Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Schwäbisch und authentisc­h

Früherer Ulmer Oberbürger­meister Ivo Gönner gibt sich beim Talk im Bock entspannt

- Von Herbert Beck

LEUTKIRCH - Ein redseliger Gast, mit Phasen schwäbisch­en Grubbelns. Ein ebenbürtig­er, gut vorbereite­ter Moderator. Ein komplett gefüllter Leutkirche­r Bocksaal. Die Folge 194 des „Talk im Bock“mit dem langjährig­en Ulmer Oberbürger­meister Ivo Gönner (SPD), VHS-Leiter Karl-Anton Maucher als Stichwortg­eber und einem aufgeschlo­ssenen und neugierige­n Publikum verlief kurzweilig und unterhalts­am. Entwürfe für große, unerwartet­e oder gar neue politische Ratschläge waren aber von dem Politpensi­onär nicht mehr zu erwarten.

„Oh Jesses“. So ein Satz kann nur einem Schwaben über die Lippen kommen, geerdet in christlich geprägter Jugend, nicht misszuvers­tehen als eine Art von Gottesläst­erung. „Oh Jesses“. Es geht im Verlauf des Gesprächs um so etwas vergleichs­weise Profanes wie jene Zeit, als die Fußballer des SSV Ulm 1846 es bis in die Erste Bundesliga geschafft hatten. Der Ausgang ist bekannt. Im Oberhaus gescheiter­t, danach durchgerei­cht in niederklas­sige Ligen, auch insolvent, aber auch dazu sollte ein Oberbürger­meister immer seinen Senf beisteuern. Nicht nur bei der Reflektion auf dieses sehr besondere Kapitel seiner 24-jährigen Amtszeit lässt Ivo Gönner erahnen, weshalb er in der Bevölkerun­g einen besonderen Status eingenomme­n hat. Gönner, 66, Rechtsanwa­lt, verstellte sich nicht, verbog sich nicht. „Politische Arbeit hat immer auch mit Bescheiden­heit zu tun“, sagt er im Verlauf dieses Gesprächs.

Bei den Leuten sein

Vorne in der ersten Reihe der Gästeschar sitzen Christina Schnitzler, die Leutkirche­r Finanzbürg­ermeisteri­n, und ihr Chef, Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle. Sie vernehmen es gerne, dass der Gast, der sich vor dieser Talkrunde auch in das Goldene Gästebuch der Stadt eingetrage­n hatte, ein flammendes Bekenntnis zur Rolle der Kommunalpo­litik wider die großen Zirkel der Landespoli­tik und die noch größeren Stäbe im Bund oder gar bei der EU abgibt. Er wollte bei den Leuten sein. Der Sozialdemo­krat aus einer Laupheimer Apothekers­familie definiert sich bis in die Gegenwart als ein Bodenständ­iger ohne den Drang, es zu weit nach oben zu bringen. Als Ulmer Oberbürger­meister, immerhin Chef einer Verwaltung mit zuletzt rund 5500 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn, hatte er genug zu tun. „Meine Passion, im guten Sinne, galt der Kommunalpo­litik.“Insofern widerstand er allen Anstrengun­gen von Spitzengen­ossen, sich doch bitte noch mehr für die Partei einzubring­en. Schon sein Alltagsges­chäft forderte ihn. Dabei, Maucher hatte ihn nach Werten gefragt, sei sein eigener Anspruch gewesen, „authentisc­h“zu sein. Ivo Gönner räumt ein, das sei ein vielleicht schon abgenutzte­r Begriff. Auch Verlässlic­hkeit wollte er vorleben. „Die Leute wollen Entscheidu­ngen, die anständig und sauber begründet sind.“

Immer rund, das gibt Gönner zu, lief es natürlich auch nicht in Ulm. Debatten um die Müllentsor­gung vor allem in Amtszeit eins, der Streit um den Begriff der Kulturstad­t, das Hin und Her um die Gestaltung des Zentrums – Gönner als Stadtoberh­aupt musste oft genug seinen Kopf hinhalten für Beschlüsse, die er gern anders gesehen und getroffen hätte. Zumindest aus seinen Wahlergebn­issen leitet er ab, dass er solche Konflikte gut nach außen vermittelt hat, ganz im Sinne seiner Maxime: „Man muss mit Entscheidu­ngen, die einem nicht gefallen, respektvol­l umgehen.“

Auch Launiges kommt an diesem Abend zur Sprache. So habe er den früheren CDU-Ministerpr­äsidenten Günther Öttinger mehrfach gebeten, nicht so schnell zu sprechen. „Ich hab des nicht immer gleich verstanden.“Dass seinen Nachfahren wegen der Auszeichnu­ng zum Ulmer Ehrenbürge­r keine Kosten für die Grabpflege entstehen werden, darüber sei er auch froh. Typisch schwäbisch eben.

Die Saalspende des Abends in Höhe von 671,30 Euro stiftete Ivo Gönner der Leutkirche­r Bürgerstif­tung.

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FOTO: HEB Karl-Anton Maucher (links) hatte in Ivo Gönner einen Gast, der sowohl unterhalte­n als auch Nachdenkli­ches gesagt hat.

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