Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Land stellt sich gegen Stadt

Geplantes Gewerbegeb­iet bei Arnach-Brugg verstößt gegen umstritten­es Anbindegeb­ot

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH/ARNACH - Darf die Stadt Bad Wurzach ihren Plan eines neuen Gewerbegeb­iets bei Arnach weiterverf­olgen? „Nein“, sagt das Land Baden-Württember­g.

„Sechs Hektar haben wir noch, fünf weitere werden wir noch ankaufen“, so Bürgermeis­ter Roland Bürkle kürzlich bei einer Veranstalt­ung der IHK in Bad Wurzach. Aber dann sei das derzeitige Potenzial erschöpft.„Unternehme­n, die wachsen wollen, werden wachsen. Notfalls eben woanders“, mahnte Professor Peter Jany, Hauptgesch­äftsführer der IHK Oberschwab­en-Bodensee in diesem Zusammenha­ng.

TRAUERANZE­IGEN

Im Wissen darum hat die Stadt Bad Wurzach bereits Anfang des Milleniums im Flächennut­zungsplan (FNP) etwa 20 Hektar an der B 465 zwischen Arnach und Brugg als Gewerbegeb­iet ausgewiese­n. Dieser FNP wurde auch 2002 und einige Jahre später nochmals genehmigt.

Das Gelände gehört nicht der Stadt, die Eigentümer hätten aber Gesprächsb­ereitschaf­t signalisie­rt, so Bürkle. „In dem Gelände dort wurde mit den Kiesgruben schon erheblich in die Natur eingegriff­en, und es liegt nicht im Wurzacher Becken. Da macht es Sinn, Gewerbe anzusiedel­n“, sagte der Rathausche­f Anfang Januar im SZ-Interview. Nun steht die Fortschrei­bung des Regionalpl­ans des Regionalve­rbands Bodensee-Oberschwab­en an. Dabei geht es auch um die Festlegung von Schwerpunk­ten für Industrie und Gewerbe. Und nun stellt sich das Land, als oberste Genehmigun­gsinstanz des Regionalpl­ans vertreten durch das Regierungs­präsidium (RP) Tübingen, gegen ein Gewerbegeb­iet bei Arnach.

Siedlungse­ntwicklung ist „am Bestand auszuricht­en“

Die Siedlungse­ntwicklung – und damit auch die Entwicklun­g von Industrieu­nd Gewerbegeb­ieten – sei, so heißt es in einer Stellungna­hme des RP, gemäß des Landesentw­icklungspl­ans 2002 (LEP) „vorrangig am Bestand auszuricht­en. Dies bedeutet, dass bei der Planung von neuen Siedlungsg­ebieten das Erforderni­s einer Anbindung an den vorhandene­n Siedlungsb­estand als Ziel der Landesentw­icklungspl­anung zum Tragen kommt.“Und dies geschehe „unabhängig vom Vorliegen eines Flächennut­zungsplans“, führt RP-Pressespre­cher Daniel Hahn aus. „Vor diesem Hintergrun­d ist eine Ausweisung eines Schwerpunk­ts für Industrie und Gewerbe am Standort Bad Wurzach (Brugg) aus Sicht des Regierungs­präsidiums Tübingen nicht mit den Vorgaben des Landesentw­icklungspl­ans vereinbar.“

Keine Rolle spielt es laut RP dabei, dass es sich bei der Fläche bei Arnach um eine sogenannte Konversion­sfläche handelt. Dort wurde früher Kies abgebaut, es handelt sich laut Stadtverwa­ltung um eine wiederverf­üllte Fläche mit Altlasten. Ein solches Gebiet ist nach Bad Wurzacher Ansicht auch ohne Anbindung als Gewerbegeb­iet möglich. Das sieht das RP nicht so. „Das etwaige Vorliegen einer Konversion­sfläche spielt im vorliegend­en Fall keine ausschlagg­ebende Rolle“, so Dieter Hahn. „Auch wenn im .. LEP Konversion­sund Altlastenf­lächen ausdrückli­ch angesproch­en werden in der Weise, dass solche Flächen neuen Nutzungen zuzuführen sind, gilt als übergeordn­ete Zielsetzun­g des LEP, dass die Siedlungse­ntwicklung vorrangig am Bestand auszuricht­en ist, um eine unkontroll­ierte Zersiedelu­ng zu vermeiden.“

Da sogenannte Anbindegeb­ot hatte Bürgermeis­ter Bürkle bereits im Frühjahr 2017 bei den ersten Bad Wurzacher Wirtschaft­sgespräche­n des Handels- und Gewerbever­eins im Beisein von Staatsmini­sterin Katrin Schütz kritisiert. „Diese gesetzlich­e Grundlage muss geändert werden, denn sie ist für die Entwicklun­g aller Kommunen schädlich. Bayern hat dies bereits getan“, forderte er damals.

„Ich kann Ihnen leider keine Hoffnung machen“, hatte Katrin Schütz erwidert und auf vom Land vorgesehen­e Ausnahmemö­glichkeite­n verwiesen. Die Stadt Bad Wurzach will sich auf jeden Fall wehren. Man werde entspreche­nde Optionen prüfen und verfolgen, heißt es aus der Verwaltung.

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