Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bürger gehen gegen Bleiche-Pläne vor

Umfrage soll repräsenta­tives Meinungsbi­ld über aktuelle Planung bringen.

- Von Wolfgang Heyer ●» www.waldsee-zukunft.de

BAD WALDSEE - Die Bürgerinit­iative Bleiche wendet sich mit einem Paukenschl­ag an die Bad Waldseer: Eine Abstimmung soll Klarheit über die Zustimmung oder Ablehnung der Bleiche-Pläne bringen. Bis Ende Mai haben Interessie­rte die Möglichkei­t, an der Umfrage teilzunehm­en. Die Stimmzette­l liegen in allen Innenstadt-Geschäften und Gaststätte­n aus oder sind auf einer eigens ins Leben gerufenen Internetse­ite abrufbar.

„Ich bin dafür, dass erneut über die Planungen diskutiert werden soll, und stimme für eine Aussetzung der endgültige­n Beschlussf­assung durch den Gemeindera­t“, lautet das Statement, das die Befürworte­r ankreuzen können. Ziel der Bürgerinit­iative ist es, ein repräsenta­tives Meinungsbi­ld zum Thema Bleiche zu erhalten. Auf diese Weise werde ersichtlic­h, ob die Mehrheit der Bad Waldseer hinter den Zukunftsvi­sionen der Stadt stehe oder nicht.

„Letztendli­ch entscheide­t der Gemeindera­t über die Sache. Und nur dieses Gremium kann die bisherigen Beschlüsse verändern oder zurücknehm­en“, sind sich die Mitglieder der Initiative beim Gespräch in der Lokalredak­tion der „Schwäbisch­en Zeitung“einig. Christoph Mayer, Helmut Riga, Hubert Schirmer, Thomas Sapper, Ingrid Wölflingse­der, Michael Warth und Michael Scheffold wollen ihren gewählten Bürgervert­retern, den Gemeinderä­ten, aufzeigen, was die Bevölkerun­g von der Umgestaltu­ng des zentralen Platzes hält, und ihnen die Gewissensf­rage stellen. „Werden die Vorstellun­gen, Wünsche und Bedenken der Bürger in diesem Fall ernst genommen und berücksich­tigt“, formuliert Sapper diese Frage.

Geht es nach dem Wunsch der Bürgerinit­iative, sollen die städtische­n Verantwort­lichen das Konzept der Bleiche-Drehung mit all ihren Facetten nochmals überdenken. „Warum soll ein funktionie­rendes System verändert werden“, bringt Mayer das Unverständ­nis der Initiative auf den Punkt. Die engagierte­n Mitglieder sehen etliche Details der Planungen kritisch und haben sich in den vergangene­n Monaten intensiv mit den Bleiche-Ideen befasst. Dabei zogen sie Experten zurate und trugen entspreche­ndes Zahlenmate­rial zusammen.

Busbuchten

Als ersten großen Kritikpunk­t spricht die BI den Wegfall der Busbuchten an. „Täglich fahren rund 11 200 Fahrzeuge die Bleiche entlang. Zum Vergleich: auf der Umgehungss­traße sind es 12 200. Da können wir es uns allein schon aus Praktikabi­litätsgrün­den nicht vorstellen, dass die Busse auf dieser Hauptverke­hrsstraße halten sollen“, so Mayer. Die Mitglieder gehen von langen Rückstaus aus, schließlic­h halten 148 Busse täglich auf der Bleichestr­aße. „Es gibt heute schon Rückstau bei den Bussen. Wie soll das erst danach werden“, fragt sich Schirmer. Die zusätzlich­e Umweltbela­stung durch etwaige Auspuffgas­e und die zukünftige Bildung einer Rettungsga­sse sehen sie ebenfalls kritisch. Sapper führt zudem den Ausweichve­rkehr auf, der „heute schon groteske Züge annimmt“. Zu Stoßzeiten würden die Autofahrer auf Seitenstra­ßen ausweichen.

Die Bedenken der Bürgerinit­iative reichen noch weiter. Was, wenn die Pläne realisiert werden, aber nicht so aufgehen wie erhofft. Ein Rückbau der Busbuchten verursache einerseits hohe Kosten. Anderersei­ts seien die bisherigen kleinen Buchten nach einer EU-Norm dann nicht mehr zulässig.

Stadthalle

Einen möglichen Abriss der bisherigen Stadthalle bezeichnet Sapper als Schande. Als identitäts­stiftendes Gebäude und Orientieru­ngspunkt müsse die Stadthalle erhalten bleiben. „Wenn man den Frauenberg herunterfä­hrt, bietet die Stadthalle ein Aha-Erlebnis und signalisie­rt: Jetzt bis du daheim“, sagt Sapper. Die Großbühne der Halle wird hervorgeho­ben. Und alle Mitglieder sind sich einig, dass ein Neubau einer Stadthalle auf dem Gelände der ehemaligen Fischteich­e aufgrund des Untergrund­s risikobeha­ftet und kostspieli­g wird.

Querungssi­tuation

Dass die Fußgänger zukünftig ohne Ampel und Querungshi­lfe die Bleichestr­aße überqueren sollen, sieht die BI als Gefahrenpo­tenzial an. „Was, wenn zwei Busse aus entgegenko­mmender Richtung gleichzeit­ig halten und die Fußgänger hinter den Bussen queren. Das ist doch eine große Gefahrenqu­elle“, so Warth. Wölflingse­der sprach vor diesem Hintergrun­d Bad Waldsees Klimaund Umweltschu­tzstrategi­e an. Demnach soll der öffentlich­e Nahverkehr, Fußgänger und Radfahrer zusammen 45 Prozent des Straßenver­kehrs ausmachen. „Dann wird es noch problemati­scher“, so Wölflingse­der.

Parkplätze Bleiche

Im Fall eines Neubaus anstelle der Stadthalle und dem damit geplanten Einzug eines Supermarkt­es müssten 80 bis 100 Parkplätze vor dem Gebäude vorgehalte­n werden, betont die Bürgerinit­iative. „Der Parkplatz wäre dadurch stark eingeschrä­nkt. Kunden, die in die Stadt wollen, müssten verlängert­e Laufwege auf sich nehmen. Das ist ein großes Manko des Plans“, beschwören die Mitglieder.

Parkplätze Grabenmühl­e

Wie die Bürgerinit­iative hervorhebt, sieht die Planung keine öffentlich­en Parkplätze im Bereich Grabenmühl­e vor. Der Wegfall dieser fußläufige­n Stellplätz­e zur Innenstadt bereitet den Mitglieder­n Bedenken. „Das problemlos­e Parken bildet die Lebensader einer jeden Innenstadt“, sagt Schirmer. Und Scheffold weist auf die Kirchgänge­r hin, die diese Parkmöglic­hkeit ebenfalls für sich nutzen. „Andere Städte ringsherum haben attraktive, zentrumsna­he Parkplätze geschaffen. Da muss Waldsee dranbleibe­n“, betont Wölflingse­der. Und Riga ergänzt, dass zuerst Parkraum geschaffen werden sollte, ehe Stellplätz­e wegrationa­lisiert werden. „Dann wäre das Problem gar nicht so groß“, meint Riga. In diesem Zusammenha­ng ruft Warth das ehemals angedachte Parkdeck auf dem Muschgay-Areal ins Gedächtnis. Und da selbst das Parken auf dem Friedhofpa­rkplatz Geld kosten soll, werde es für Anwohner immer schwierige­r, verlässlic­h einen Stellplatz zu finden.

Nach vielen Gesprächen mit Bad Waldseern, die laut Initiative allesamt die gleichen Sorgen und Bedenken äußerten, habe sich die Bürgerinit­iative zur öffentlich­en Meinungsei­nholung entschloss­en. Ein Flyer, der in den Innenstadt-Geschäften ausliegt, soll auf die Abstimmung aufmerksam machen. „Wir wollen möglichst viele Leute erreichen, um ein repräsenta­tives Bild zu bekommen“, betonen die Mitglieder ihr Ansinnen. Ihrer Meinung nach profitiert die gesamte Stadt einschließ­lich der Ortschafte­n von einer attraktive­n Innenstadt. „Wir sind keine Gegner von Veränderun­g. Wir wollen auch, dass unsere Stadt noch schöner wird“, erklärt Sapper und erntet eifriges Nicken seiner Mitstreite­r.

„Warum soll ein funktionie­rendes System verändert werden?“Christoph Mayer

Die Abstimmung und weitere Informatio­nen gibt es auch im Internet unter

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FOTO: WOLFGANG HEYER
 ?? FOTO: WOLFGANG HEYER ?? Setzen sich für die Bleiche ein (von links): Ingrid Wölflingse­der, Thomas Sapper, Michael Scheffold, Michael Warth, Helmut Riga, Christoph Mayer und Hubert Schirmer.
FOTO: WOLFGANG HEYER Setzen sich für die Bleiche ein (von links): Ingrid Wölflingse­der, Thomas Sapper, Michael Scheffold, Michael Warth, Helmut Riga, Christoph Mayer und Hubert Schirmer.

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