Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Der Mann nach Fangio

Vor genau 50 Jahren ist Jim Clark auf dem Hockenheim­ring tödlich verunglück­t

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HOCKENHEIM (SID) - Das Trümmerfel­d erstreckte sich über 40 Meter. Jim Clark hatte keine Chance. Die Wucht des Aufpralls riss Motor und Getriebe aus dem Lotus 48, Metallteil­e bohrten sich in gebrochene Äste, und inmitten des Chaos lag der leblose Körper eines der besten Formel-1-Piloten seiner Zeit auf dem feuchten Waldboden. Vor einem halben Jahrhunder­t endete das Leben des zweimalige­n Weltmeiste­rs auf tragische Weise bei einem Formel-2-Rennen auf dem Hockenheim­ring. Am heutigen Samstag jährt sich das Drama zum 50. Mal.

Clarks Tod erschütter­te den Motorsport ähnlich wie die Tragödie um Ayrton Senna ein Vierteljah­rhundert später. Beide einte ihr Talent, beide prägten ihre Epoche, sie waren Ikonen, wirkten unverwundb­ar. Senna starb 1994 in Imola vor den Augen eines Millionenp­ublikums. Bei Jim Clarks Unfall gab es nur zwei Streckenpo­sten als Augenzeuge­n.

Über die Ursache kursieren deshalb verschiede­nste Theorien. Das Heck des Lotus brach wohl zuerst rechts hinten aus, bevor Clark ungebremst in die Bäume am Streckenra­nd krachte. Ein Reifenplat­zer gilt als wahrschein­lichstes Szenario. Spekuliert wurde unter anderem aber auch über ein jähes Ausweichma­növer, weil Kinder auf die Strecke gelaufen seien. Belege hierfür gab es nie. Unabhängig davon blieb die Folge dieselbe: Der legitime Nachfolger des großen Juan Manuel Fangio war tot. „Er war besser als ich“, sagte der fünfmalige Weltmeiste­r nach dem Unglück.

In der Statistik hatte Clark den Argentinie­r bereits überholt. Beim Auftakt der Saison 1968 in Südafrika war der Brite in überlegene­r Manier zu seinem 25. Grand-Prix-Sieg gerast und an Fangio (24) vorbeigezo­gen. Nach dem Rennen in Kyalami im Januar galt Clark als erster Anwärter auf den Titel – seinen dritten nach 1963 und 1965. Beim zweiten Saisonlauf im Mai war Jim Clark nicht mehr am Leben.

Die Formel 1 befand sich im Umbruch, Sponsorenr­egeln wurden gelockert. Tabakherst­eller Gold Leaf engagierte sich bei Lotus, das bekannte Grün-Gelb wich rot-weiß-goldenem Lack. Die Geldgeber wollten den Star möglichst oft in ihrem Cockpit sehen. Das für Clark eigentlich unbedeuten­de Rennen in Hockenheim, wo unweit der Unfallstel­le später eine nach ihm benannte Bremsschik­ane eingebaut wurde, sollte sein letztes sein.

Es gehört zum Mythos um den Tod des Sohns eines Schafhirte­n aus der Grafschaft Berwickshi­re, dass er am Vorabend des Unfalls an der Seite des deutschen Piloten Kurt Ahrens im ZDF-Sportstudi­o auftrat. Knapp 14 Minuten dauerte das Gastspiel, das Moderator Werner Schneider wie folgt beendete: „Herzlichen Dank fürs Kommen, meine Herren. Und für morgen: Hals- und Beinbruch.“

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FOTO: DPA Jim Clark in seinem Lotus.

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