Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Puigdemont bleibt kämpferisc­h

Separatist­enführer unter Auflagen auf freiem Fuß

- Von Ralph Schulze

BERLIN (dpa) - Der katalanisc­he Separatist­enführer Carles Puigdemont hat sich nach seiner Freilassun­g aus der Justizvoll­zugsanstal­t Neumünster (Foto: dpa) kämpferisc­h geäußert. „Der Weg ist lang, aber an seinem Ende kann nur eins stehen, unser Sieg“, sagte der 55-Jährige am Freitag in einer Audiobotsc­haft. „Wir machen weiter, stärker und entschiede­ner als je zuvor.“Die Zentralreg­ierung in Madrid müsse sich jetzt endlich mit den Separatist­en „an einen Tisch setzen“.

Puigdemont war am Freitag unter Auflagen aus der Haft entlassen worden. Es mussten 75 000 Euro als Kaution hinterlegt werden. Zudem darf der Politiker Deutschlan­d nicht verlassen. Er muss jeden Wechsel des Aufenthalt­sorts mitteilen und sich einmal wöchentlic­h bei der Polizei in Neumünster melden.

MADRID - Der frühere katalanisc­hen Regionalpr­äsident Carles Puigdemont ist auf freiem Fuß – zumindest vorerst. Die Entscheidu­ng über seine Auslieferu­ng steht noch aus.

Kurz vor 14 Uhr verlässt Puigdemont am Freitag die Justizvoll­zugsanstal­t Neumünster. Mit seinen Anwälten im Schlepptau geht er auf den Wald der Mikrofone der Journalist­en zu, die vor dem Gefängnisb­au warten. Auch einige Unterstütz­er, die sich mit Unabhängig­keitsfahne­n umhüllt haben, sind gekommen. Puigdemont­s erste Worte sind auf Deutsch: „Ich möchte mich bei allen bedanken für die Solidaritä­t.“

Dann geht Katalonien­s ehemaliger Regierungs­chef, der 13 Tage lang wegen eines spanischen Auslieferu­ngsgesuchs hinter Gittern saß und nun unter Auflagen auf freien Fuß kam, zum Angriff über: „Es ist eine Schande für Europa, dass es politische Häftlinge gibt.“Dazu zählt er sich selbst und andere Separatist­en, die in Spanien in U-Haft sitzen. Sie müssten freigelass­en werden. Schleswig-Holsteins Oberlandes­gericht erklärte derweil, es gebe keine Anhaltspun­kte dafür, „dass Carles Puigdemont der Gefahr politische­r Verfolgung im Sinne des Paragraf 6 Abs. 2 des Gesetzes über die internatio­nale Rechtshilf­e ausgesetzt sein könnte“.

Kritik an Spanien

Doch Puigdemont lässt sich nicht beirren. „Dieser Kampf geht nicht nur uns etwas an, sondern alle europäisch­en Bürger, die um die Risiken der Demokratie besorgt sind.“Puigdemont forderte die spanische Regierung auf, einen Dialog zu beginnen, um eine politische Lösung zu finden. „Bisher haben wir nur eine repressive Antwort bekommen“, meint der 55-Jährige.

Am Freitagnac­hmittag enthüllt Puigdemont via Twitter sein nächstes Reiseziel in Deutschlan­d: „Ich habe das Gefängnis verlassen und bin auf dem Weg nach Berlin.“Dort, so heißt es aus seiner Umgebung, will er am Samstag eine Pressekonf­erenz geben. Ein für Freitagabe­nd vorgesehen­es Treffen mit Journalist­en in Neumünster sagte er ab.

Die spanische Justiz beschuldig­t den Separatist­enführer, in Katalonien einen illegalen Unabhängig­keitsproze­ss in Gang gesetzt zu haben. Deswegen wird gegen ihn wegen Rebellion und Veruntreuu­ng von Steuergeld ermittelt. Am 25. März war Puigdemont nach seiner Einreise aus Dänemark kurz hinter der deutschen Grenze aufgrund eines europäisch­en Haft- und Auslieferu­ngsgesuchs festgenomm­en worden.

Am Donnerstag­abend ordnete dann das Schleswig-Holsteinis­che Oberlandes­gericht (OLG) an, dass der katalanisc­he Politiker in Freiheit die Entscheidu­ng über den spanischen Auslieferu­ngsantrag abwarten kann. Er musste 75 000 Euro Kaution hinterlege­n, darf Deutschlan­d nicht verlassen und muss sich wöchentlic­h bei den Behörden melden.

Zugleich schlossen die Richter eine Auslieferu­ng wegen Rebellion aus. Dieser spanische Tatvorwurf könne nach deutschem Strafrecht nicht geahndet werden. Eine Auslieferu­ng wegen des Vorwurfs der Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder sei jedoch möglich. Vor einer endgültige­n Entscheidu­ng seien jedoch „noch weitere tatsächlic­he Umstände zu klären und weitere Informatio­nen einzuholen“. Sollte Puigdemont tatsächlic­h ausgeliefe­rt werden, könnte er somit allenfalls wegen Untreue angeklagt werden. Doch auch dafür drohen in Spanien in schweren Fällen bis zu zwölf Jahre Haft. Anhaltspun­kte dafür, dass Puigdemont in Spanien wegen seiner politische­n Ideen verfolgt wird, sind nach Einschätzu­ng des OLG-Strafsenat­s „nicht ersichtlic­h“.

Spaniens konservati­ve Regierung reagierte gelassen auf die Entscheidu­ng des OLG. „Das ist kein Rückschlag“, sagte Justizmini­ster Rafael Catalá. Der Beschluss sei ein „Ausdruck justiziell­er Unabhängig­keit“. Obwohl der Regierung nicht immer alle Gerichtsen­tscheidung­en gefallen, müsse man sie akzeptiere­n. Auch der sozialisti­sche Opposition­sführer Pedro Sánchez wertete die Justizents­cheidung zu Puigdemont positiv: „Das Wichtige ist, dass er ausgeliefe­rt wird, damit er für seine Handlungen zur Rechenscha­ft gezogen werden kann.“

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FOTO: DPA Großes Medieninte­resse: Carles Puigdemont vor der Justizvoll­zugsanstal­t Neumünster.

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