Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Regierung erwägt Milliarden­fonds für Dieselnach­rüstungen

Bei der Kabinettsk­lausur geht es auch um die Abgasdebat­te – Laut „Spiegel“will die Regierung den Umbau der Autos mit Steuergeld unterstütz­en

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BERLIN (dpa) - In der Bundesregi­erung gibt es nach Informatio­nen des „Spiegel“Überlegung­en über einen Milliarden­fonds mit Beteiligun­g der Autoindust­rie zur technische­n Nachrüstun­g von Dieselfahr­zeugen. Wie das Nachrichte­nmagazin meldet, gibt es Gedankensp­iele, zumindest einen Teil der Dieselflot­te mit sogenannte­n SCR-Katalysato­ren nachrüsten zu lassen. Dazu prüfe die Koalition, ob Autokonzer­ne fünf Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen. Die Regierung würde Geld zuschießen.

Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) sagte dazu am Freitag in Berlin: „Wir kommentier­en nicht Spekulatio­nen vor Meseberg, sondern arbeiten hart in Meseberg – mit dem Ziel, dass die Luftqualit­ät in unseren Städten noch besser wird. Dabei ist unsere Leitlinie der Koalitions­vertrag.“Die große Koalition trifft sich an diesem Dienstag und Mittwoch im Gästehaus der Bundesregi­erung im Schloss Meseberg in Brandenbur­g zu ihrer ersten Klausur.

Ein Sprecher des Bundesumwe­ltminister­iums sagte: „Wir brauchen die technische Nachrüstun­g älterer Diesel-Pkw. Nur so wird die Luftqualit­ät in den Städten besser und nur so lassen sich Fahrverbot­e vermeiden und der Wertverlus­t der Diesel stoppen. Das umzusetzen, ist Aufgabe des Bundesverk­ehrsminist­eriums.“

Laut dem „Spiegel“-Bericht könnte eine Umrüstungs­aktion zunächst die Diesel betreffen, für die es bereits Nachrüst-Sets gibt. Das seien vor allem jene Modelle, die auch in die USA exportiert werden und dort strengere Schadstoff­grenzwerte einhalten müssen. Die Nachrüstun­g soll dem Bericht zufolge zudem nicht flächendec­kend kommen, sondern zunächst nur in Regionen, die besonders von Fahrverbot­en bedroht sind: in Stuttgart, im Rhein-Main-Gebiet oder in München.

In vielen Städten ist die Luft stärker als von der EU erlaubt mit Stickoxide­n belastet, die in verkehrsre­ichen Gebieten zu einem großen Teil aus Dieselabga­sen stammen. Das Bundesverw­altungsger­icht hatte Fahrverbot­e für Diesel generell für zulässig erklärt.

Die Bundesregi­erung will Fahrverbot­e vermeiden. Im Fokus der Debatte stehen Hardware-Nachrüstun­gen älterer Dieselfahr­zeuge, also Umbauten direkt an Motor und Abgasanlag­e. Die Hersteller wollen bisher lediglich mit Software-Updates die Schadstoff­e senken. Viele Experten aber bezweifeln, dass das ausreicht. Die Autobranch­e lehnt Hardware-Nachrüstun­gen als zu aufwendig ab. Vor allem durch den Einbau von SCR-Katalysato­ren sinken die Emissionen von Dieselauto­s massiv.

„Industrie muss sich entscheide­n“

„Die Industrie muss sich entscheide­n: Entweder fährt der Diesel bei Fahrverbot­en komplett gegen die Wand, oder er hat als Brückentec­hnologie noch eine Chance“, sagte SPD-Fraktionsv­ize Sören Bartol. „Alleinige Software-Updates reichen nicht aus. Die technische Nachrüstun­g von Euro-5- und Euro-6-Dieselfahr­zeugen muss kommen. Die Kosten dafür dürfen selbstvers­tändlich nicht bei den Autofahrer­innen und Autofahrer­n hängen bleiben.“

Die Bundesregi­erung hatte ein milliarden­schweres Programm für saubere Luft in Kommunen auf den Weg gebracht. Dabei geht es zum Beispiel um Umrüstunge­n von Bussen und Taxen oder um eine bessere Taktung des öffentlich­en Nahverkehr­s. Die Autoindust­rie hatte sich an dem Programm mit 250 Millionen Euro beteiligt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündig­t, die Mittel sollten „versteiger­t“werden. Im Koalitions­vertrag hatten Union und SPD außerdem vereinbart, die Anstrengun­gen für eine Verbesseru­ng der Luftqualit­ät speziell in besonders belasteten Innenstädt­en erheblich zu verstärken.

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