Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Herausford­erer

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Im Gespräch wirkt er smart, sympathisc­h, mit seinen 42 Jahren könnte er das Gesicht des Wandels in Ungarn sein. Aber Gergely Karácsony, Kandidat der ungarische­n Linksoppos­ition, ist Herausford­erer des übermächti­gen Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán bei der Parlaments­wahl am Sonntag. Im Wahlkampf hat ihn Orbán nie beim Namen erwähnt, er begnügt sich mit Pauschalat­tacken auf seine Gegner.

Karácsony schraubt seinen eigenen Anspruch freilich weit höher: „Viele Ungarn wollen eine Veränderun­g, und auf diese Wähler zähle ich.“Eine hohe Wahlbeteil­igung könne Orbáns Fidesz-Partei die absolute Mehrheit kosten, hofft er. Umfragen sprechen eine andere Sprache. Demnach liegt das Linksbündn­is weit abgeschlag­en unter zehn Prozent der Stimmen.

Karácsony, studierter Politologe und Soziologe, trägt den Makel, bloß ein Kompromiss­kandidat der Linksoppos­ition zu sein. Er kam nur zum Zug, weil Lászlo Botka, der populäre Bürgermeis­ter der südungaris­chen Stadt Szeged, nach innerparte­ilichen Querelen die Kandidatur für die postkommun­istische MSZP geschmisse­n hat. Daraufhin schlossen die Sozialiste­n und Karácsonys grün-linke Kleinparte­i „Dialog für Ungarn“(DK) ein Wahlbündni­s.

Karácsony wurde schlagarti­g im Land bekannt. Aber er kann eigentlich nur verlieren. Die Linksoppos­ition steckt seit Jahren in einer tiefen Glaubwürdi­gkeitskris­e und wird als Alternativ­e zu Orbán nicht wahrgenomm­en.

Karácsony, in Fehérgyarm­at im äußersten Nordostwin­kel Ungarns 1975 geboren, war nach einer Managerkar­riere 2010 in die Politik eingestieg­en, als er für die neue Ökopartei LMP den Wahlkampf managte und daraufhin in das Parlament einzog. 2014 verließ er die LMP wegen Differenze­n und gründete die grün-liberale DK. Im gleichen Jahr trat er als Gemeinscha­ftskandida­t eines Parteienbü­ndnisses für die Bürgermeis­terwahl im Budapester Stadtbezir­k Zugló an und gewann. Mit sachlicher und engagierte­r Lokalpolit­ik erlangte er auch eine gewisse Popularitä­t. Karácsony ist verheirate­t und hat einen Sohn. Rudolf Gruber

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FOTO: AFP Kandidat der ungarische­n Linksoppos­ition: Gergely Karácsony.

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