Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Schutzgebiete contra Wirtschaftsinteressen
Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft diskutiert Konflikt am Achberger Beispiel „Blech und Stahl“
● WANGEN/ACHBERG - Eine erfolgreiche Firma will erweitern und eine Kommune in diesem Zuge weiteres Gewerbe ansiedeln. Dem entgegen stehen die Pläne des Regionalverbands, der an dieser Stelle einen sogenannten Grünzug ausweisen will. Am Beispiel „Blech und Stahl“in Esseratsweiler hat der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Wangen/Achberg/Amtzell in der jüngsten Sitzung auch generell über den Konflikt zwischen wirtschaftlichen Interessen und schutzwürdigen Flächen diskutiert.
17. Änderung der ersten Fortschreibung des Flächennutzungsplans im Bereich des Bebauungsplans „Blech und Stahl“in der Gemeinde Achberg: Was sich in der Behördensprache recht trocken anhört und normalerweise einen üblichen Verwaltungsakt darstellt, war im gemeinsamen VG-Ausschuss vor kurzem Anlass für eine Grundsatzdiskussion. Im Kern ging es um die Frage, was höhere Priorität haben soll: mehr Gewerbe am Ort und damit ausreichend Entwicklungsmöglichkeiten oder mehr Grünzüge, also unbebaute und umweltrelevante Schutzflächen?
Aschauer: Achberg blutet aus
Für Johannes Aschauer ist die Antwort klar. „Nur mit der weiteren Ausweisung von Gewerbeflächen hat die Gemeinde eine solide Basis, um auf Dauer ihre Pflichtaufgaben erfüllen zu können“, sagt der Achberger Bürgermeister. Und: „Wir brauchen diese Gewerbeflächen, sonst sind wir in drei Jahren pleite.“So habe Achberg schon jetzt und trotz guter Gewerbesteuereinnahmen Probleme, die laufenden Kosten zu decken.
Entsprechend drückt Aschauer beim Thema „Blech und Stahl“aufs Gaspedal. Die Firma ist derzeit in einer Halle in einem Mischgebiet eingemietet, kann wegen des Lärms der Maschinen ihre Kapazitäten nicht erweitern und sucht schon seit längerem Baugrund. Der scheint jetzt auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern östlich von Esseratsweiler und direkt an der Kreisstraße 7997 gefunden, die Gemeinde hat Ende 2017 den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst. Die dafür nötige Änderung des Flächennutzungsplans in besagtem Bereich hat der VG-Ausschuss in seiner jüngsten Sitzung beschlossen.
Schon bei der aktuellen Planung für „Blech und Stahl“habe der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben (RVBO) jedoch mit „Bauchschmerzen“zugestimmt, wie dessen leitender Planer Harald Winkelhausen sagt. Den Wunsch der Gemeinde nach weiteren drei bis vier Hektar angrenzender Gewerbefläche werde man aufgrund der schwierigen Topographie aber ablehnen. So fordere der Landesentwicklungsplan bei hochwertigen Bereichen wie der Moränenlandschaft in und um Achne berg eine verstärkte Ausweisung von regionalen Grünzügen. „Diese Gebiete sind attraktiv für die gesamte Bevölkerung und wir haben darauf zu achten, dass wir diese Bereiche nicht willkürlich zersiedeln“, so Winkelhausen, der derzeit an der Fortschreibung des Regionalplans arbeitet. Außerdem sieht der Chefplaner für Achberg „gewerblich kei- sinnvolle Entwicklungsperspektive“und empfiehlt hier, künftig auf interkommunale Projekte in der Verwaltungsgemeinschaft mit Wangen und Amtzell zu setzen (siehe weiterer Text).
Diesen Weg erachtet Johannes Aschauer als falsch – auch wegen der „Negativbeispiele“interkommunaler Gewerbegebiete wie dem in Kißlegg (Ikowa). Arbeitnehmer aus Achberg würden zudem erfahrungsgemäß kaum zu solch’ entfernteren Gebieten pendeln, außerdem würden Betriebe vor Ort die Tagesverfügbarkeit der Feuerwehr sichern. Die geplante Ausweitung der regionalen Grünzüge auf ganz Achberg bezeichnete der Bürgermeister als „Verhöhnung pur“: „Wir werden ausgeblutet und andere, zuzugsstarke und prosperierende Kommunen profitieren davon, dass ganz Achberg ein Schutz- und Erholungsgebiet sein soll. Das kann ich nicht akzeptieren.“
Lang für gerechten Ausgleich
In der Diskussion im Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft forderte Hans-Jörg Leonhardt (CDU), dass man jeder Gemeinde eine Entwicklung zugestehen müsse. Siegfried Spangenberg (Grüne), selbst Mitglied des zeitgleich tagenden RVBOPlanungsausschusses, verwies auf die Vorgaben zu den regionalen Grünzügen und forderte generell ein Umdenken, weil wirtschaftliches Wachstum immer mehr auf Kosten wertvoller Flächen gehe.
Wangens OB Michael Lang plädierte für einen „gerechten Ausgleich“zwischen den Kommunen. „Wir sind gefordert, hier noch mal genau hinzuschauen, die Betroffenheit in den Gemeinden festzustellen und gegebenenfalls gemeinsam eine koordinierte Stellungnahme gegenüber dem Regionalverband abzugeben“, so der Wangener Rathauschef. Auch Amtzells Bürgermeister Clemens Moll sprach sich für einen Interessenausgleich aus und regte gesetzliche Änderungen beim Finanzausgleich für die von Schutzgebieten stark betroffenen Gemeinden an. „Wirtschaftlich werden Kommunen für ihre schützenswerten Gebiete nicht belohnt“, sagte daraufhin Michael Lang. „Das ist nicht wirklich fair.“