Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Waldseer Gastronomen leben Gemeinschaftsgefühl vor
Eigenständige Dehoga-Geschäftsstellen sind ein Auslaufmodell – aber nicht in der Kurstadt
●
BAD WALDSEE - Der Zusammenhalt der Gastronomen im Landkreis Ravensburg scheint zu bröckeln. Während es in den 90er-Jahren noch acht eigenständige Dehoga-Ortsstellen gab, sind es heute noch zwei – in Kißlegg und Bad Waldsee. Die Ortsstelle in der Kurstadt wird besonders positiv erwähnt.
„Nirgends funktioniert es so gut wie in Bad Waldsee“, attestiert Bernd Dahringer, Geschäftsführer der Dehoga-Geschäftsstelle in Ravensburg, den Verantwortlichen in der Kurstadt sehr gute Arbeit. Einst wurde derlei Arbeit auch in Isny, Wangen, Ravensburg, Weingarten, Aulendorf und Wolfegg selbstständig verrichtet. Doch diese Zeiten sind vorbei. Zwar gebe es noch Ansprechpartner, sogenannte Ombudsmänner, in den jeweiligen Städten, aber der Großteil der Arbeit falle den Hauptamtlichen der Dehoga-Geschäftsstelle in Ravensburg zu, erklärt Dahringer.
Warum die Zusammenarbeit im Kollektiv rückläufig ist, darüber kann nur spekuliert werden. Dahringer führt es unter anderem auf den Gemeinschaftsgeist zurück: „Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gastronomen ist nicht mehr so weit verbreitet wie früher. Während die älteren eher den Vereinsgedanken pflegten, sind es heute eher Einzelkämpfer.“Probleme würden nicht mehr gemeinsam angegangen. Vielmehr versuche jeder für sich, Lösungen zu finden.
In Bad Waldsee stellt sich die Situation gleichwohl anders dar. Die Gastronomen pflegen ein enges Vertrauensverhältnis. „Rudi Spieß ist rührig und hinterher. Er ist das Zugpferd, der die Leute permanent anspornt“, lobt Dahringer den Vorsitzenden der Bad Waldseer Ortsstelle. So ein Amt sei zeitaufwendig und mühevoll. Umso bemerkenswerter sei es, wenn sich jemand ehrenamtlich derart einbringt.
Spieß lächelt, als er von den lobenden Worten erfährt. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter Horst Schmidt setzt er sich für die Interessen der Waldseer Gastronomen ein – und das schon seit mehr als 20 Jahren als Vorsitzender. „Es muss um das Miteinander und nicht um das Gegeneinander gehen“, verdeutlicht Spieß seine Lebensphilosophie. Er räumt aber auch ein, dass die Arbeit viel Zeit und an manchen Tagen auch Nerven kostet. Vor allem, wenn einzelne der mehr als 50 Mitglieder Absprachen nicht einhalten. Doch davon lässt sich Spieß nicht beirren. „Wir verstehen uns alle privat gut und halten zusammen“, bekräftigt der Wirt der Viehversteigerungshalle das Gemeinschaftsgefühl vor Ort.
Dieses Wir-Gefühl fängt schon im Kleinen an. So haben die Waldseer Gastronomen jüngst eine eigene WhatsApp-Gruppe ins Leben gerufen. „Wenn jemand eine Zutat ausgeht, schreibt er einfach in die Gruppe und dann hilft man sich aus“, verdeutlicht Spieß den Mehrwert der Gemeinschaft. Monatliche Treffen sind im Jahresplan fest verankert sowie der Höhepunkt der Zusammenarbeit: die Spezialitätenwochen.
„Da treibt einen schon auch der eigene Ehrgeiz an“, fasst Spieß seine ehrenamtliche Leidenschaft in Worte. Und sein Wirken wird wahrgenommen. So kam zum 30-jährigen Betriebsjubiläum unter anderem der Präsident des Dehoga-Landesverandes, Fritz Engelhardt, um zu gratulieren. Für die Dehoga bietet er seit 1998 zudem Hygieneschulungen an. „Das alles geht nur mit gutem Personal und meiner Ehefrau, die mich immer unterstützt“, sagt Spieß und lächelt.
„Es muss um das Miteinander gehen.“
Rudi Spieß