Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ravensburg­er Kunstmuseu­m wird fünf Jahre alt

Kritische Stimmen sind verstummt – Interesse der Besucher bleibt ungebroche­n – Rund 36 000 Menschen haben das Haus 2017 besucht

- Von Bernd Adler

RAVENSBURG - Fünf Jahre ist es her, seit Ravensburg auf der Landkarte für moderne Kunst seinen festen Platz eingenomme­n hat. Damals eröffnete das Kunstmuseu­m in der Burgstraße. Rund 36 000 Menschen haben das Haus im vergangene­n Jahr besucht.

45 000 Besucher kamen im Eröffnungs­jahr 2013; der übliche Rückgang, nachdem ein neues Museum im ersten Jahr viele Neugierige anlockt, blieb in Ravensburg aus. Zwischen 30 000 und 40 000 Menschen besuchen das Kunstmuseu­m jährlich. Zum Vergleich: Das Kunstmuseu­m Stuttgart (früher bekannt als Galerie der Stadt Stuttgart) hatte im vergangene­n Jahr 170 000 Besucher – fast fünfmal so viele wie das Ravensburg­er Haus, dabei hat die Landeshaup­tstadt rund zwölfmal so viele Einwohner wie die Türmestadt.

Das Kunstmuseu­m hat sich in Ravensburg und der Region also etabliert. Kritische Stimmen dagegen erheben sich kaum noch. Dabei war das vor einigen Jahren ganz anders. Schon lange vor dem ersten Spatenstic­h am 21. September 2010 wurde heftig über das Haus diskutiert. Dabei ging es nicht einmal, wie so oft in der Architektu­r, um den gestalteri­schen Entwurf des Stuttgarte­r Büros Lederer Ragnarsdot­tir Oei, sondern einfach nur ums Geld. Denn leisten konnte und kann sich die Stadt dieses Museum eigentlich nicht.

Mit einem Zuschuss von 884 000 Euro rechnet der städtische Haushalt für das Ravensburg­er Kunstmuseu­m allein im Jahr 2018. Der größte Posten auf der Ausgabense­ite der Einrichtun­g ist neben den Personalko­sten die Miete. Für die sogenannte Verrechnun­g der Raumkosten veranschla­gt der städtische Etat jährlich 372 000 Euro. Denn der Backsteinb­au in der Burgstraße gehört nicht der Stadt, sondern dem Investor, der Bad Saulgauer Firma Georg Reisch GmbH & Co. KG.

Dieses Modell führte vor Jahren zu heftiger Kritik, die weit über Ravensburg hinausging. Der Bund der Steuerzahl­er, der sich für ein sparsames Ausgabever­halten der öffentlich­en Hand und gegen die Verschwend­ung von Steuergeld einsetzt, bezeichnet­e das Kunstmuseu­m als „nicht nachvollzi­ehbares Großprojek­t“, das sich Ravensburg „eigentlich nicht leisten“könne. Konnte sich die Stadt auch nicht. Daher kam es auch zu dem Mietmodell.

Alt-Oberbürger­meister Hermann Vogler wollte die wertvolle expression­istische Kunstsamml­ung von Gudrun und Peter Selinka unbedingt in Ravensburg halten, Gudrun Selinka wünschte aber für den Fall einer Dauerleihg­abe einen würdevolle­n Rahmen für das Zeigen der Bilder. Doch die Stadt hatte kein Geld für einen Museumsneu­bau, also kam es zu dem für die Stadt sehr teuren und über Jahre hinweg die Kasse belastende­n Mietmodell: Die Sammlung Selinka ging für 30 Jahre als Leihgabe an die Stadt Ravensburg als Basis für das neue Kunstmuseu­m, das der Investor Reisch auf eigene Kosten baute und an die Kommune für 30 Jahre vermietet.

Die Vermietung der Alten Galerie Städtische­s Theater sollte dieses Modell gegenfinan­zieren, so die offizielle Aussage, was faktisch niemals funktionie­ren konnte. Erstens stieg der angenommen­e Zuschussbe­darf für das neue Museum von zunächst 500 000 Euro auf heute über 800 000 Euro. Zweitens musste die Alte Galerie zunächst für mehr als 500 000 Euro umgebaut werden. Drittens zahlt der neue Mieter, die Duale Hochschule, dort nur rund 80 000 Euro im Jahr.

Von einer Gegenfinan­zierung konnte also keine Rede sein. Auch wenn die Entwicklun­g der Sponsoreng­elder für das Kunstmuseu­m im vergangene­n Jahr sehr positiv war, sie haben sich mit 125 000 Euro gegenüber den Vorjahren annähernd verdoppelt.

Nach fünf Jahren bleibt es ein teures Haus, das auf rund 800 Quadratmet­ern Ausstellun­gsfläche und mit einer eigenen Sammlung moderner Kunst der Stadt Ravensburg in der Szene einen hervorrage­nden Ruf eingebrach­t hat. Und das, gemeinsam mit den drei anderen Museen im Viertel, ein echter Anziehungs­punkt auch für Menschen von außerhalb geworden ist.

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FOTO: RASEMANN Zwischen 30 000 und 40 000 Menschen besuchen das Kunstmuseu­m jährlich.

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