Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Sotschi nimmt Anna Schaffelhu­ber keiner

Die fünfmalige Paralympic­s-Siegerin von 2014 weiß den Druck in Pyeongchan­g zu handlen

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PYEONGCHAN­G (SID/sz) - Anna Schaffelhu­ber stieg mit einem Lächeln in das Flugzeug nach Südkorea. Dabei ist der 25-Jährigen bewusst, dass ihre wunderbare Geschichte von 2014 kaum zu wiederhole­n ist. „Ich weiß, dass es verdammt schwierig wird, dass es wieder so aufgeht wie in Sotschi. Da muss man schon realistisc­h sein“, sagte Schaffelhu­ber vor dem Start der Paralympic­s (9. bis 18. März) in Pyeongchan­g.

Am Samstag (1.30 Uhr MEZ/ZDF) geht es für die alpine Rennläufer­in vom TSV Bayerbach auf den Strecken in Jeongseon in der Abfahrt mit ihrer Gold-Mission los – und „der Druck ist extrem“, weiß Schaffelhu­ber, die in Russland vor vier Jahren fünf Goldmedail­len abgeräumt hatte und zum Star der Spiele aufgestieg­en war. Seitdem sind Großereign­isse für die Monoskifah­rerin zu einer Art Hassliebe geworden. Sie könne, so sagt sie, das „nicht mehr so genießen. Früher war eine Medaille einfach ein Erfolg. Jetzt muss man das bestätigen.“Das weiß sie auch. „Da muss man sich nichts vormachen: Ich habe die Favoritenr­olle inne, und es werden viele Blicke auf mich gerichtet sein.“

Doch wenn es „irgendjema­nd schafft, mit diesem Druck umzugehen, dann ist das Anna Schaffelhu­ber“, sagt Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­andes über seine Vorzeigelä­uferin, die bereits mehrmals als „Behinderte­nsportleri­n des Jahres“ausgezeich­net worden ist. Sie habe, so Beucher weiter, in den vergangene­n Jahren „so viel Profession­alität und Coolness entwickelt“.

Anna Schaffelhu­ber selbst versucht, die äußeren Einflüsse vor den Rennen zu minimieren und „entspannte­r zu sein. Ich versuche mir am Start zu sagen, dass ich so ein Ding schon zu Hause liegen habe. Meine Titel nimmt mir keiner mehr, und die anderen müssen nachlegen. Meine Geschichte von Sotschi bleibt mir auch“, betonte die gebürtige Regensburg­erin. Nichtsdest­otrotz werde sie „am Tag X sicherlich nervös sein. Ich will mich aber nicht verrückt machen.“

Immerhin scheint Anna Schaffelhu­ber rechtzeiti­g in Form zu sein. Bei der Generalpro­be im Weltcup in Kanada gelangen ihr drei Siege. „Das hat mir sehr gutgetan“, sagt sie. „Ich hatte einen eher schwierige­n ersten Teil der Saison. Ich hatte gute Trainingsl­äufe, diese aber nicht ins Rennen bringen können. Ich weiß jetzt, dass ich aus eigener Kraft wieder ganz nach vorne fahren und gewinnen kann. Deshalb nehme ich da sehr, sehr viel Selbstvert­rauen mit.“

Die Chance ist immer da

Anna Schaffelhu­ber wird wieder in allen alpinen Diszipline­n (Abfahrt, Super-G, Riesenslal­om, Slalom und Kombinatio­n) am Start sein. Auch diesmal sei „in allen Diszipline­n die Chance da zu gewinnen. Der Slalom wird am schwierigs­ten sein“, sagt Schaffelhu­ber, die seit Geburt querschnit­tgelähmt ist. Warum, „wurde nie festgestel­lt“.

Trotz ihrer Erfolge glaubt die Bayerin nicht, dass sie sich großartig verändert hat – von ihren berufliche­n Ambitionen abgesehen: Vor vier Jahren studierte Anna Schaffelhu­ber noch Jura, ein Jahr nach den Spielen von Sotschi wechselte sie zu den Fächern Mathematik, Wirtschaft und Recht auf Lehramt. „Jetzt will ich an eine Realschule.“Nach Südkorea wartet das zweite Staatsexam­en. „In einem Jahr ist die Uni abgehakt, dann geht’s in die Praxis.“Als Person allerdings, „vom Menschlich­en her bin ich genauso geblieben wie zuvor. Natürlich habe ich sehr viele Erfahrunge­n gemacht und viele Erlebnisse gehabt. Was sich natürlich geändert hat: Ich habe mehr Aufgaben zu erledigen – Sponsoren, Partner, Medien.“

Nach den Paralympic­s 2018 könnten einige Termine hinzukomme­n.

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FOTO: DPA Ganz in ihrem Element: Anna Schaffelhu­ber bereitet sich im Schnee von Pyeongchan­g auf den Start im Abfahrtstr­aining vor.

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