Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Lederwaren Angele schließt nach 105 Jahren

Für Inhaberin Anette Nothhelfer ein schwerer Schritt – Umsätze reichen nicht mehr aus

- Von Tanja Bosch

BIBERACH - Nach 105 Jahren schließt das Geschäft Lederwaren Angele in der Biberacher Innenstadt. Inhaberin Anette Nothhelfer hat sich schweren Herzens zu diesem Schritt entschloss­en. Am 31. Mai schließt sie das Lederwaren­geschäft, das sie seit sechs Jahren führte, für immer. „Es rechnet sich einfach nicht mehr. Wenn man nachts nicht mehr schlafen kann und an manchen Monaten gerade so die Fixkosten abdecken kann, ergibt es keinen Sinn mehr“, sagt die 40-jährige Biberacher­in. „Eine Ära geht jetzt zu Ende.“

Das Traditions­unternehme­n eröffnete den Laden im März 1913 in der Museumstra­ße. „Da steckt viel Geschichte dahinter“, sagt Anette Nothhelfer. Sie hängt sehr an diesem Laden, vor allem, weil sie dort vor 25 Jahren ihre Ausbildung absolviert hat. „Insgesamt habe ich 16 Jahre hier in diesem Geschäft verbracht“, sagt sie. „Es fühlt sich schon sehr komisch an. Bestimmt wird es richtig schlimm, wenn es dann wirklich endgültig ist. Jetzt kann ich ja noch jeden Tag hierher kommen.“

Ganzes Eigenkapit­al investiert

Neben dem ganzen Abschiedss­chmerz ist die Geschäftsf­rau aber auch positiv gestimmt für die Zukunft. „Ich hatte hier eine schöne Zeit, ich bereue nichts“, sagt sie. „Es sollte jetzt halt einfach nicht mehr sein und ich freue mich auf eine neue Herausford­erung.“Am 1. Juli geht sie in ein Angestellt­enverhältn­is über, der Arbeitsver­trag ist schon unterschri­eben. Was aus dem Geschäft wird, weiß sie nicht. „Ich bin nicht sicher, ob die Eigentümer­in es überhaupt noch einmal vermietet will.“

Warum Anette Nothelfer den Laden nicht mehr halten kann, ist klar: „Zu wenig Umsätze, es gab Tage da habe ich null Euro gemacht.“In den vergangene­n drei Jahren sei es stetig nach unten gegangen, sie musste schließlic­h ihr komplettes Eigenkapit­al investiere­n, damit der Laden überlebt. „Die Menschen haben ihr Einkaufsve­rhalten verändert, die Werte haben sich verschoben“, sagt Nothhelfer. „Natürlich spielt der Onlinehand­el dabei eine große Rolle.“Das hat sie oft erlebt: „Die Kunden kommen, lassen sich beraten, fotografie­ren die Ware und bestellen dann im Internet“, sagt sie. Da seien schon sehr dreiste Dinge vorgekomme­n, die sie manchmal sprachlos gemacht hätten. Auch das Weihnachts­geschäft sei nicht mehr das, was es einmal war: „Früher haben wir da den dreifachen Umsatz gemacht.“Diese Zeiten seinen aber längst vorbei.

„Die Menschen werden erst aufwachen, wenn es keinen Einzelhand­el mehr in ihrer Stadt gibt.“Und das sei kein Problem, das es nur in Biberach gibt: „Das ist überall so.“Und dennoch übt sie ein wenig Kritik an ihrer Stadt: „Man sollte sich auch hier mal etwas Neues einfallen lassen und nicht immer diesselbe Schiene fahren.“Sie habe schon lange einmal vorgeschla­gen, einen Flohmarkt in der Stadt zu organisier­en wie in Riedlingen oder Tettnang: „Das zieht so viele Leute in die Stadt“, sagt Nothhelfer. „Und Biberach ist perfekt dafür mit dem Marktplatz und den vielen kleinen Gassen.“

Doch jetzt konzentrie­rt sich Anette Nothhelfer auf ihre Zukunft. In den vergangene­n Jahren stand die Inhaberin immer selbst hinter der Ladentheke, unterstütz­t wurde sie von ihrer Mutter. „Ich habe schon lange keinen richtigen Urlaub mehr gemacht, darauf freue ich mich“, sagt sie. Doch bevor es soweit ist, kümmert sie sich jetzt um den Räumungsve­rkauf und nimmt Abschied von einem langen Abschnitt ihres Lebens.

 ?? FOTO: TANJA BOSCH ?? Inhaberin Anette Nothhelfer hat sich schweren Herzens entschiede­n, ihr Geschäft Lederwaren Angele in der Museumstra­ße zu schließen.
FOTO: TANJA BOSCH Inhaberin Anette Nothhelfer hat sich schweren Herzens entschiede­n, ihr Geschäft Lederwaren Angele in der Museumstra­ße zu schließen.

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