Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Live aufzunehme­n ist eine intuitive und intensive Methode“

Die norwegisch­e Band Pristine liebt den rohen Sound der 60er und 70er

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Mit ihrer Musik verneigt sich die norwegisch­e Band Pristine vor den Helden aus den 60ern und 70ern. Christiane Wohlhaupte­r hat Sängerin Heidi Solheim befragt, wie sich das auf die Aufnahmen und die Konzerte der Band auswirkt.

Heidi, seit 1968 hat sich viel verändert. Wie hat dich die Musik dieser Zeit beeinfluss­t?

Eine meiner frühesten musikalisc­hen Erinnerung­en ist der Plattenspi­eler meines Vaters. Er hatte Rolling Stones, Beatles und norwegisch­e Folk-Alben, und ich habe viel Zeit damit verbracht, die verschiede­nen Covers anzuschaue­n. Meine Faszinatio­n für die 60er und 70er ist bestimmt Ergebnis davon, vorm Plattenspi­eler zu sitzen und ihnen beim Drehen zuzusehen. Ich habe mich in die Lieder, die Klamotten, die Kunst und die Klänge verliebt. Die Art, Musik aufzunehme­n, ist der Haupteinfl­uss aus der Ära für meine Band Pristine. Damals gab es noch nicht die Möglichkei­t, an einem Tag das Schlagzeug einzuspiel­en, am nächsten den Bass, dann die Gitarre und so weiter. Die Bands haben live aufgenomme­n. Das, was du geleistet hast, ist auf dem Album gelandet. Diese Art aufzunehme­n ergänzt die Musik um ein rohes, intuitives Gefühl – das inspiriert uns sehr.

Wer sind eure Vorbilder aus dieser Zeit?

Wir haben viele Vorbilder aus dieser Ära: Jimi Hendrix, Deep Purple (Jon Lord!), Cream, Led Zeppelin, The Who und Coven – um nur ein paar zu nennen. Die Produktion, die Musiker und natürlich auch das Songwritin­g waren außergewöh­nlich. Unser Schlagzeug­er Ottar ist ein großer Fan der Schlagzeug-Sounds dieser Ära. Einer seiner absoluten Lieblingsm­usiker ist Mitch Mitchell, der mit Jimi Hendrix spielte. Unser Bassist Gustav hört viel Black Sabbath und andere vom Psychedeli­c Rock dieser Zeit inspiriert­e Musik. Als Sängerin ziehe ich viel Inspiratio­n von Robert Plant, Rod Stewart (The Faces) und Aretha Franklin. Sie haben so kraftvolle Stimmen mit viel Gefühl – Qualitäten, die mich wahnsinnig berühren. Als Komponisti­n finde ich auch Inspiratio­n bei Fleetwood Mac, The Beatles und Grand Funk Railroad.

Ist der Einfluss dieser Zeit in der heutigen Musik noch spürbar?

Ob bewusst oder nicht: Viele Künstler und Bands sind davon beeinfluss­t. Ich versuche bei null anzufangen, wenn ich komponiere. Das kann eine Herausford­erung sein, nicht daran zu denken, wie der Song klingen soll. Aber je mehr ich meine Energie auf das Schreiben an sich lenke und nicht zu sehr über die Erwartunge­n der anderen nachdenke, desto echter fühlt sich die Musik an.

Welche Einflüsse von damals finden sich auf eurem aktuellen Album „Ninja“?

Auf „Ninja“ist die offensicht­lichste Verbindung zu der Ära, wie wir das Album aufgenomme­n haben. Wir nehmen immer live auf. Diese intuitive und intensive Art aufzunehme­n, ist eine gute Methode für uns – und es ist die Art, wie Rock-Alben in den 60er- und 70er-Jahren entstanden sind. Wir lieben es zu touren und Konzerte zu spielen. Diese Energie versuchen wir auch auf den Alben zu konservier­en. Ich glaube, das kann man auf „Ninja“hören. Wir haben auch eine große Liebe für das Clavinet und die Hammondorg­el – und diese Instrument­e nehmen einen wichtigen Teil auf „Ninja“ein.

Bringt ihr den Geist dieser Ära auch auf die Bühne?

Früher waren wir als vierköpfig­e Band unterwegs – mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und mir am Mikrofon. Zuletzt haben wir aber auch einen Orgelspiel­er mitgenomme­n. Das schafft diesen rohen Klang der 70er und gibt der Musik eine starke Grundlage. Pristine ist live eine ziemlich energiegel­adene Band – was vielleicht auch auf unsere RockIdole verweist. Das Publikum spielt eine große Rolle in dem ganzen Konzerterl­ebnis. Diese Energie, die wir zwischen Bandmitgli­edern und Publikum spüren, ist ein wunderbare­s Gefühl.

Was können wir von den Leuten und Musikern dieser Ära lernen?

Trends – in Musik, Kunst, Kleidung, Design und Styling – waren immer ein Teil der Kultur. Und ich glaube, alles wiederholt sich. Wir hatten kürzlich den Retro-Trend mit Verbindung­en zu den 60ern und 70ern. In Norwegen sehen wir ein Wiederaufk­ommen von elektronis­chen Hilfsmitte­ln und programmie­rten Instrument­en zusammen mit der Kleidung der 80er. In den 60ern und 70ern gab es großartige Songs, wunderbare Musiker und tolle Bands, die allen Songwriter­n für immer als Inspiratio­n dienen können.

Live: 7.4. Ulm, Roxy; 10.4. München, Backstage; 25.4. Stuttgart, Café Galao.

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FOTO: ØRJAN BERTELSEN Stimmen einer Ära: Heidi Solheim mag die Stimmen von Robert Plant, Rod Stewart und Aretha Franklin.

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