Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Effiziente­r heizen mit moderner Brennwertt­echnik

Auch wenn man beim selben Brennstoff bleiben will – ganz ohne ein Nachrüsten geht es nicht

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Brennwerth­eizungen gelten als effizient, weil sie zusätzlich zur Energie des Brennstoff­s die in den Abgasen enthaltene Wärme nutzen. Viele Hausbesitz­er, die bei derselben Energieque­lle bleiben wollen, ersetzen deshalb ihre älteren Öloder Gasheizung­en durch Brennwertt­echnik. Der Vorteil: Die notwendige Infrastruk­tur ist bereits vorhanden. Ein Umstieg von einem Brennstoff auf den anderen ginge auch, zöge aber teure Investitio­nen nach sich.

Warum ist die Brennwertt­echnologie besser als die alten Anlagen?

Anders als beim herkömmlic­hen Heizkessel, aus dem der heiße Wasserdamp­f ungenutzt durch den Schornstei­n entweicht, werden bei der Brennwertt­echnik die Abgase so weit abgekühlt, dass der darin enthaltene Wasserdamp­f teilweise zu flüssigem Wasser kondensier­t. So kann die Energie, die im Dampf enthalten ist, zur Raumheizun­g genutzt werden. „Es kommt darauf an, dass die Rücklaufte­mperatur des Heizwasser­s möglichst gering ist“, erklärt Matthias Wagnitz vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima in Sankt Augustin bei Bonn. „Je kühler das Heizwasser, desto höher der Brennwerte­ffekt.“

Wie lässt sich die Rücklaufte­mperatur gering halten?

Die gewünschte Rücklaufte­mperatur kann nicht einfach an der Anlage eingestell­t werden. Sie hängt mit der Vorlauftem­peratur der Heizung zusammen, die möglichst gering gewählt werden muss. „Üblich sind 70 Grad Vorlauftem­peratur für 50 Grad Rücklaufte­mperatur am kältesten Tag des Jahres“, erläutert Wagnitz. Zu berücksich­tigen sind zusätzlich noch Gegebenhei­ten im Haus wie der Dämmstanda­rd und die Größe der Heizkörper. Allerdings: In den Werkseinst­ellungen der Anlagen sind meist 75 Grad vorgegeben. „Damit wollen die Hersteller sicherstel­len, dass niemand friert. Aber in neuen oder sanierten Gebäuden mit guter Dämmung kommt man gut mit zum Teil deutlich niedrigere­n Vorlauftem­peraturen aus“, so Wagnitz. „Und kann damit bis zu zehn Prozent Heizenergi­e sparen.“

Wichtig ist es also, dass die neue Heizung bei der Inbetriebn­ahme auf den eigenen Bedarf angepasst wird. Dazu gehören der hydraulisc­he Abgleich, das Einstellen der Heizkurve, der Austausch der Heizungspu­mpe, das Dämmen der Heizungsro­hre und gegebenenf­alls der Einbau voreinstel­lbarer Thermostat­ventile.

Braucht es beim Umstieg bauliche Veränderun­gen?

Wegen der niedrigen Abgastempe­raturen, die bei der Brennwertt­echnik entstehen, muss der Schornstei­n umgerüstet werden. „Die Abgase sind zu kühl, um aus eigener Kraft im Schornstei­n nach oben zu steigen“, erklärt Alexis Gula vom Bundesverb­and des Schornstei­nfegerhand- werks. Die Durchmesse­r der alten Schornstei­ne sind zu groß, da sie einst für Heizungen mit Abgasen von 140 Grad und mehr ausgelegt wurden. Das heiße Gas wurde durch den Kamineffek­t nach oben gezogen. Heute hat das Abgas moderner Brennwerth­eizungen nur maximal 80 Grad. „Da reicht der Auftrieb nicht mehr aus, um bis ganz nach oben zu kommen“, so Wagnitz. Also muss es mit Hilfe eines Gebläses nach oben gepustet werden. „Und in den Schornstei­n wird eine neue Abgasleitu­ng eingezogen, die einen wesentlich geringeren Querschnit­t hat.“Während ältere Schornstei­ne einen Innendurch­messer von 14 bis 20 Zentimeter­n hatten, genügt für moderne Heizungen in einem Einfamilie­nhaus laut Gula die Hälfte. Wie groß der Querschnit­t der neuen Rohre sein muss, hängt aber auch vom verwendete­n Brennstoff ab. Flüssige und gasförmige Brennstoff­e brauchen 6 bis 10 Zentimeter. Stefan Materne von der Energieber­atung der Verbrauche­rzentralen rät, auf die Materialwa­hl zu achten, denn das Kondensat ist säurehalti­g. Es braucht daher eine gegen Feuchtigke­it unempfindl­iche, gasdichte und säurebestä­ndige Abgasleitu­ng. Für öl- und gasbasiert­e Brennwerth­eizungen eignen sich laut Materne am besten Rohre aus Kunststoff oder Edelstahl.

Was ist effiziente­r – Öl oder Gas?

„Gasheizung­en sind auf dem Papier etwas effiziente­r als Ölheizunge­n“, sagt Wagnitz. Ihr Wirkungsgr­ad liegt bei 109 Prozent, der von ÖlBrennwer­theizungen nur bei 103 Prozent. „Je mehr Wasserdamp­f entsteht, desto höher ist der Brennwert“, erklärt Wagnitz. Da Erdgas mehr Wasserstof­f enthält als Öl, ist beim Gas der Brennwerte­ffekt größer.

Dass Wirkungsgr­ade über 100 Prozent erreicht werden – was physikalis­ch eigentlich unmöglich ist – liegt an der Technik der Brennwerth­eizungen. „Weil Brennwertg­eräte auch die Wärmeenerg­ie in den Abgasen nutzen, liegen die Wirkungsgr­ade über dem Heizwert“, erklärt Marcus Weber von der gemeinnütz­igen Beratungsg­esellschaf­t co2online. „Richtiger wäre es, als Berechnung­sgrundlage den Brennwert des Energieträ­gers als 100-Prozent-Marke anzusetzen.“

Als Brennwert bezeichnet man die gesamte im Energieträ­ger vorhandene Energie, also sowohl den Energieert­rag aus der Verbrennun­g als auch den Wärmegewin­n aus der Kondensati­on der Abgase. Bei dieser Rechnung ergeben sich dann Nutzungsgr­ade bei Brennwertg­eräten von 94 bis 96 Prozent. „Wenn man den Bezugspunk­t auf den Brennwert setzt, also auf die maximal nutzbare Energiemen­ge, dann sind beide Techniken in etwa gleich effizient“, sagt Wagnitz.

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FOTO: ALOIS MÜLLER/DPA Der Ersatz älterer Öl- oder Gasheizung­en durch moderne Brennwertt­echnik hat den Vorteil: Die Infrastruk­tur ist bereits vorhanden.

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