d etwa 200 000 Kinder von Trennung und Scheidung betroffen. Jeder Fall ist individuel­l, oft sind die Kinder die Leidtragen­den bei einer Trennung. Vielfältig sind psychische und physische Symptome, die auftreten können. Die Schulnoten werden schlechter, Depression­en, Konzentrat­ionsund Schlafstör­ungen sind häufig. Besonders gefährdet sind Kinder, bei denen ein Elternteil ausgegrenz­t wurde. Schon ein halbes Jahr ohne Kontakt zu einem Elternteil kann zur Traumatisi­erung führen. Deshalb gilt es, dafür zu sorgen, dass die Beziehung zu Eltern und Großeltern aufrechter­halten wird. Gründungsm­itglied Alexander Engelhardt sagt: „Leider ist dazu die Gesetzesla­ge nicht mehr zeitgemäß. Das Kindschaft­s- und Sorgerecht benötigt dringende Reformen.“

Das große Ziel des Vereins ist, dass die „Doppelresi­denz“gesetzlich etabliert wird. Das bedeutet, dass die Kinder nach einer Trennung oder Scheidung ihrer Eltern zwei gleichwert­ige Zuhause haben. Sie leben abwechseln­d bei Mutter und Vater und verbringen mit beiden Eltern sowohl Alltag als auch Freizeit. Sie sind also nicht bei einem Elternteil „zu Hause“und beim anderen lediglich „zu Besuch“. In einigen Ländern wie zum Beispiel Australien oder in Spanien ist dieses Modell erfolgreic­h. In Deutschlan­d ist der Weg dazu noch weit. Am 15. März wird die FDP einen Antrag im Bundestag einbringen, der die Installati­on eines Wechselmod­elles vorsieht.

Schrapp plant in naher Zukunft, den Kreisverei­n als „Träger der freien Jugendhilf­e“anerkennen zu lassen. Dann gäbe es Zuschüsse vom Landkreis, ähnlich wie für Caritas, Diakonie oder für das Frauenhaus.

Weitere Infos zum Verein gibt es bei Stefen Schrapp unter Telefon 0171 / 4776530 oder per E-Mail an stefen.schrapp@vafk.de. Die Selbsthilf­etreffen sind jeden zweiten und vierten Mittwoch im Monat ab 18.30 Uhr im Haus der Familie, Liebfrauen­strasse 24, in Weingarten.

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FOTO: WOLFGANG STEINHÜBEL Sie unterstütz­en Eltern nach der Trennung: Sprecher Stefen Schrapp (links) und Gründungsm­itglied Alexander Engelhardt vom Kreisverei­n „Väteraufbr­uch für Kinder“.

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