Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Polizei findet bei Angeklagten zweite Waffe und Munition
Prozess wegen Totschlags in Bad Wurzach am Landgericht eröffnet
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BAD WURZACH/RAVENSBURG - Vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Ravensburg hat der Totschlag-Prozess gegen einen 42-Jährigen aus Bad Wurzach begonnen.
Dem Mann wird vorgeworfen, am
1. Oktober vergangenen Jahres einen türkischen Landsmann durch einen Bauchschuss getötet zu haben. Der Tat vorausgegangenen war ein zunächst verbaler Streit um ein Darlehen in Höhe von 3800 Euro und mehr, das der getötete Geschäftsmann und Familienvater vom Täter zurückforderte.
Der Verfahrensauftakt war am späten Montagnachmittag nach 20 Minuten beendet. Der Grund: Da der Angeklagte, der sich seit dem 1. Oktober in Untersuchungshaft befindet, innerhalb eines halben Jahres der Hauptverhandlung zugeführt werden muss, wurde damit die Frist eingehalten. Die Fortsetzung des Verfahrens ist für den
12. April (13 Uhr) anberaumt. Nach dann weiteren – bisher geplanten sechs Prozesstagen soll am 29. Mai das Urteil gesprochen werden.
Den Blick auf den Boden gerichtet, das Publikum ignorierend, wurde der 42-Jährige in Fußfesseln Punkt 17 Uhr in den Saal 1 des Landgerichts geführt, wo mehr als 30 meist türkische Landsleute, die Witwe und Familienangehörige des Opfers mehrere Stuhlreihen füllten.
Erster Staatsanwalt Peter Spieler schilderte in der Folge den Tatvorwurf bis hin zu dem tödlichen Bauchschuss am 1. Oktober 2017 gegen 22.11 Uhr in Bad Wurzach, als der 42-jährige Angeklagte aus drei Metern Entfernung mit einer von ihm selbst scharf gemachten halbautomatischen Kurzwaffe seinem türkischen Landsmann in den Bauch geschossen hat, woran dieser am folgenden frühen Morgen im Elisabethenkrankenhaus in Ravensburg gestorben ist. Der 37-Jährige hinterlässt eine Frau und zwei kleine Kinder.
Dem tödlichen Schuss vorausgegangen war ein Streit zwischen dem späteren Opfer und dem Tatverdächtigen. Der 37-Jährige hatte dem Angeklagten mehrmals Geld geliehen. Anstatt es zurückzuzahlen, hat der den Geldgeber immer wieder vertröstet – aber sich ein neues Auto gekauft. Als ihn der Darlehensgeber daraufhin mit zwei Begleitern in dessen Wohnung aufsuchte, um mit ihm zu sprechen, drohte ihm der 42-Jährige zunächst mit einem Messer und kam plötzlich aus dem Dachgeschoss mit einer Pistole zurück, mit der es kurz darauf zur Tat kam.
Der Angeklagte verteidigte sich vor der Polizei damit, er habe in die Luft schießen wollen. Da ein Begleiter des Opfers seine Hand herunterdrücken wollte, habe sich der tödliche Schuss ausgelöst.
Wie die SZ erfuhr, haben Polizeibeamte aus Leutkirch im Februar bei einem Begehen der ehemaligen Wohnung des Angeklagten im Dachgeschoss eine weitere Schreckschusspistole und ein Arsenal in Kartonagen verpackter Munition gefunden. Neben dem Totschlag (Mordmerkmale sind bislang nicht erfüllt) wird dem 42-Jährigen ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen, da er keine Erlaubnis hatte, eine scharfe Pistole zu führen.
Unter dem Kammervorsitz von Richter Stefan Meier ging es nach der Verlesung der Anklage um mögliche weitere Zeugenladungen, das psychiatrische Gutachten und eventuelle weitere Termine. Die Verteidiger Uwe Runge und Hans-Christian Arnsperger kündigten an, keine Beweisanträge stellen, allerdings eine umfangreiche Prozesserklärung zum nächsten Prozesstag abgeben zu wollen. Die Nebenklage vertritt Rechtsanwalt Klaus-Martin Rogg für die Opfer-Familie.
Nächster Verhandlungstag ist am 12. April ab 13 Uhr.
Einen Videobeitrag zum ersten Verhandlungstag am Landgericht gibt es
unter schwaebische.de/bw-landgericht