Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Zahl der Hochbetagten steigt dramatisch
2025 ist jeder achte Kreisbewohner älter als 75 Jahre – Neues Konzept vorgelegt
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RAVENSBURG - Die Menschen werden immer älter. Bis 2025 wird der Anteil der über 75-Jährigen im Landkreis Ravensburg auf über zwölf Prozent der Bevölkerung steigen. Dieser Herausforderung will der Landkreis mit einem neuen seniorenpolitischen Konzept begegnen.
Zwei Jahre lang analysierte die Verwaltung die Situation alter Menschen mit allen Angeboten und Bedürfnissen. Daraus entwickelte sie ein seniorenpolitisches Konzept, das der Kreistag am 23. März beschließen soll. Das Papier gibt dabei Handlungsempfehlungen, was in den kommenden Jahren getan werden muss, um sich auf die wachsende Zahl Hochbetagter einzustellen.
Die Herausforderungen sind groß. Zwar gibt es im Kreis Ravensburg eine Vielzahl von Angeboten für Senioren, doch diese weisen durchaus Lücken auf. Hinzu kommt, dass viele Ältere oder deren Angehörige nicht wissen, dass es diese Angebote gibt oder wie sie vorgehen müssen, um davon zu profitieren.
Auch haben sich in den vergangenen Jahren manche Rahmenbedingungen verändert. „Die Menschen wollen nicht mehr nur so lange wie möglich im eigenen Heim bleiben“, sagte Kreissozialdezernentin Diana Raedler am Freitag bei der Vorstellung des Seniorenkonzepts, „sie wollen möglichst auch zu Hause gepflegt werden.“Auf der anderen Seite haben die „Babyboomer“-Jahrgänge 1955 bis 1965 aufgrund des Pillenknicks vergleichsweise wenig Nachkommen, die sie im Alter betreuen können. Bisher werden fast drei Viertel der kreisweit 8500 Pflegebedürftigen von Angehörigen versorgt.
Nach den Berechnungen der Kreisverwaltung fehlen im Moment 250 Pflegeplätze in stationären Einrichtungen, vor allem in Weingarten, Bad Wurzach, Bad Waldsee, Wangen und Baienfurt. Noch viel dramatischer sieht es im Bereich der Kurzzeitpflege aus. Der Kreis sieht hier einen Bedarf von 150 Plätzen, aktuell stehen ganzjährig nur zehn zur Verfügung. Auch Tagespflegeplätze fehlen, hier müsste laut Verwaltung eine Erhöhung um 50 Prozent des derzeitigen Bestands erfolgen, vor allem in den Bereichen Amtzell, Bodnegg, Grünkraut, Bad Wurzach, Wolfegg und Kisslegg. Verstärkt wird das Problem dadurch, dass nur die Hälfte der 24 bestehenden Einrichtungen einen Fahrdienst anbietet.
Mobilität ist ein großes Thema
Mobilität ist daher eine zentrale Säule im neuen seniorenpolitischen Konzept. Zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, aber auch für das eigenständige Meistern des Alltags fehlen alten Menschen häufig die Möglichkeiten, weil kein eigenes Auto mehr benutzt werden kann.
Andrea Müller vom Pflegestützpunkt des Kreises Ravensburg fasst die Probleme so zusammen: „Es gibt bei der Betreuung und Versorgung Fachkräftemangel in allen Bereichen, wir brauchen mehr Angebote in der häuslichen Betreuung, bei ,Essen auf Rädern’, bei der Begleitung im Alltag, aber auch mehr Pflegeangebote in den Nachtstunden und am Wochenende.“Nicht zuletzt fehlen laut Müller Entlastungsangebote für pflegende Angehörige.
Der Pflegestützpunkt des Landkreises Ravensburg berät kostenlos und unabhängig über Angebote der Pflege, der medizinischen Versorgung, über Sozialleistungen und Hilfsmöglichkeiten für ältere Menschen. Ansprechpartner sind Andrea Müller (Telefon 0751 / 853318, E-Mail andrea.mueller@landkreis-ravensburg.de) und Wolfgang Seidl (Telefon 0751 / 853319, E-Mail wolfgang.seidl@landkreis-ravensburg.de).