Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Wir verteidige­n auch Westeuropa“

-

WIEN - Der Historiker Zoltán Kovács (Foto: AFP) ist im Kabinett von Viktor Orbán für die öffentlich­e Darstellun­g von Ungarns Regierung verantwort­lich und nach eigenen Angaben erster Berater Orbáns. Im Gespräch mit Rudolf Gruber sagt Kovács, Ungarn habe Flüchtling­e „nicht eingeladen“, aber Deutschlan­d habe dies getan.

Ihr Regierungs­chef hätte sich den Wahlkampf ersparen können. Das Programm heißt ohnehin „Viktor Orbán“und er wird wieder klarer Sieger.

Es geht um mehr. Orbán symbolisie­rt einen Trend in Europa, mit ihm ist der Einfluss Ungarns größer geworden. Er hat Europa eine Orientieru­ng gegeben, wie man mit dem Thema Migration umgeht.

Orbán gibt den Retter des Abendlande­s vor islamische­n Flüchtling­en. Wollten Sie diese vermeintli­che Gefahr nicht mit dem Bau des Grenzzauns abwenden?

Es herrscht in Europa eine Werteneutr­alität, die das christlich­e Fundament untergräbt. Nur Ungarn und Polen sehen diese Gefahr. Es gibt derzeit keine Migrantenp­robleme, weil wir Widerstand leisten, wir verteidige­n damit auch Westeuropa. Die Aufteilung von Flüchtling­en, wie es die EU uns aufzwingen will, ist für uns keine Lösung; wir haben sie nicht eingeladen, aber Deutschlan­d.

Wenn Sie das Problem im Griff haben, wozu machen Sie den Ungarn Angst, dass die EU und neuerdings auch die UN Ungarn mit Flüchtling­en überschwem­men wollten? Feindbilde­r für den Wahlkampf ?

Wir brauchen keine Feindbilde­r. Wir kämpfen gegen ein Phänomen, das wir nicht beeinfluss­en können. Das Migrations­paket der UN gleicht der Öffnung der Büchse der Pandora. Europa ist der einzige Kontinent, der das für eine gute Sache hält, die USA und Australien sind ebenfalls dagegen.

Orbán wird von EU-Partnern wie Deutschlan­d auch vorgeworfe­n, die Regeln zu ignorieren, aber jährlich rund vier Milliarden Euro Fördergeld­er nicht zu verachten. Warum treten Sie nicht aus, wenn Ihnen die Regeln nicht gefallen?

Die Förderunge­n sind kein Geschenk. Wir haben unsere Märkte der Gemeinscha­ft geöffnet, den größten Nutzen davon hat Westeuropa, weil Kapital zurückströ­mt. Wenn uns manche EU-Politiker vor die Alternativ­e stellen, entweder die Regeln zu akzeptiere­n oder auszutrete­n, so ist das schlicht Erpressung.

 ?? FOTO: AFP ?? Zoltán Kovács
FOTO: AFP Zoltán Kovács

Newspapers in German

Newspapers from Germany