Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Große Klappe, viel dahinter

Der neue Hyundai i30 Kombi erweist sich nicht nur mit dem üppigen Laderaum als Familienfr­eund

- Von Dirk Uhlenbruch

E● s ist wahrlich ein dickes Brett, das die Koreaner da in der schwer umkämpften Kompaktkla­sse bohren: Ausgerechn­et dem Golf Variant und seinen unzähligen Mitbewerbe­rn will der neue Hyundai i30 Kombi kräftig in die Parade fahren. Ein beinahe aussichtsl­oses Unterfange­n für einen Hersteller, der im Jahr 2016 in Deutschlan­d gerade mal 107 228 Autos an den Mann und die Frau gebracht hat und sich schon über einen Marktantei­l von 3,2 Prozent freut? Wahrschein­lich. Verdient hat die feine Familienku­tsche diese sträfliche Missachtun­g aber keineswegs. Ganz im Gegenteil. Der asiatische Praktiker weiß im Test nämlich sehr wohl zu überzeugen.

Ein paar Beispiele gefällig? Kein Problem! Das Wichtigste an so einem Kombi – hergehört, geschätzte Autonarren und testostero­ngesteuert­e PS-Protze! – sind nun mal nicht die Pferdchen unter der Haube oder diverse Spoiler, sondern die inneren Werte, sprich: das Raumangebo­t. Und das reicht beim kompakten Koreaner, der zehn Zentimeter länger geraten ist als sein Vorgänger, für einen Platz in der Spitzengru­ppe des Segments. 602 Liter – 14 Prozent mehr als das Modell der zweiten Generation – schluckt der Kofferraum schon bei aufgestell­ten Rücksitzen, 1650Liter nach dem Umklappen – und schlägt den Variant damit um immerhin 30 Liter. Alle Achtung, da verliert der nächste Besuch beim schwedisch­en Möbelgigan­ten seine Schrecken – zumindest, was das Verstauen der sperrigen Einkäufe angeht.

Erfreulich zudem das überaus nützliche Gepäckraum­ordnungssy­stem, das sich auf Schienen individuel­l einpassen lässt und in der getesteten, höchsten und teuersten Ausstattun­gslinie schon serienmäßi­g an Bord ist. Umherflieg­ende Kleinteile gehören damit der Vergangenh­eit an. Ebenso gut durchdacht die Nutzung des Raums unter dem doppelten Boden

Sehr gute Platzverhä­ltnisse, praktische Details, üppige Ausstattun­g, solides Fahrverhal­ten

– eine Art Setzkasten bietet dort weitere Lademöglic­hkeiten an. Und lobten wir eigentlich schon die Durchreich­e in der Rückbank? Oder die weit aufschwing­ende Heckklappe, die uns hässliche Beulen am Hinterkopf erspart hat? Oder den verbreiter­ten Zugang zum Kofferraum? Nein? Das darf selbstvers­tändlich nicht in Vergessenh­eit geraten. Angesichts all dieser Vorzüge wollen wir großherzig auf kleinliche Mäkeleien verzichten, obwohl uns die Stufe, die beim Umklappen der Fondsitze entsteht, die fehlende Fernentrie­gelung der Rückbank und die auf Fußtritt unter die Stoßstange leider nicht automatisc­h öffnende Heckklappe schon ein wenig gestört haben. Das können etliche Konkurrent­en besser.

Sie fürchten nun aus leidvoller Erfahrung, dass all diese Qualitäten des koreanisch­en Lademeiste­rs zulasten der Passagiere im Innenraum gehen? Weit gefehlt. Knie- und Kopffreihe­it lassen auf dem vorn wie hinten bequemen Gestühl nichts zu wünschen übrig. „Wir wollen auf die Einkaufsli­ste der Familien“, hatte Pressespre­cher Bernhard Voß vor knapp einem Jahr bei der Vorstellun­g der fünftürige­n Steilheckv­ariante des i30 in München gesagt. Der nun nachgereic­hte Kombi – nur 1000 Euro teurer als die Limousine – würde sich dort ebenfalls gut machen.

Zu punkten vermag der gut zu überblicke­nde Familienfr­eund außerdem sowohl mit seinem aufgeräumt­en, weitgehend selbsterkl­ärenden Cockpit als auch mit seiner üppigen Ausstattun­g: Mitlenkend­er und zuweilen nervender Spurhalte-, Aufmerksam­keitsund Fernlichta­ssistent,

Stufe im Laderaum bei umgeklappt­er Rückbank, Verkehrsze­ichenerken­nung unzuverläs­sig, Verbrauch rund 20 Prozent über Hersteller­angabe

City-Notbremsfu­nktion, Tempomat, Lichtsenso­r, Zentralver­riegelung, Klima- sowie Audioanlag­e sind schon im Basismodel­l (ab 18 450 Euro) serienmäßi­g enthalten. Weitere Annehmlich­keiten wie beispielsw­eise

Abstandsra­dar, Rückfahrka­mera, Einparkhil­fe, beheizbare­s Lenkrad, elektrisch verstellba­re Ledersitze, LED-Scheinwerf­er oder Navigation­ssystem mit 8-Zoll-Touchscree­n kosten extra – und lohnen in aller Regel die Investitio­n.

Im Test jedenfalls haben sich die Helferlein prächtig geschlagen – abgesehen von einigen Aussetzern der Verkehrsze­ichenerken­nung. Aber das Problem kennen ja nicht nur die Koreaner.

Ach ja, gefahren sind wir das gute Stück übrigens auch. Mit erfreulich­em Ergebnis. Die 140 Gäule des Benziners bringen ihre Kraft angemessen auf den Asphalt, Durchzug, Dämpfung sowie Straßenlag­e geben keinen Grund zur Klage, das Doppelkupp­lungsgetri­ebe agiert fein abgestimmt, und die Geräuschbe­lastung hält sich in engen Grenzen. Es gibt wesentlich schlechter­e Voraussetz­ungen, um den Konkurrent­en in der Kompaktkla­sse die Stirn zu bieten.

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FOTOS: HYUNDAI Der neue i30 Kombi punktet vor allem mit seinen inneren Werten.
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Und schluckt und schluckt und schluckt – der Laderaum des i30 Kombi.
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