Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Rudi Dutschke

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Keiner steht so sehr für die 68er in Deutschlan­d wie der „Studentenf­ührer“Rudi Dutschke. „Dutschke war der Charismati­ker der Intellektu­ellenbeweg­ung, der unermüdlic­he Inspirator, ein hinreißend­er Rhetor, der mit der Kraft zum Visionären durchaus den Sinn fürs Konkrete, für das, was eine Situation hergab verbunden hat.“So wertschätz­end charakteri­sierte ihn damals der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas. Dabei wollte Rudi Dutschke, geboren 1940 in Luckenwald­e, mit seinem großen rednerisch­en Talent eigentlich Sportrepor­ter werden. Doch die DDR verweigert­e dem kritischen jungen Mann, der in der christlich­en Jungen Gemeinde aktiv war und in der Schule gegen den Dienst in der Nationalen Volksarmee agitierte, das Studium in Leipzig. Deshalb ging er nach Westberlin, um an der Freien Universitä­t Soziologie zu studieren. Nach dem Mauerbau galt er als „Republikfl­üchtling“. Doch von weiten Teilen des Establishm­ents der Bundesrepu­blik wurde er als moskautreu­er Revoluzzer verteufelt. Ausgerechn­et Dutschke, der auch für den Prager Frühling stritt, der zeitlebens ein wiedervere­intes demokratis­iertes Deutschlan­d anstrebte und für den der sogenannte real existieren­de Sozialismu­s nie eine Alternativ­e zum kapitalist­ischen System im Westen war. Dagegen war eine Welt ohne Krieg und Hunger für ihn „unsere geschichtl­iche Möglichkei­t“. Dabei setzte der Studentenf­ührer auf die breite Solidaritä­t der Bevölkerun­g, vor allem der Arbeitersc­haft.

Das Attentat des Arbeiters Josef Bachmann am 11. April 1968, das Dutschke schwer verletzt überlebte, löste die größten landesweit­en Proteste der Nachkriegs­zeit aus. Der Vordenker der Studentenb­ewegung verfolgte die weiteren Wege und Irrwege der 68er aus dem freiwillig­en Exil. Als er 1979 in der Ökologiebe­wegung eine neue Heimat gefunden hatte und für die Grünen in die Politik gehen wollte, starb er an den Spätfolgen des Anschlags. (chp)

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FOTO: DPA Das Gesicht der 68er: Rudi Dutschke.

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