Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Land stellt sich gegen Stadt
Geplantes Gewerbegebiet bei Arnach-Brugg verstößt gegen umstrittenes Anbindegebot
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BAD WURZACH/ARNACH - Darf die Stadt Bad Wurzach ihren Plan eines neuen Gewerbegebiets bei Arnach weiterverfolgen? „Nein“, sagt das Land Baden-Württemberg.
„Sechs Hektar haben wir noch, fünf weitere werden wir noch ankaufen“, so Bürgermeister Roland Bürkle kürzlich bei einer Veranstaltung der IHK in Bad Wurzach. Aber dann sei das derzeitige Potenzial erschöpft.„Unternehmen, die wachsen wollen, werden wachsen. Notfalls eben woanders“, mahnte Professor Peter Jany, Hauptgeschäftsführer der IHK Oberschwaben-Bodensee in diesem Zusammenhang.
TRAUERANZEIGEN
Im Wissen darum hat die Stadt Bad Wurzach bereits Anfang des Milleniums im Flächennutzungsplan (FNP) etwa 20 Hektar an der B 465 zwischen Arnach und Brugg als Gewerbegebiet ausgewiesen. Dieser FNP wurde auch 2002 und einige Jahre später nochmals genehmigt.
Das Gelände gehört nicht der Stadt, die Eigentümer hätten aber Gesprächsbereitschaft signalisiert, so Bürkle. „In dem Gelände dort wurde mit den Kiesgruben schon erheblich in die Natur eingegriffen, und es liegt nicht im Wurzacher Becken. Da macht es Sinn, Gewerbe anzusiedeln“, sagte der Rathauschef Anfang Januar im SZ-Interview. Nun steht die Fortschreibung des Regionalplans des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben an. Dabei geht es auch um die Festlegung von Schwerpunkten für Industrie und Gewerbe. Und nun stellt sich das Land, als oberste Genehmigungsinstanz des Regionalplans vertreten durch das Regierungspräsidium (RP) Tübingen, gegen ein Gewerbegebiet bei Arnach.
Siedlungsentwicklung ist „am Bestand auszurichten“
Die Siedlungsentwicklung – und damit auch die Entwicklung von Industrieund Gewerbegebieten – sei, so heißt es in einer Stellungnahme des RP, gemäß des Landesentwicklungsplans 2002 (LEP) „vorrangig am Bestand auszurichten. Dies bedeutet, dass bei der Planung von neuen Siedlungsgebieten das Erfordernis einer Anbindung an den vorhandenen Siedlungsbestand als Ziel der Landesentwicklungsplanung zum Tragen kommt.“Und dies geschehe „unabhängig vom Vorliegen eines Flächennutzungsplans“, führt RP-Pressesprecher Daniel Hahn aus. „Vor diesem Hintergrund ist eine Ausweisung eines Schwerpunkts für Industrie und Gewerbe am Standort Bad Wurzach (Brugg) aus Sicht des Regierungspräsidiums Tübingen nicht mit den Vorgaben des Landesentwicklungsplans vereinbar.“
Keine Rolle spielt es laut RP dabei, dass es sich bei der Fläche bei Arnach um eine sogenannte Konversionsfläche handelt. Dort wurde früher Kies abgebaut, es handelt sich laut Stadtverwaltung um eine wiederverfüllte Fläche mit Altlasten. Ein solches Gebiet ist nach Bad Wurzacher Ansicht auch ohne Anbindung als Gewerbegebiet möglich. Das sieht das RP nicht so. „Das etwaige Vorliegen einer Konversionsfläche spielt im vorliegenden Fall keine ausschlaggebende Rolle“, so Dieter Hahn. „Auch wenn im .. LEP Konversionsund Altlastenflächen ausdrücklich angesprochen werden in der Weise, dass solche Flächen neuen Nutzungen zuzuführen sind, gilt als übergeordnete Zielsetzung des LEP, dass die Siedlungsentwicklung vorrangig am Bestand auszurichten ist, um eine unkontrollierte Zersiedelung zu vermeiden.“
Da sogenannte Anbindegebot hatte Bürgermeister Bürkle bereits im Frühjahr 2017 bei den ersten Bad Wurzacher Wirtschaftsgesprächen des Handels- und Gewerbevereins im Beisein von Staatsministerin Katrin Schütz kritisiert. „Diese gesetzliche Grundlage muss geändert werden, denn sie ist für die Entwicklung aller Kommunen schädlich. Bayern hat dies bereits getan“, forderte er damals.
„Ich kann Ihnen leider keine Hoffnung machen“, hatte Katrin Schütz erwidert und auf vom Land vorgesehene Ausnahmemöglichkeiten verwiesen. Die Stadt Bad Wurzach will sich auf jeden Fall wehren. Man werde entsprechende Optionen prüfen und verfolgen, heißt es aus der Verwaltung.