Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Skripals Zustand nicht mehr kritisch

Nervengift soll laut „Times“aus russischer Militärfor­schungsanl­age in Schichany stammen

-

SALISBURY/MOSKAU (dpa) - Der vergiftete frühere russische Doppelagen­t Sergej Skripal ist wie seine Tochter Julia nicht mehr in einem kritischen Zustand. „Er spricht gut auf die Behandlung an, seine Gesundheit verbessert sich schnell“, teilte die Klinikärzt­in Christine Blanshard im südenglisc­hen Salisbury mit. Dies nährt Hoffnungen, dass eine Befragung Skripals mehr Klarheit bringen und helfen könnte, den Streit zwischen Großbritan­nien und Russland wegen des Falls zu lösen.

Skripal (66) und seine Tochter Julia (33) waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in der Kleinstadt Salisbury entdeckt worden. Sie wurden nach britischen Angaben mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Die Substanz war den Ermittlern zufolge wahrschein­lich auf die Türklinke von Skripals Haus geschmiert worden.

Julia Skripal meldete sich am Donnerstag erstmals seit dem Attentat öffentlich zu Wort und berichtete von Fortschrit­ten bei der Genesung. Das Nervengift Nowitschok wurde einst in der Sowjetunio­n produziert. London vermutet Moskau als Drahtziehe­r des Attentats. Russland weist dies zurück. Bisher wurden keine Beweise veröffentl­icht.

Die Zeitung „The Times“berichtete, das gegen die Skripals verwendete Nervengift stamme aus einer russischen Militärfor­schungsanl­age in Schichany im Gebiet Saratow an der Wolga. Dort seien kleine Mengen Nowitschok gelagert worden. Geheimdien­stinformat­ionen wiesen klar auf Schichany hin, sagte der Chemiewaff­enexperte Hamish de Bretton-Gordon. Die dort gelagerten Mengen seien ausreichen­d für Attentate, aber zu gering für militärisc­he Einsätze gewesen.

Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow kritisiert­e den Bericht als Versuch, die haltlosen Vorwürfe gegen Russland zu rechtferti­gen. Der Kreml-Vertreter im Föderation­skreis Wolga, Michail Babitsch, sagte der Agentur Interfax: „Alle Standorte, an denen Chemiewaff­en gelagert wurden, sind bekannt. Schichany gehört nicht dazu.“Russland hat nach eigener Darstellun­g alle seine Chemiewaff­en zwischen 2002 und 2017 vernichtet.

Bei einer auf Bitten Moskaus einberufen­en Sitzung des UN-Sicherheit­srats in New York kam es am Donnerstag­abend zu einem Schlagabta­usch zwischen beiden Ländern. „Wir haben unseren britischen Kollegen gesagt, dass sie mit dem Feuer spielen und das noch bereuen werden“, sagte der russische UN-Botschafte­r Wassili Nebensja. Er warf dem Westen Lügen und Manipulati­onen nach den Methoden des NSPropagan­daminister­s Joseph Goebbels vor. Die britische UN-Botschafte­rin Karen Pierce wies dies zurück.

Neue US-Sanktionen

Weiter belasten dürften das Verhältnis zu Russland auch neue US-Sanktionen. Washington nahm 38 russische Firmen und Einzelpers­onen in eine Liste mit Strafmaßna­hmen auf, darunter sieben Oligarchen. Die USA werfen ihnen vor, sich an einer autoritäre­n und gegen den Westen gerichtete­n Politik des Kremls zu bereichern.

 ?? ARCHIVFOTO: AFP ?? Eine Befragung Sergei Skripals rückt näher.
ARCHIVFOTO: AFP Eine Befragung Sergei Skripals rückt näher.

Newspapers in German

Newspapers from Germany