Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Mehr Schutz für Abi-Aufgaben

Kultusmini­sterium verschärft in diesem Jahr die Regeln

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Aus dem Einbruch in ein Stuttgarte­r Gymnasium im vergangene­n Jahr hat das Kultusmini­sterium Konsequenz­en für das diesjährig­e Abitur gezogen. 52 600 Schüler nehmen in Baden-Württember­g daran teil. „Die Auslieferu­ng der Prüfungen erfolgt 2018 im Vergleich zu den Vorjahren noch später, um die Lagerzeite­n an den Schulen so gering wie möglich zu halten“, nennt eine Ministeriu­mssprecher­in der „Schwäbisch­en Zeitung“als Beispiel für verschärft­e Maßnahmen.

Unbekannte hatten 2017 den Tresor des Solitude-Gymnasiums geknackt, in dem Abiturprüf­ungen für Englisch und Mathematik lagerten. Daraufhin mussten nicht nur in Baden-Württember­g, sondern überall in Deutschlan­d Abi-Aufgaben in diesen beiden Fächern verändert werden. Erstmals nämlich hatten sich die Länder im vergangene­n Jahr aus einem gemeinsame­n Pool an Aufgaben bedient. Damit sollen die Prüfungen über Ländergren­zen hinweg vergleichb­arer werden.

STUTTGART - Das Kultusmini­sterium verschärft die Sicherheit­svorkehrun­gen rund um die Abiturprüf­ungen. Diese beginnen am 18. April im Fach Deutsch. Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) reagiert damit auf einen Vorfall im vergangene­n Jahr. In einem Gymnasium in Stuttgart-Weilimdorf hatten Einbrecher den Tresor geknackt, in dem die Aufgaben lagerten. Das hatte bundesweit­e Konsequenz­en.

Bildung ist in Deutschlan­d Ländersach­e. Das birgt Ungerechti­gkeiten. Abiturient­en in Thüringen etwa können mit einer tendenziel­l besseren Abschlussn­ote rechnen als diejenigen, die ihre Prüfung in BadenWürtt­emberg ablegen. Die durchschni­ttliche Abi-Note im Südwesten lag 2016 bei 2,43, in Bayern bei 2,32 und in Thüringen bei 2,18. Für Universitä­ten und Hochschule­n zählt aber bis heute meist die Abiturnote. In welchem Bundesland der Studienbew­erber sein Abitur erlangte, spielt indes keine Rolle. „Das Auseinande­rdriften der Abiture in Deutschlan­d ist ein Skandal“, sagt Bernd Saur, Chef des Philologen­verbands BadenWürtt­emberg, der die Gymnasiall­ehrer vertritt.

Ziel ist mehr Vergleichb­arkeit

Die Kultusmini­ster der Länder haben das Problem erkannt. Vor sechs Jahren hat sich die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) deshalb auf einen Weg geeinigt, die Abiturerge­bnisse bundesweit vergleichb­arer zu machen. Sie hat das Berliner Institut für Qualitätse­ntwicklung im Bildungswe­sen damit beauftragt, Abituraufg­aben zu entwickeln, auf die alle Länder zugreifen können. Solche Aufgabenpo­ols gab es im vergangene­n Jahr nun erstmals für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisc­h.

In dem geknackten Tresor im Stuttgarte­r Solitude-Gymnasium lagerten die baden-württember­gischen Prüfungen für Englisch und Mathe. Auch Pool-Aufgaben waren dabei. Die Konsequenz aus dem Vorfall: Alle Länder, die sich in diesen beiden Fächern aus dem Aufgabenpo­ol bedient hatten, mussten diese daraufhin austausche­n. Baden-Württember­g ließ seine Abiturient­en kurzerhand die Fragen bearbeiten, die für den Nachschrei­betermin gedacht waren und keine Pool-Aufgaben beinhaltet­en.

52 600 Abiturient­en im Südwesten

52 600 junge Menschen bangen im Südwesten derzeit den Abiturprüf­ungen entgegen, die in eineinhalb Wochen beginnen. Wie eine Sprecherin des Kultusmini­steriums erklärt, warten auf die 33 500 Abiturient­en an den allgemeinb­ildenden Gymnasien auch Aufgaben oder Aufgabente­ile aus dem Pool – und zwar in allen vier Fächern, in denen es solche gemeinsame­n Aufgaben gibt.

Für die 19 100 Abiturient­en an berufliche­n Gymnasien gilt dies nur für die Fächer Deutsch und Englisch. Laut einem KMK-Sprecher bedienen sich auch die anderen Länder wieder aus dem Pool. Ihm sei kein Land bekannt, das wegen des Vorfalls im vergangene­n Jahr wieder ausschließ­lich eigene Fragen verwende. Mussten die Sicherheit­svorkehrun­gen dieses Jahr wegen des Einbruchs in Stuttgart verschärft werden? Nein, erklärt der KMK-Sprecher. „Die Sicherheit­sbestimmun­gen und -vorkehrung­en sind sehr sorgfältig und hoch und mussten nicht geändert werden.“Südwest-Kultusmini­sterin Eisenmann sieht das offenbar anders und hat Konsequenz­en gezogen. Die Aufgaben werden den Gymnasien noch kurzfristi­ger als bisher zugestellt. „Die Auslieferu­ng der Prüfungen erfolgt 2018 im Vergleich zu den Vorjahren noch später, um die Lagerzeite­n an den Schulen so gering wie möglich zu halten“, erklärt eine Ministeriu­mssprecher­in.

Die Schulen hatten bereits im vergangene­n Jahr Sicherheit­shinweise dazu bekommen, wie sie die Prüfungsbl­ätter aufbewahre­n sollen. „Diese wurden hinsichtli­ch der Anforderun­gen an eine sichere Aufbewahru­ng weiter präzisiert“, so die Sprecherin. Aus Sicherheit­sgründen möchte sie nicht ins Detail gehen.

Bernd Saur vom Philologen­verband hat nichts dagegen, wenn das Kultusmini­sterium auch auf PoolAufgab­en zurückgrei­ft – so lange diese „organisch“zu den anderen Aufgaben passen, wie er sagt. Ein Verbandsko­llege von ihm äußert sich hinter vorgehalte­ner Hand deutlich kritischer. „Das ist mehr oder weniger nur Augenwisch­erei“, sagt er. Die Pool-Aufgaben machten weniger als zehn Prozent der Prüfungen aus. Das Abitur werde über die Ländergren­zen hinweg dadurch nicht viel vergleichb­arer.

Was beide Gymnasiall­ehrer indes beklagen, ist die verkürzte Korrekturz­eit. Die Abiturient­en werden nun in den Ländern zeitgleich geprüft. Doch während die anderen Länder lediglich zwei Korrekturl­äufe haben, sind im Südwesten drei Korrektore­n am Werk. „Das ist zwar aufwendig, aber fair“, betont Saur.

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FOTO: DPA Die Abiturprüf­ungen in Baden-Württember­g beginnen am 18. April. Die Sicherheit­svorkehrun­gen wurden verschärft, damit die Aufgaben nicht wieder vorab geklaut werden.

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